Die Rezension von Herrn Zoltys À bientôt dieser Tage hat mich an ein lange gehegtes Versprechen erinnert, das ich heute endlich einlösen möchte: Ein wirklich Vergessener, lange Vergessener und absolut zu Unrecht vergessener Duft – extra für die liebe Christiane, Simone Cosac, Perle de Bianca. Ende 2010 hatte ich von Trama geschwärmt und verkündet, mich bald des anderen Cosac-Duftes anzunehmen, was bis heute noch nicht passiert ist, Asche auf mein Haupt. Dabei ist Perle de Bianca, dessen etwas tiffiges Outfit wohl einige abschrecken dürfte, jede Rezension wert! Wer einen madamigen Duft hinter diesem Flakon vermutet, ist vollkommen auf dem Holzweg: Perle de Bianca ist eigentlich ein sehr einfacher Duft und ähnelt ein bisschen der Slowfood-Bewegung. Die Ingredienzen sind überschaubar, sehr sogar – Neroli im Kopf, Iris, Jasmin und Brombeere im Herzen und eine Basis aus Ambra, Moschus und Weihrauch. Was sich wenig spektakulär anhört, entpuppt sich als zarter sinnlicher Duft: Im Auftakt zitrisch-herb und säuerlich bitzelnd durch die Früchtchen rieche ich in deren Zusammenspiel sogar kurz eine Stachelbeere und dezente grün-grasige Akzente. Der Fokus geht alsbald auf den Boden unter den Früchtchen – erdig-pudrig wurzelt Iris und stiftet Seidenweiche, während Jasmin zart vor sich hin knospt. Das Zusammenspiel von Iris und Jasmin sowie Brombeere und Bergamotte ist himmlisch und wird auf gekonnte Weise untermalt von aromatischer, brusterweiternder und fein-süßer Myrrhe, bis es auf einem warm-weichen Lager Ruhe findet. Ein erlesen schöner, leiser, femininer Duft.
Silvana Casoli von Il Profumo war einmal mehr überaus fleißig – und hat ihre Kollektion gleich um vier neue Düfte erweitert: Santal Rouge, Songe de Tulipe, Blanche Jacinthe und Fleur de Bambù erwecken den Eindruck, als künden sie vom nahenden Frühling – auf den ich, obgleich es noch nicht einmal wirklich verschneiter Winter war, mittlerweile schon wieder Lust hätte…
Santal Rouge überrascht mit zitrischen Noten im Kopf, die alsbald von Unterholz eingeholt werden: Samtiges Sandelholz bahnt sich seinen Weg, von zimtig-würzigen Anklängen samt einer Gewürznelke begleitet. Eine dezent-säuerliche Frucht vermag ich zu entdecken, Johannisbeere? Ein Blick auf die Ingredienzen sagt mir, dass das möglich wäre: Kopfnote: Zitrische Noten; Herznote: Rote Beeren, Sandelholz, Nelke; Basisnote: Rosenholz, Gewürznelke.
Santal Rouge entfaltet einen eigenartigen Reiz: Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich kein ausgeprägter Sandelholzfan bin? Es erinnert mich allzu oft an Herrenfriseure, Rasierwasser und ähnliches – nicht unangenehm, aber nicht unbedingt das, wonach es mich zu duften gelüstet. Santal Rouge haftet auch etwas dieses, ich nenne es mal „Altherrencharmes“ an, der sich aber als fast unumgänglich bei dieser Ingredienz entpuppt. Gepaart und aufgelockert zeigt sich das Hölzchen allerdings von den säuerlich-prickelnden Fruchtnoten von Beeren und Hesperiden. Diese generieren eine eigentümliche Frische, die Santal Rouge unbestritten zu einem zeitgemäßen Vertreter seiner Gattung machen, für Männlein wie Weiblein gleichermaßen tragbar.
Songe de Tulipe zaubert mir beim Aufsprühen sofort ein strahlendes Lächeln ins Gesicht – und lange habe ich überlegt, an was er mich erinnert… Der Tulpe ist er gewidmet, der Duft. Einen ebensolchen und sehr schönen Vertreter gibt es ja von Byredo – Casolis Tulpe ist aber anders: Weniger wässrig-transparent und ein bisschen… fruchtiger? Als Ingredienz ist nur die Tulpe angegeben, ich bin mir aber nahezu sicher, dass Songe de Tulipe auf meiner Haut nicht nur süß-floral duftet und feucht, sondern auch nach… Sorbet. Da ist sie, die Kindheitserinnerung an das kleine, pittoreske italienische Eiscafé. Der Duft von einem exzellenten zart-schmelzenden Beerensorbet, Himbeere oder Erdbeere, erobert meine Nase. Von sanfter Süße und mit einem Keks garniert zeigt sich Songe de Tulipe auf meiner Haut, alsbald eingeholt von einem Hauch minzig-süßer Frische. Welch schöner Frühlingsbegleiter – nach Coquelicot meine zweite Lieblings-Il-Profumo-Blume.
Blanche Jacinthe ist eine Hommage an die Wasserhyazinthe – und riecht dafür auch ganz typisch: Dieser besondere Blütenduft, der auf seine ihm genuine Art einen Großteil der Elemente miteinander verschmelzen lässt: Wasser, Erde und Luft finden sich, während auf das Feuer zugunsten des Metalls verzichtet wird. Eine beschwingte Blütensüße wird von dunkelgrün-chypriertem Blattwerk kontrastiert, während der Duft von einer sachte ambrierten Moschusbasis getragen wird.
Fleur de Bambù lässt mich sofort schmunzeln – der Bambusblüte gewidmet, vereint er etliche Zutaten, die man in einem solchen Duft vermuten würde: Rica Rica (ein Eisenkrautgewächs, vornehmlich in Südamerika beheimatet), Bambus, Seerose, Lotosblüte, Reis, Milch und Efeu. Jene für die verwendeten Blüten so typische wässsrig-florale Aura lässt sich sofort entdecken, von fein-transparenter Süße begleitet. Grüne Anklänge, hinter denen ich sogar meine, zeitweise eine überaus unreife Banane oder vielmehr deren Blätter wahrzunehmen. Und Reis, vielmehr – Milchreis, der irgendwo am Rande dieser Impression körnt und cremt, von sanft-koketter Süße begleitet. Aber keine Angst – genügend Sauberkeit findet sich hier natürlich auch, wie es sich für einen Bambusduft gehört. Für Freunde dieser Sorte Düfte empfiehlt sich mit Sicherheit ein Test.
Wie bei Il Profumo üblich sind die Düfte zum Layern empfohlen. Wie steht Ihr eigentlich dazu? Il Profumo ist ja nicht die einzige Firma, die diesem Konzept frönt, Jo Malone und Etro sind ebenfalls bekannt dafür, um nur einige zu nennen… Layert Ihr gerne? Layert Ihr viel? Was layert Ihr – Düfte, die speziell dafür gedacht sind oder alles kreuz und quer? Und – was für Kombinationen haben es Euch angetan?
Gespannte Grüße,
Eure Ulrike.
Um das Pferd gleich mal von hinten aufzuzäumen: ich layere (?) selten, habe aber am letzten Wochenende meinen ersten- nicht sonderlich geglückten- Versuch gestartet; Comme de garcons „Avignon“ hat mir fast den Atem genommen (tagesformabhängig) und ich griff zum nächststehenden Süßem: „Oriens“ von van Cleef und Arpels. Das hätt ich lieber sein lassen sollen. Meines Erachtens braucht es ein geübtes Händchen (Die Dosis macht das Gift.) und Übung- siehe oben!
Die Duftbeschreibungen hören sich- leider für mein Gewissen und die statistische Lebenserwartung- sehr verführerisch an.
Liebe Uli,
eine Rezension extra für mich – wie schön! Hab vielen Dank und der Duft ist auch wirklich fein.
Zur Layer-Frage – ja tue ich, gerne mit den Malones, aber auch andere Marken sind nicht tabu – göttlich ist zum Beispiel Guerlains Angelique noir mit der Spiritueuse Double Vanille – zum Niederknien. Auch ein anderer Guerlain – Mandarin Basilic – wird noch schöner – aufgepeppt mit Eau d’Italie -Baum du Doge.
Liebe Grüße und nochmals vielen Dank für meine Extrawurst *ganzgerührtbin*
Christiane
Hallo Ihr Lieben,
oh, liebe Simone, wie gut ich das kenne, die Layer-Versuche, die daneben gehen… Am besten noch gründlich und dann so, dass man keine Gelegenheit mehr hat, sich zu duschen und SO irgendwohin muss bzw. die unglückselige Paarung den ganzen Tag nicht nur tragen, sondern auch ERtragen muss 😉 Mach Dir aber um die statistische Lebenserwartung keine Sorgen, man verkraftet im Laufe eines Lebens eine Menge (Duft)Lieben und -wünsche 😉 Diesbezüglich KANN es eben nicht nur einen geben *lach*
Liebe Christiane, SO lange harrte dieser Duft hier in meinem speziellen Prio-Gläschen (ein altes Bourbon-Glas) auf meinem Schreibtisch aus… Und irgendwie kam immer was dazwischen. Ich habe aber weder Dich noch mein Versprechen vergessen und MUSSTE das einfach noch einlösen – ganz abgesehen davon, dass der Duft einfach auch sehr schön ist. Beide sind sehr schön. Und Deine Layer-Vorschläge hören sich sehr spannend an… das muss ich mal testen, vor allem fällt mir dazu ein, dass ich ja jetzt die Guerlain-Quelle direkt vor der Nase habe seit neuestem.
Viele liebe Grüße zurück,
Uli.
Liebe Uli,
na klar layere ich *g* – bin viel zu neugierig um mir ein Experiment zu verkneifen 😉
Absolute Desaster sind bis jetzt zum Glück nicht rausgekommen.
Ich layere in der jeweils unten beschriebenen Reihenfolge, andersherum funktionieren die Mischungen (mehrfach gestestet) nicht so gut, und ja: man kann meiner Meinung nach den Unterschied tatsächlich riechen.
So richtige Süßbomber, wie Deinen geschätzten Botrytis oder den Frapin 1270 muß ich grundsätzlich für mich etwas entschärfen, wobei ich da gute Erfahrungen mit dem CdG 72 gemacht habe, das bringt eine gewisse Luftigkeit rein.
Wenn der Route de Vetiver tagesformabhängig mal nicht gar so rumpelig daherkommen soll, geht er bei mir prima mit dem Fragranza suprema von Nobile zusammen, das wird sogar – dauert aber eine Weile – richtig fein.
Fairerweise der warnende Hinweis: das hat allerdings (gaanz weit im Hintergrund, ich schwöre!) eine sehr dezente, kaum wahrnehmbare, aber vorhandene „medizinisch-chlorige“ Note – bei unglücklicher Hautchemie könnte man damit also bös‘ danebenhauen.
Und die Bois d’Iris-Bretterbude von Different Company werde ich demnächst testhalber mal dem Navigateur zusammenspannen und berichten.
Songe de Tulipe ist aber bestimmt was für den Frühling ach, heut wär‘ ja schon so ein Wetter dafür!
Hmmm, der könnte, zum Thema Layern, eventuell mit der Vanille Insensee…? Was meinst Du? Darfst auch gerne „Sakrileg, barbarisches!“ kreischen 😉
Liebe Grüße!
Annette
Liebe Uli,
Layern war bei mir immer eher ein Zufallsprodukt beim Testen, ist auch noch nie etwas Gescheites dabei rausgekommen. Gerade gestern hatte ich die Paarung von Bottega Veneta, Opus V und Dia einige Studen ertragen müssen *schüttel*.
Ich habe aber schon öfter darüber nachgedacht, womit man meinem geliebten, jedoch doch etwas zu männlichen Sienne d’Hiver eine etwas weiblichere Note verpassen könnte… Sollte aber nicht zu süß sein, wenn dann eher blumig. Hat jemand vielleicht eine Idee?
Liebe Grüße
Dorothea
Hallo Ihr beiden,
oha, Annette, Du scheinst ja schon einiges ausprobiert zu haben, Respekt! Ich bin da ja meist ein altes Faultier und layere nur seehr monothematische Düfte… Aber Deine Mischungen hören sich durchweg spannend an. Und auf Deine Frage hin: Ja, ich glaube der Songe de Tulipe könnte sehr gut mit der Wiesenvanilleimpression von Atelier Cologne harmonieren – könnte ich mir gut vorstellen! Allerdings muss es dafür wahrscheinlich noch ein bisschen wärmer werden *sprach’sundblickteaufdenSchnee*
Liebe Dorothea, den ganzen Tag mit einer unglücklichen Mischung unterwegs zu sein ist bitter 😉 Ein Partner für den Sienne? Mmmmh…
Habe ihn nicht mehr exakt im Kopf und leider auch keine Probe, um sie unter die Nase zu klemmen…
Allerdings könnte ich mir einiges dazu vorstellen: Wenn es nicht zu süß sein soll, fallen Mandel- und Vanilleartige wohl aus… Wie wäre es, wenn man die Iris unterstützt? Mit – mmmh, Bois d’Iris oder der Iris von Heeley? Oder ein leichtes Veilchen, vielleicht das von Borsari? Etwas dezent fruchtig-florales wäre vielleicht auch eine Option – ein Osmanthus, ein zarter? Lavendel? Das könnte aber schnell zu streng werden. Eine fruchtige Rose? Das könnte ich mir ganz gut vorstellen. Und eventuell – eine Pflaume.
Kannst Du damit etwas anfangen? Es geht auch noch konkreter 😉
Viele liebe Grüße,
Uli.
Hallo Uli und Dorothea,
ich hirne schone eine ganze Weile rum, kenne den Sienne aber nicht selber, sondern nur aus Beschreibungen. Könnte der Cannabis (auch Il Profumo) dazu hinhauen? Der ist zwar nicht im eigentlichen Sinn blumig aber nach dem frischen Auftakt doch von sehr dezenter Süße (mandelig ohne in die Gourmand-Ecke zu driften) und entwickelt dann eine nicht pudrige, leicht skinnig-cremige Note, die eigentlich zum Aufhellen gut hinhauen müßte?
Liebe Grüße!
Annette
Hallo,
vielen Dank für die Anregungen! Nachdem ich Sienne mit Drole de Rose, Verte Pivoine, Iris de Nuit, Bois d’Iris und schließlich dann doch mit Vanille Incensee gemischt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, das die letzte Variante die beste war. Noch besser wurde es, als ich statt Incensee Vanille Absolument genommen habe und Chocolate Greedy hat alles getoppt! Anscheinend braucht man bei Sienne doch eine gewisse Süße und mit diesem trüffeligen Unterton bekommt auch Vanille ein ganz neues Gesicht…
Liebe Grüße
Dorothea
Hallo Ihr beiden,
@ Annette: Ja, das könnte ziemlich gut hinhauen glaube ich, da hast Du recht. Überhaupt müsste die Hanfpflanze recht gut zum Layern sein, das stimmt!
@ Dorothea: Das ist aber süßer als ursprünglich gewünscht, gelle? 😉 Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass eine Süße in diesem Fall bei den Hölzern und den Olivenanklängen recht gut kommt. Und mit Schokolade – mmmh! Bin gespannt, was Du da noch Nettes entdeckst, berichte mal!
Viele liebe Grüße,
Eure Uli.
Hallo Dorothea,
den Vanille Insensee habe ich ja noch nicht so lange mag ihn aber sehr und jetzt hast Du mir gerade (un)gemein 😉 den Mund wässrig und den Bestellfinger kribbelig gemacht mit der beschriebenen Sienne-trüffeligen Vanille :-)!
Liebe Grüße!
Annette
(PS ich komme hier gerade gar nicht mehr so viel zum Posten, weil ich ständig Trash-Fernsehen gucken muß, gelobe aber Besserung! *lach*)
Jaja, der Sienne ist ein netter, ist auch auf meiner Vielleicht-doch-mal-Haben-Wollen-Liste 😉
… was für Trash-TV? Dschungelcamp? Ich oute mich ja auch… 😀
schlümmer, ich bin gründlich… *g*
Vor allem mittwochs ist es schon regelrecht stressig mit DSDS, Bätscheller¹ und Dschungelcamp und nebenher immer ein Auge auf mindestens drei Live-Lästerforen. Zum Glück ist wenigstens der Schungel² bald überstanden 😀
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¹ Bei dem Schmierlapp‘ überleg ich ja dauernd welchen fiiiesen „Herren-Duft“ ich dem gerne verpassen möchte *lach* – Einfälle?!
Müßte so aus der billig-penetrant-maskulinen Ecke kommen…hm…
² OMG-Brigidde macht’s Rennen *vermut*
Jetzt ist es ja endlich vorbei, endlich wieder schlafen 😉
Natürlich hatten wir auch auf Brigidde getippt, ganz klar! 😉
Und zum Schmierlappen: Ich plädiere für Boss Bottled. In Flaschen gefüllte Belanglosigkeit konturlosester Form mit schnittig-einfältigen aquatischen Anklängen, die leider 15 Jahre zu spät kommen und schon oft sehr viel besser daherkamen. Trotz allem attestiere ich ihm Ambivalenz: Man(n) muss bei so viel stromlinienförmiger Nichtigkeit schon sehr penetrant sein, um so nerven zu können – trifft auf beide zu *wegduck*
Liebe Uli:
Das ist pöhse!
(und ich lieg vor Lachen unterm Tisch, „schnittig-einfältig“ *rofl*)
Grinsegrüße, Annette
Ich? Wo denkst Du hin, ICH, moi ist niemals pöhse!
😉 😉