Vor ein paar Monaten lancierte das französische Nischenduftlabel Obvious Parfums die neue High Standards Collection mit den Düften Frida’s Thorns, Himalayan Spell und Malfa Walls. Die neue Linie der Marke wurde vom Parfümeur Julien Rasquinet geschaffen. Sie dreht sich um Luxus, das kennen wir von Obvious Parfums bereits. Doch während sich die klassische Kollektion stets der Einfachheit gewidmet hat und den Luxus im Minimalismus suchte, ist die High Standards Collection eine Reise durch die Welt. An Orte, die eher nicht auf der konventionellen Bucket List eines Pauschaltouristen liegen mögen, sondern die exklusiv, besonders, eben High Standard sind.
Und so führt uns Obvious Parfums zunächst ins Mexiko der Frida Kahlo, dann ins Herz des Hindukusch, das Hochgebirge des Himalaya, und abschließend ins Mittelmeer, auf die nördlich von Sizilien gelegene kleine, aber feine Insel Salina. Eine olfaktorische Reise um die Welt, die von spannenden Persönlichkeiten, beeindruckenden Landschaften und faszinierenden Schicksalen erzählt.
Obvious Parfums im Duft-Tagebuch
Anbei findet Ihr alle Beiträge zur klassischen Kollektion der französischen Nischenduftmarke, die hier in den letzten Jahren veröffentlicht wurden:
- Obvious Parfums – Die Eleganz der Einfachheit
- Une Vanille und Une Rose von Obvious Parfums – Natur und Luxus in Einklang
- Obvious Parfums: Un Patchouli, Une Fleur d’Oranger und Une Poivre – Drei sind keiner zu viel
- Une Verveine von Obvious Parfums und Marque-Page von Ormaie – Am Puls der Zeit
- David Frossard von Obvious Parfums im Interview
- Une Figue von Obvious Parfums – Den Kopf in der Sonne, die Füße im Wasser
- Un Oud von Obvious Parfums – Meditativer Höhepunkt
- Un Été von Obvious Parfums – Duftender Sommer
- Une Pistache von Obvious Parfums – Grüne Köstlichkeit
- Scoville von Obvious Parfums – Some like it hot
Frida’s Thorns – Liebe, Schmerz & Sehnsucht
Die mexikanische Malerin Frida Kahlo (1907-1954) war eine der bedeutendsten, wenn nicht gar die bedeutendste Malerin ihres Heimatlandes. Ihr Werke waren gekennzeichnet von ihrem nicht ganz einfachen Leben, das von Krankheit, Schmerzen, Affären und Leidenschaft geprägt war. Früh erkrankte die junge Frida an Kinderlähmung, wodurch eines ihrer Beine verkürzt war. Hinzu kam ein tragischer Busunfall, bei dem sie als Jugendliche so schwer verletzt wurde, dass sie zeitlebens mehrfach operiert werden musste, immer wieder bettlägrig war – viele ihrer Werke malte sie im Liegen mithilfe einer speziell gefertigten Apparatur – und schwere Schmerzen hatte. Schließlich musste ihr gar der rechte Unterschenkel amputiert werden.
Wenige Jahre nach dem Busunglück heiratete sie den deutlich älteren Diego Rivera, einen bekannten mexikanischen Künstler, der – wie sich später herausstellte – hochgradig untreu war. Auch sie selbst hatte – von Herzschmerz und körperlichen Qualen gezeichnet – zahlreiche Affären, mehrere Fehlgeburten und Alkoholprobleme. Zuflucht fand sie in ihrer Malerei, in sie viele ihrer Schicksalsschläge thematisierte und zu verarbeiten versuchte. Bekannt sind gemeinhin ihre farbenfrohen Selbstporträts – mal mit Tieren, mal ohne –, auf denen sie stets distanziert und von ernster Melancholie geprägt zu sein scheint.
Charakteristisch sind die dargestellten zusammengewachsenen Augenbrauen und der dunkle Damenbart, die sie auf ihren Selbstbildnissen stets viel drastischer als in der Realität abbildete. Ihre Gemälde sind ein Ausdruck ihrer Qualen, ihres Leidens und ihres Schmerzes, zunächst noch von einer gewissen Lebensfreude geprägt, die mit zunehmendem Alter jedoch immer mehr nachließ.
Ihr seht, es ist kein einfaches Sujet, dem sich der Parfümeur Julien Rasquinet mit Frida’s Thorns widmet. Mit den Ingredienzien Himbeere, Birne, Rose, Schokolade, Kakao, Patchouli und Vanille fängt Rasquinet die bunten Farben der Gemälde von Frida Kahlo olfaktorisch ein und nutzt außerdem eine Zutat, die eng mit Mexiko verbunden ist: Kakao, von den indigenen Kulturvölkern Mittelamerikas – den Olmeken, den Maya und den Azteken – bereits verehrt und hochgeschätzt, die u. a. auf dem Gebiet des heutigen Mexikos lebten.
Duftende Hommage – Frida’s Thorns
Eine fein-fruchtige Süße eröffnet Frida’s Thorns, zart, ein bisschen säuerlich und unglaublich saftig, zu der sich alsbald sehr weiche, geschmeidige und cremige Nuancen gesellen. Die Schokolade ist nicht zu dunkel, eher milchig, sanft, von dezent erdiger Patchoulicreme untermalt, die sich gekonnt und sehr harmonisch in die Komposition einfügt.
Subtile Rosennoten bringen Transparenz und Leichtigkeit in die Komposition. Taufrisch, ein bisschen grünlich und unbeschwert wirkt die Blüte, jugendlich und fröhlich blitzen ihre verspielten Facetten in dem Duft auf, ehe sie wieder in die warme, sanfte Tiefe der holzig-cremigen Nuancen eintaucht und mit ihnen verschmilzt. Der Kakao sorgt für herbe Akzente, die für eine zarte Pudrigkeit sorgen.
Frida’s Thorns von Obvious Parfums ist eine spannende, olfaktorische Hommage an die starke und selbstbewusste Künstlerin Frida Kahlo, die ganz verschiedene Facetten aufgreift und miteinander vereint: die fruchtige Süße des Auftakts, die cremig-erdige Weichheit, die milchigen Schokoladennoten, die zarte Rosenunbeschwertheit und die herbe, dezent bittere und dunkle Kakaopudrigkeit. All dies verbindet der Parfümeur Julien Rasquinet zu einem ruhigen, leisen, ein wenig melancholischen Duft voller Ausdruckskraft und Tiefe. Warm, würzig, nicht überaus süß und wunderbar wohlig ist Frida’s Thorns eine Kreation, die ich eher an kühleren Tagen bzw. in Herbst und Winter tragen würde. Das Eau de Parfum ist in meinen Augen in Hinblick auf seine Tragfähigkeit ein Allrounder und passt sowohl ins Büro als auch in den Alltag, zur Verabredung am Abend oder als olfaktorischer Duftbegleiter für den eingekuschelten Lesenachmittag auf dem Sofa. 💙
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