Von Licht und Schatten…

Nachdem gestern das olfaktorische Licht der Evanescent-Kollektion von Yosh Han an der Reihe war, White Flowers 1.41, folgt heute die für mich dunkle Seite (der Macht): Omniscent 0.96.

Allein bereits die Farbe verrät, dass wir es hier nicht mit einem olfaktorischen Leichtgewicht zu tun haben: Dunkelbraun-rötlich schwappt der Duft in der Flasche hin und her. Und auch Madame Han ordnet ihm Finsternis zu: Schwarz ist seine Farbe, elegant und mysteriös soll er sein und der (eigenen) Aura gewidmet, mit dem Motto „Ich traue mir, meiner Intuition“ ausgestattet. An Selbstbewusstsein mangelt es hier demnach nicht.

Yosh Han selbst wählte den Namen Omniscent deshalb, weil sie sich nicht für einen (anderen) Namen entscheiden konnte: Dunkel, schwarz, würzig, floral, pudrig, mysteriös, der Duft habe von allem etwas und vor allem auch eine gehörige Portion Zauber, die ihm innewohnt. Er dufte an jeder Person anders, an Rothaarigen mit heller Haut und grünen Augen gerne betörend, an Trägern dunklerer Hautfarbe und mit dunklen Haaren warm und (ge)würzig, an manchen überaus pudrig, an anderen mehr holzig – überhaupt rieche er an Männern wie Frauen gleichermaßen schön.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Gardenie, Veilchen, Feige, Flieder, Basilikum; Herznote: Tuberose, Geranium, Cannabis, Gewürznelke; Basisnote: Opium, Vanille, Sandelholz.

Omniscent, der Name, ist unschwer zu erkennen, ein kleines Wortspiel: Abgeleitet vom englischen „omniscient“, zu Deutsch: omniszient, was soviel wie allwissend heißt und damit oftmals in den Bereich der Allmacht und somit der Gottheiten fällt, da nur ein perfektes, vollkommenes Wesen diese Kriterien erfüllen kann. Was das allumfassende Wissen angeht wird es natürlich in unserer heutigen Zeit schwer: Nicht einmal ansatzweise ist man mittlerweile mehr dazu in der Lage, eine allumfassende Bildung zu besitzen – zu ausdifferenziert sind die Wissenschaften heutzutage. Die letzten Universalgelehrten sind längst ausgestorben, irgendwann im vorletzten Jahrhundert vermutlich – Polyhistoren wie Leibniz, die in allen wissenschaftlichen Bereichen glänzten gibt es nicht mehr.

Wie sieht es da im Duftbereich aus? Übertragen wir das Modell der Omniszienz salopp darauf, müssten derlei Düfte einen Spagat zwischen mindestens einmal etlichen Duftfamilien schaffen. Ein, zwei, vielleicht einmal drei Duftfamilien – das geht, oft sogar sehr gut und als Resultat zeigen sich innovative und einzigartige Düfte. Je mehr Hochzeiten sich aber zum Tanzen anbieten desto schwerer wird es…

Aber schauen wir uns mal Yosh Hans allwissenden Duft an: Im Auftakt erscheint er mir dunkelgrüner Natur, was sich aber schnell ins Braune verschiebt – grüne Noten von herber Bitterkeit und krautig, hier ist in jedem Falle Basilikum an der Arbeit, tatkräftig unterstützt von minzig anmutendem Geranium, welchem wie oft rosige Anklänge innewohnen. Ungewohnt pfeffrige Schärfe zeigt sich, für die wohl die Gewürnelke verantwortlich ist, sowie Cannabis, welches mich hier am ehesten an Nasomattos wunderschönen Düsterling Black Afghano erinnert. Omniscent fehlt allerdings dessen holzig-würzige Wucht, erfährt der Duft doch alsbald verschwommen bleibende florale Umrankung, die als Weichzeichner fungieren und eine perfekte Überleitung darstellen: Ab in die Orientalen-Basis, jenes wollüstig-harzige Lager, dass sich hier in gewohnt gekonnter Manier offenbart. Warme Harze inmitten eines sanften Rauchschleiers, einer leichten Puderwolke auf einem samtig-süßen Vanille-Sandelholz-Bettchen, das zum Verweilen einlädt. Von Feige und Veilchen ist bei meinen Test im übrigen weit und breit keine Spur – findet Ihr sie?

Mir fällt die Einteilung von Omniscent scheinbar sehr viel leichter als der Parfumeurin: Für mich ist Omniscent ein Florientale, wenngleich auch die Blüten keine Oberhand gewinnen und ein paar Kräutlein sich hineinverirrt haben. Ein hübscher Duft, den ich mir an Männlein wie Weiblein gut vorstellen kann und den ich vermutlich, hätte ich einen Blindtest gemacht, irgendwo bei den Italienern verortet hätte.

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle:  Grace Jones auf ihrer Hurrican-Tour 2009 von Chr!s via Wiki Commons, Grace Jones Porträt von Gavin Bond, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Hier finden Sie Omniscent 0.96 von Yosh Han in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Margot
    1. Juni 2011
    Antworten

    Liebe Uli, Liebe Mariela, Lieber Harmen,

    ich bin weder auf den Mund noch auf die Hand gefallen, hatte in letzter Zeit nur nicht die Muse, mich mit all dem neuen zu beschäftigen da mein Hauptaugenmerk aktuell auf Reisevorbereitungen liegt 😀

    Wünsche mir bis ich wieder komme, viele, viele neue Artikel und euch allen bis dahin eine gute Zeit!

    Ganz liebe Grüsse, total im Abenteuer-Reisefieber,
    Margot

  2. Avatar-Foto
    Ulrike
    3. Juni 2011
    Antworten

    Das wird zu schaffen sein liebe Margot, da sehe ich kein Problem 😉
    Und Dir wünschen wir natürlich eine tolle Reise mit vielen neuen Eindrücken, einfach eine spannende und erholsame Zeit!

    Viele liebe Grüße,

    die Uli, die Dir empfiehlt, Dich jetzt nur noch in Vorfreude zu suhlen 😉

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