Heute ist Freitag, der letzte Tag der Woche und auch der letzte Tag unserer Farmacia SS. Annunziata-Reihe: Von Dienstag an hatte ich Euch die Düfte der italienischen Apotheke vorgestellt und schließe Woche und Kollektion heute ab mit Kama, Nero, 450, Takis und Isos.
Hinter dem schlichten Namen Kama versteckt sich so einiges… Wiki klärt uns umgehend auf: Kama ist nicht nur der Name von ein paar Flüsschen und Ortschaften, sondern vor allem auch der einer altägyptischen Königin. Darüber hinaus steht Kama im Hinduismus als eines der vier Lebensziele des Menschen:
„Kãma (Sanskrit ???, „weltlicher Genuss“, „Verlangen“) oft einseitig als „Lust“ oder „Sexuelles Verlangen“ übersetzt, gilt im Hinduismus als eines der vier Purusharthas, die „vier Lebensziele des Menschen“.
Die weiteren drei sind Artha, Wohlstand und Erfolg, Dharma, ein Leben entsprechend den sozialen und kosmischen Gesetzen sowie Moksha, die Erlösung.
Hindus lehnen weltliches Streben, Lust und Verlangen nach Wohlstand nicht als unmoralisch ab, diese sind jedoch den beiden anderen Zielen, Dharma und Erlösung, untergeordnet. Ist für das tägliche Leben die Erfüllung des Dharma das wichtigste Leitziel, so sind doch für das Leben als Haushalter auch Artha und Kama notwendig. Doch obwohl hinduistische Tradition und Gesellschaft einerseits die Legitimität von Kama anerkennen, gehört der Begriff auch zu den sogenannten „Sechs Feinden“, den Übeln, die der Mensch auf dem Weg zur Erlösung überwinden muss.“
Es geht also bei Kama ums Gleichgewicht, die goldene Mitte. Das passt gar nicht so schlecht zu dem Duft, dem gleichnamigen aus dem Hause Farmacia: Kama schwebt mehr, als das er sich (fest)setzt, verbleibt im Unkonkreten, und das auf eine ganz und gar entzückende Weise. Der Duft wagt den Balanceakt zwischen Agrumenfrische, fruchtigen Anklängen und floralen Verweisen, sanft in eine Puderwolke gehüllt und von einer vanillig-cremigen Harzbasis getragen. Feminin – ja. Und Puder sollte man mögen. Ansonsten ist das allerdings ein Duft für all jene weiblichen Wesen, die sich vor allzu greifbaren, allzu dominanten oder auch kantigen Düften fürchten und für die Sinnlichkeit nicht unbedingt einhergeht mit offenkundiger Offensivität.
Nero, auch ein Herrschername, der aus dem Sabinischen kommend soviel wie tatkräftig, stark bedeutet. Wer hier allerdings einen Kracher erwartet, einen vielleicht gar feurigen, den wird Nero überraschen: Nero ist ein Charmeur und Frauenversteher. Ein zart-lakritziger Hauch, der von Dill und Basilikum subtil-maskuline Akzente erfährt, auf einer überaus weich-verständnisvollen Basis ruhend. Hier ist kein herrschsüchtig-zorniger Despot am Werke, nein – wir haben es hier mit dem metrosexuellen Mann des 21. Jahrhunderts zu tun: Sensibel und weich, aber auch standfest und kernig. Fein, weil vertraut, aber doch mit aufregenden Twists. Und nicht zu vergessen die nette Lakritznote, die leider viel zu selten in Düften zitiert wird.
450 ist, wie unschwer zu erraten, ein Jubiläumsduft. Gleich zwei davon werden gefeiert: Das 450jährige Bestehen der eigenen Firma, gegründet 1561. Und das 150jährige Bestehen des vereinten Italiens, dem ja auch Il Profumo. Profumi del Forte, Boellis und andere Düfte widmeten. 450 ist in allererster Linie ein Irisduft und greift somit die Wappenpflanze der Farmacia-Heimatstadt Florenz auf: Rauchig-erdige und gleichzeitig samtig-pudrige Iris, flankiert von aromatisch-würzigen Noten auf einem Lager von weichem Moschus sanft zur Ruhe kommend. Traditionell ist 450 somit – und sicherlich nicht wahnsinnig innovativ, muss er aber auch nicht sein: Als altem Irisfan gefällt er mir natürlich gleich, eine schöne Hommage an diese anmutige Blume. Von der Richtung her erinnert 450 an Odoris Iris, ist aber weniger pudrig und ein bisschen besser unisex tragbar.
Takis‘ Ingredienzen erinnern an einen Garten, einen mediterran angehauchten, wie man ihn hier in unseren Breitengraden mittlerweile auch häufiger findet: Eiche, Moschus, Rose, Salbei, Thymian, Vanille, Ylang-Ylang und Zitrone. Derlei Gärten haben in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit Takis: Meist von irgendwie intellektuellen Mittdreißiger/-vierzigern angelehnt, folgen sie dem aktuellen Trend und schaffen den Balanceakt zwischen Modernität und Tradition, geben mit fremdländischen Anleihen Auskunft über das Weltbürgertum ihrer Besitzer und mit dem Kräutergärtchen erzählen sie über deren Besinnung auf alte Tugenden. Takis ist modern, seifig-sauber mit holzigen Anklängen, ein bisschen exotisch, aber trotzdem auch vertraut und bedächtig.
Letzteres ist Isos nun gar nicht: Mich auf den ersten Riecher an Penhaligon’s 1870 erinnernd, nämlich aquatisch-pfeffrig sich präsentierend schütte ich nach – mit dem Ergebnis, dass mich Isos erstmal gewaltig in die Nase beißt. Pfeffer satt, der in seiner Schärfe von Gewürznelke ebenbürtige Verstärkung erfährt. Dem gegenübergestellt zeigt sich eine fast ätherisch anmutende Frische, von mentholischer Pfefferminze und aquatischen Akzenten kreiert und von einer Basis aus sauberen Hölzern unterlegt. Das gefällt mir, sehr sogar.
Habt Ihr denn schon getestet, gibt es erste Favoriten? Was interessiert Euch? Ich bin gespannt und wünsche Euch ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Bildquelle: Liquorice Wheels von Pikaluk, Iris Germanica von H. Zell, Pfefferminze von Aleksa Lukic, some rights reserved – vielen lieben Dank!
Hier finden Sie die Düfte von Farmacia SS. Annunziata in unserem Shop.
Hallo liebe Ulrike,
als ich vor einiger Zeit in Bruchsal war, durfte ich alles Neue von der Farmacia anriechen. Da ich noch übervoll war von den ganzen MDCIs, habe ich nur noch zwei ‚rausgepickt auf die schnelle: 450 und Aromadite.
450 gefällt mir gut, aber kann es sein, daß es ziemlich ähnlich duftet wie Odin 3?
Aromadite ist ein Ding. Nach meinem Empfinden hat es einen sehr eigenen Charakter und einen hohen Wiedererkennungswert.
Außerdem hält es bei mir ewig. Ständig könnte ich diesen Duft allerdings nicht tragen.
Nun habe ich vorgestern auch Patchouly Probe gerochen, und es ist für mich der einzige Designer-Patchouli-Duft, der dem Patchouli, wie ich es mir vorstelle, entspricht. Die Kreationen von Mazzolari, Histoires des Parfums, Micallef, Etat Libre und gar L’Artisan sind meiner Meinung nach alle zu süß und zu zahm.
Obwohl es einen bei Santa Annunziatas Version erst einmal fast von den Socken haut beim Aufsprühen, kommt doch schon nach kurzer Zeit dieser für mich so notwendige, leicht an Verwesung erinnernde Touch heraus, und die Intensität hält sich dann in für mich angenehmen Grenzen.
Jetzt noch Jimi Hendrix und ein Schlabbergewand…
Peace
Petra
Peace, Peace Petra 😉
Der Patchouli hat es Dir also angetan *lächel* Und den von Mazzolari magst Du gar nicht? Das wundert mich. Etro hat noch einen netten Kandidaten. Und ja, der hat auch diesen Hauch Verwesung 😉
Aromadite ist tatsächlich ziemlich eigen, obgleich ich ihn auch als ziemlich tragbar empfinde. Immer müsste ich ihn allerdings auch nicht auf der Haut haben. Aber was möchte man schon „immer“ um sich rum 😉
450 und der dritte Odin? Fand ich ehrlich gesagt nicht. 450 ist für mich Iris, leicht holzig-erdige und dezent pudrige. Ich konnte da keine Ähnlichkeit entdecken, nö 🙂
Viele liebe Grüße,
die Uli.