Die Geschichte zu Pierre Guillaumes Duft Stælios hat mich sofort aufhorchen lassen: Angeblich soll im 18. Jahrhundert ein von St. Petersburg nach Genua fahrendes Handelsschiff gesunken sein, das russisches Rentierleder geladen hatte. Dieses besondere Leder soll nun von einer französischen Gerberei nachgebildet worden sein. Und wer erhielt eine Materialprobe? Natürlich Pierre Guillaume. Und machte es zum Zentrum dieser Kreation. Das klingt doch überaus spannend.
Dieses edle Leder verströmt einen warmen, zarten Duft von unendlicher Kostbarkeit, eine animalische Eleganz … der Duft von Luxus. Dieses Material wird das Herzstück dieses Duftes sein, der durch ein Feuerpferd symbolisiert wird: ein kraftvoller Hengst, elegant und rassig, feurig, wie die Sonne: Stælios.
Pierre Guillaume ist bekannt dafür, seinen Werken Kunstnamen zu geben. So bildete er hier aus den Wörtern Stallion (engl. für Hengst) und dem griechischen Sonnengott Helios das Wort Stælios. Ein wahrhaft mythologischer Vierbeiner, der da übers Himmelszelt galoppiert.

Ein glühendes Veilchenholz
Was mit dem Untertitel „ein glühendes Veilchenholz“ gemeint ist, wird beim Testen ziemlich schnell klar. Es ist zwar noch kein Veilchen zur Baumgröße herangewachsen, aber das Duftbild zeigt sich zu Beginn mit kräftigem, dynamischem Pfeffer – Aschanti-Pfefferblättern, um genau zu sein. Ich konnte leider keine weiteren Infos zu den Dufteigenschaften dieses Pfeffers finden. Hier der Wikipedia-Artikel für alle, die es interessiert. Der Duft kommt also direkt kraftvoll daher, so wie man es von einem feurigen Ross in vollem Lauf erwarten würde. Ganz ohne mythologische Schwere, einfach gut gelaunt und positiv, würde ich sagen.
Von Beginn an sind trockene Hölzer weit vorne. Ich würde auf Zedernholz tippen. Sie fassen die krautig-grünen Veilchennoten perfekt ein und binden sie. Erst auf der Haut kommt auch Davana mit likörig-trockenfruchtigen Noten zum Vorschein. Dort gewinnt der Duft angenehm an Komplexität, immer wieder kommen neue Facetten nach vorne, mal sind es die grünen Noten, dann die Würze des Pfeffers, dann wieder die Krautigkeit. Stellt sich noch die Frage, was eigentlich aus dem legendären Rentierleder geworden ist.
Wie Ihr wisst, kann Leder in der Parfümerie nur als Akkord nachgebildet und nicht als Duftstoff direkt extrahiert werden. Nimmt man nun den Dreiklang aus Pfeffer, Veilchen und Hölzern entsteht durchaus der Eindruck von Leder. Dieser steht im Duft meines Erachtens eher in der zweiten Reihe, weswegen ich Stælios nicht unmittelbar in die Lederdüfte einsortieren würde. Aber Ledernoten sind definitiv da.
Stælios’ männliche Muse
Teil der Kampagne zu Stælios ist das oben abgebildete Model Louis Nichols, das vom renommierten Fotografen Sasha Olsen abgelichtet wurde. Der Pressetext zu Nichols ist derart schwärmerisch ausgefallen, dass ich stark vermute, dass sich Pierre Guillaume über beide Ohren in ihn verknallt haben muss. So wird Nichols etwa mit den Göttern des Olymp in Verbindung gebracht. Dazu muss man nur den O-Ton des Textes hören:
„Wenn ich ein Parfum komponiere, habe ich natürlich Bilder, Orte und Gesichter im Kopf, die sich in meiner Vorstellungskraft, um die Parfümgeschichte herum entwickeln und die ich entsprechend versuche zu materialisieren … ein mentales Mood-Board, das meinen kreativen Prozess der olfaktorischen Nacherzählung inspiriert. Als ich Louis zum ersten Mal traf, war es, als würde ich mit einer Figur aus meiner Vorstellungskraft interagieren. Louis ist ein Sportler, der mit seiner eleganten Erscheinung und seinen blonden Locken wie eine griechische Statue wirkt, die alle Blicke auf sich zieht. Ich habe gesehen, wie er auf Frauen und Männer wirkt, aber Louis begeistert nicht nur durch sein Aussehen, sondern auch durch seine Persönlichkeit und seine Werte. Das Modeln ist ein spielerischer Nebeneffekt, der es ihm ermöglicht, die Welt zu entdecken, aber er stellt sich immer zuerst als Bauer vor. Der Mann ist Viehzüchter und baut Trauben für verschiedene Cognac-Häuser an – das kann man nicht erfinden! Authentisch und aufrichtig, teilt sich Louis mit Stælios eine unmittelbare, fast animalische Anziehungskraft und ein elegantes Herz, das in meinen Augen von größter Bedeutung ist. In all diesen Punkten verkörpert er meine Kreation auf wunderbare Weise.“
Fazit zu Stælios
Ich finde, dass ich hier einen entschieden maskulinen Duft vor mir habe – wie immer mit dem freundlichen Hinweis, dass jeder und jede bitte schön tragen soll, was er oder sie will. Die Kombination aus Pfeffer, Veilchen und trockenen Hölzern mit daraus resultierenden Ledernuancen ist eine gelungene Mischung, die absolut tragbar und alltagstauglich daherkommt. Geradlinig, maskulin und ausdrucksstark. Bitte testen!
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