Poggio in Fiore – Blühende Anhöhe…

ist der poetische Name des dritten Duftes von vier Düften der La Collina Toscana Reserve-Kollektion, die ich mir diese Woche zur Brust oder besser: Nase genommen habe, um sie Euch vorzustellen. Er besticht laut Hersteller „mit seinen hellen und freundlichen Duftnoten, erfüllt mit weißen Blüten und Vanille.“ Das hört sich heiter und sonnig, aber keineswegs wolkig an würde ich sagen. Bei einem Blick auf die Duftnoten allerdings werde ich trotzdem ein wenig stutzig: Kopfnote: Tiaréblüte, Jasmin; Herznote: Jasmin, Karamell, Orangenblüte; Basisnote: Moos, Vanille – diese lassen vor meinem inneren Auge einige große Fragezeichen zurück. Wir erinnern uns – wir befinden uns in der olfaktorischen Toskana – Tiaré, jene tropische Gardenienschwester? Versprochen wird zumindest mal ein verwegen-ausgefallener Garten, den ich nicht unbedingt bei unseren Bunga-Bunga-Nachbarn verortet hätte:

„Roter Jasmin und Tiaréblüte, aus exotischen sonnendurchfluteten Gärten entführt, verschmelzen mit einer delikaten Herznote aus Jasmin und Orangenblüten, durchzogen von einem Hauch Karamell, um sich in einem Strom aus umschmeichelndem Moos und Vanille hinzugeben.“

Ob nun typisch italienisch oder eben nicht – egal. Ich will kein Pingel sein und stürze mich alsbald lieber auf den Duft, jener ist ohnehin das, was zählt und auch bleibt 😉

Und in der Tat – Poggio in Fiore zaubert sogleich ein Blütenmeer vor mein inneres Auge, entführt mich aber nicht nach Italien, sondern irgendwo in die Tropen: Exotisch präsentiert sich der Duft durch und durch. Voluminöse ausladende Blumen locken mit verführerischem Duft, natürlich überwiegend weißer Natur. Tiaré und Jasmin sind sehr deutlich auszumachen, Orangenblüten stiften wie häufig honigsüße Nektarnoten. Die Vanille aus der Basis zeigt sich einerseits dezent würzig, was zu einem äußerst harmonischen Zusammenspiel mit dem Moosbett führt. Andererseits offenbart sie aber ebenfalls milchige Cremigkeit und Süße, welche von zuckrig-kristallinem und gleichermaßen sahnigem Karamell perfekt ergänzt wird.

Ein Tropenblümchen also mit sommerlich-leichtem, deliziösem Gourmandeinschlag also – und ein sehr hübsches noch dazu. Dieser Tage war ich wirklich verwundert, als ich mir anhand eines Diskussionsthreads in einem Internetforum, dem Beautyboard, Gedanken zum Thema tropische Düfte machte: Gefühlt hätte ich gedacht, dass ich auf eine ganze Menge Düfte komme, die ein Sträußchen exotischer Blüten samt ein paar gourmandigen Akzenten für Naschkatzen enthalten – dem war und ist aber nicht so.

Profumi del Fortes Gute-Laune-Sommerling Vittoria Apuana fiel mir ein, den ich bei Gelegenheit bald mal rezensieren muss: Satt Hesperiden im Kopf und ein äußerst leckeres Vanille-Kokos-Banane-Herz, welches von Tiaréblüten umrankt wird und dank seiner Ambrabasis über warme Würze verfügt.

Dann wäre da noch Anse Turquoise von Manuel Canovas, der schon dank seiner wunderschönen Verpackung (Canovas ist ein französisches Traditionstextilhaus mit Schwerpunkt auf Wohntextilien) ins Auge sticht: Orangene Korallen und rosa-pinkfarbene Muscheln auf einem türkis-petrolfarbenen Grund – heiter-fröhlich transportieren diese Muster bereits Urlaubsstimmung, die Anse Turquoise auch einlöst. Als olfaktorische Umsetzung des Stoffmusters Goa aus der Beachwear-Kollektion des Hauses sieht sich das Düftchen durch jene entlegenen Refugien der Antillen inspiriert und riecht wie der Traumurlaub, den ich so dringend nötig hätte: Spritzig-frische Hesperiden und ein überbordendes Herz voller Tropenblüten auf einer weichen und warmen Basis samt Karamellkrönchen.

Oder Cococabana von Patricia de Nicolaï, dessen Name schon verrät, dass er eine duftende Hommage an Rio de Janeiros Stadtteil Copacabana ist: Üppige Tropenblümchen, Tuberose und Jasmin, und überschwängliche Kokosheiterkeit, fein abgestimmt mit einem cremigen Vanille-Tonka-Duo und einem prickelnden Schuss Agrumenfrüchte in der Kopfnote. Damit machte Madame Nicolaï einmal mehr ihrer Herkunftsfamilie Guerlain alle Ehre und schuf einen herrlichen Tropenduft, mit dem sie den Beweis anstellte, dass Rio nicht nur aus Hinterteilen und Oberweiten bestehen muss 😉

Camille Goutal flitterwochte auf Mauritius und hat jene Tage auf immer olfaktorisch verewigt: Mit Songes, ebenfalls voller Tropenblüher, genauer: Tiaré, Frangipani, Ylang-Ylang und natürlich Jasmin, fein abgestimmt mit Vanille und einer Prise Vetiver.

Danach wird es aber schon schwierig – mir kommt noch Comptoir Sud Pacifiques Aloha Tiaré in den Sinn, Montales Intense Tiaré, Frangipani von Chantecaille und Frangipani Absolute von Ormonde Jayne, Huitième Arts Manguier Métisse und ferner Parfumerie Générales Gardenia Grand Soir, die zumindest teilweise auch zum Thema passt obgleich ihr jegliche Gourmandanleihen fehlen – und da verließen sie ihn oder besser: mich.

Es scheint tatsächlich an derlei Tropenkrachern zu fehlen, ich hätte es nicht gedacht. Wie steht Ihr dazu? Fallen Euch noch mehr ein? Entsprechen jene Düfte Eurer Kragenweite?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike, grübelnd.

Bildquelle: The Italian garden, the Lost Gardens of Helligan, Cornwall, UK von Carcharoth, Tiaré Tahiti / Gardenia Taitensis von Hardscarf, beides via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

3 Kommentare

  1. Margot
    19. Mai 2011
    Antworten

    Liebe Uli,
    Tropen, ja! Tiare + Jasmin + Kokos + Vanille – eher nein.
    Du kennst mich und ich würde bei einem „Tropenkracher“ mich eher an „Straight to Heaven“ by Kilian halten (Segelboote, Yachten, Rum ….)
    ABER, geht nicht auch der Bahiana MPG in diese Richtung? Das ist doch ebenfalls ein von vielen Seiten favorisiertes Tropenwässerchen.

  2. Evelyn
    19. Mai 2011
    Antworten

    Guten Morgen liebe Uli,

    jaja, ich schon wieder… Du weisst doch: Wehe wenn sie losgelassen! :-)))

    Ganz mein momentanes Thema heute wieder! Üppige Tropenblüten, saftige Köstlichkeiten, wärmende Süße, jaaaaaaa! Das ist doch der Stoff aus dem die Träume sind. :-))))

    In Poggio in Fiore bin ich ja eh ganz doll verliebt und Deiner Tropen-Liste möchte ich gerne noch ein paar weitere Duft-Erlebnisse anfügen:

    1. Sundance von Memo
    2. Lalibela von Memo
    3. Ginger Ciao 2.27

    Die beiden ersten wunderbare, lustvolle, fruchtige Tropenknaller und Ginger Ciao ist ja sowieso der Gute-Laune-Duft für mich schlechthin! 🙂

    So, und nach einer knappen Stunde Such-Zeit habe ich nun auch mein Pröbchen von Vittoria Apuana gefunden! *lach* Der wird nun mal getestet! .-)

    Herzlichst
    Evelyn

  3. Ulrike
    20. Mai 2011
    Antworten

    Huhuu Ihr Lieben,

    @ Margot: Das denke ich mir schon, dass es für Dich eher die Buddel Rum sein darf 😉 Für mich im übrigen normalerweise auch. Oder dann eben diese leichten Ananas-Holzlinge wie Bahiana (zweite Flasche im Anbruch) oder Ananas Fizz. Virgin Island Water von Creed kam mir auf der Haut zu kokoslastig raus.

    @ Evelyn: Du hast AUCH nach Vittoria Apuana gekramt 😉 Ich natürlich auch 😉 Sundance und Lalibela habe ich in guter Erinnerung, vor allem aber Lalibela, für mich ein 80er Jahre-Kracher und irgendwie gar nicht mein Beuteschema, aber soo schön 🙂 Yosh Han wird alsbald hier nochmals näher unter die Lupe genommen, also auch Ginger Ciao 2.27 – soviel kann ich ja mal verraten 😉

    Viele liebe Grüße,

    Eure Uli.

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