Julien Pruvost von Carrière Frères im Interview – Im Fokus: die Museum Collection

Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen sicherlich, dass ich für die Kerzenmanufaktur Carriére Frères ein besonderes Faible habe. Und so freut es mich sehr, dass ich die Chance hatte, den Creative Director Julien Pruvost interviewen zu dürfen. Er hat mir einige spannende Details über die Museum Collection der Marke und die jüngste Duftkerze Plumeria – Frangipani verraten, die seit Kurzen auch bei Aus Liebe zum Duft erhältlich ist. Diese werde ich Euch natürlich in meinem nächsten Beitrag hier vorstellen, ebenso wie ein ganz neues Produkt des Hauses Carrière Frères, welches vor ein paar Wochen auf den Markt kam und mit dem der Traditionskerzenhersteller eine ganz neue Linie ins Sortiment aufgenommen hat. Doch zunächst widmen wir uns diesem Interview und somit verbleibt mir nur noch zu sagen …

Herzlich willkommen im Duft-Tagebuch: Julien Pruvost! 😊

Carrière Frères – Plumeria – Frangipani

Lieber Julien, zur Marke Carrière Frères habe ich unseren Lesern in meinen letzten Artikeln schon einiges erzählt. Könntest Du schildern, wie es zu der Zusammenarbeit zwischen Carrière Frères und dem Muséum national d’histoire naturelle kam?

Die Zusammenarbeit fand zu Beginn in erster Linie über Zoom statt, aufgrund der Pandemie. Im Museum gibt es eine große Sammlung an botanischen Illustrationen auf Pergament aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die in den Archiven eingelagert sind. Wir hatten die Chance, auf diese zurückzugreifen. Gemeinsam mit Mitarbeitern des Museums wählten wir bestimmte Pflanzen für die Museum Collection aus. Dabei war es uns besonders wichtig, auf solche Blüten und Kräuter zurückzugreifen, die eine besonders enge Beziehung zum Museum haben, wie etwa die Seerose. In einem der Parks des Museums gibt es einen großen Teich mit Riesenseerosen, was für uns sehr passend erschien.

Habt Ihr dann auf die Originalillustrationen des Museums zurückgegriffen für die Gestaltung der Gläser?

Ja, genau. Die Abbildungen auf den Gläsern der Duftkerzen sind die Zeichnungen des Museums. Wir haben mehrere Varianten einer Art zusammengefasst, bei den Seerosen sind es beispielsweise drei verschiedene, und den Hintergrund dann noch individuell angepasst, damit es stimmig ist.

Was war Euch noch wichtig bei der Entwicklung der Museum Collection?

Es war für uns ein entscheidendes Kriterium, den Duft der Kerzen so natürlich und authentisch wie möglich zu halten. Wir arbeiteten mit dem Unternehmen Robertet zusammen und hier mit dem Parfümeur Serge de Oliveira, die beide im Bereich der natürlichen Parfümerie sehr angesehen sind. Für die Entwicklung von Pelargonium Odoratissimum besuchten wir beispielsweise die Gewächshäuser des Arboretums Versailles-Chèvreloup, wo unzählige Reihen an Pelargonien verschiedenster Art zu finden sind.

Diese sehen sich erstaunlicherweise häufig bemerkenswert ähnlich, verströmen jedoch teilweise absolut unterschiedliche Düfte. Manche riechen nach Wald, andere nach Schokolade oder Apfel, nach Rose oder Zitrusfrüchten. Wir entschieden uns für die Sorte Pelargonium Odoratissimum. Um den Duft nachzubilden, vereinten wir die Noten von Hanf mit Grapefruit, Rhabarber und Zitronengras. In der Basis wollten wir eine gewisse Erdigkeit evozieren, wofür wir auf Patchouli zurückgegriffen haben.

Carrière Frères – Museum Collection - Pelargonium Odoratissimum

Dann basieren die Düfte der Museum Collection ausschließlich auf natürlichen Ingredienzien?

Zum größten Teil, ja. Wir haben in erster Linie auf natürliche Rohstoffe zurückgegriffen, aber ein kleiner Teil ist auch synthetischen Ursprungs.

Weil manche Duftstoffe auf natürliche Art nicht gewonnen werden können?

Nein, nicht deshalb. Aber es ist so, dass die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Ingredienzien deutlich abnimmt, wenn man sich ausschließlich auf natürliche Rohstoffe verlässt. Das olfaktorische Spektrum ist viel größer, wenn man auch synthetische Duftnoten mit in der möglichen Auswahl hat. Außerdem hat die Verwendung von natürlichen Rohstoffen auch einen nicht zu verachtenden Einfluss auf unsere Umwelt, daher ist es manchmal umweltfreundlicher, auf synthetisch gewonnene Ingredienzien zurückzugreifen.

Zuletzt wurde Plumeria – Frangipani lanciert. Kannst Du uns etwas zu dieser Kerze erzählen? Warum genau diese Blüte?

Hast Du schon einmal an den Blüten eines Frangipani-Baumes gerochen? Nicht? Es ist ein sehr üppiger und durchdringender Duft, der absolut besonders ist. Die Frangipani steht für uns für das Entdeckertum und das Reisen, die Abenteurer, die mit ihren Schiffen in die Welt hinaus segelten, um diese zu erkunden. Das passt wiederum hervorragend zu den Illustrationen des Muséum national d’histoire naturelle, die ja auch aus einer Zeit stammen, in der viele Entdeckungen unterschiedlichster Art gemacht wurden. Sie erinnert damit auch an die französischen Überseegebiete, wo die Frangipani natürlicherweise vorkommt.

Aber in Frankreich wächst sie nicht?

Nein, ich denke nicht. Wobei … vermutlich im Süden von Frankreich. Aber das kann ich nicht genau sagen.

Carrière Frères – Plumeria – Frangipani

Dann war die Frangipani keine Pflanze, an der Serge und Du direkt schnuppern konntet, um den authentischen Duft aufzunehmen?

Nein, tatsächlich ist die Frangipani-Duftkerze die einzige, bei der wir nicht an der realen Pflanze bzw. Blüte schnuppern konnten. Aber dies war auch nicht zwingend nötig, da der Duft der Plumeria für einen Parfümeur absolut bekannt ist, weshalb Serge gar keine echte Frangipani für die olfaktorische Umsetzung brauchte.

Der Duft und die Optik der Kerze wirken sehr sommerlich …

Genau, der Duft der Frangipani erinnert viele Menschen – mich eingeschlossen – an den Sommer. Sie hat so eine solare, cremige, an Sonnenmilch erinnernde Note, die fröhlich, lebendig und einfach sommerlich wirkt. Perfekt für die aktuelle Jahreszeit. Auf dem Glas der Kerze haben wir verschiedene Frangipani-Varianten abgebildet, um zu zeigen, dass es eben nicht nur die eine und bekannteste weiß-gelbe Sorte gibt, sondern auch viele verschiedene andere Farben.

Zu allen fünf Duftkerzen der Museum Collection gibt es diese praktischen Nachfüllkerzen. Was genau hat es damit auf sich?

Nachhaltigkeit ist uns bei Carrière Frères sehr wichtig und es ist auch eine Sache, die für immer mehr Menschen von großer Bedeutung ist. Wir möchten Ressourcen und die Umwelt schonen. Bei der Berechnung unseres ökologischen Fußabdrucks hat sich ergeben, dass sowohl für die Produktion von Glas für unsere Duftkerzenglaser als auch für den Transport von großen Mengen an Duftkerzen bei uns ein maßgeblicher Teil an Ressourcen verbraucht werden. Um dem entgegenzuwirken, haben wir die Kerzen-Refills entwickelt. So können unsere Kunden die Gläser unserer Duftkerzen einfach weiterverwenden und mit dem Refill bestücken. Das Packaging der Refills trägt das FSC-Siegel, ist nachhaltig und kann sogar kompostiert werden.

Ihr benutzt ja auch 100 % pflanzliches Wachs für die Duftkerzen der Museum Collection …

Ja, es ist 100 % pflanzliches Wachs, mit einem beträchtlichen Anteil an Wachs aus europäischem Raps. Bislang haben wir Raps in Bio-Qualität verwendet. Die Kerze, die Du in der Hand hältst, ist mit Sicherheit auch noch mit Bio-Wachs. Allerdings gibt es Lieferschwierigkeiten, weshalb wir aktuell nicht auf Bio-Ware zurückgreifen können. Es ist uns sehr daran gelegen, transparent zu sein, daher sage ich das hier auch. Das verwendete Wachs stammt nach wie vor aus Europa, ist aber eben nicht bio. Wir hoffen, dass sich das bald wieder ändert.

Carrière Frères – Plumeria – Frangipani

Gab es eine Kerze in der Kollektion, die in der Entwicklung besonders herausfordernd war?

(lacht) Das ist eine gute Frage. Tatsächlich sind es die Kerzen, die Du nicht siehst, die in der Entwicklung besonders herausfordernd waren. Wir haben ehrlicherweise an mehreren weiteren Duftentwürfen zu Pflanzen gearbeitet, aber die Ergebnisse waren nie zufriedenstellend. Daher wurden diese Kerzen nicht lanciert.

Aber es gibt eine lustige Geschichte. Im Team des Muséum national d’histoire naturelle, mit dem wir zusammengearbeitet haben, gibt es einen Mykologen, also einen Pilzexperten. Und dieser hat von einem wunderbar duftenden Pilz aus Südamerika erzählt, den er für eine neue Duftkerze vorgeschlagen hat. Leider wussten wir aber nicht, wie dieser riecht. Und da wir nicht selbst an dem Pilz schnuppern konnten und der Mykologe uns den Duft auch nicht genau beschreiben konnte, hat es diese Kerze bedauerlicherweise nicht in die olfaktorische Entwicklung geschafft.

Ich habe aber kürzlich gesehen, dass das spanische Unternehmen Loewe einen Pilz-Raumduft lanciert hat, der allerdings nach einem Speisepilz, dem Portobello, duften soll. Es ist also nicht so abwegig …

Hast Du eine Lieblingskerze innerhalb der Museum Collection?

Meine Lieblingskerze ist tatsächlich Absinthe. Ich mag auch Pelargonium Odoratissimum, aber die Artemisia rieche ich am liebsten. Aber das ist natürlich mein persönlicher Geschmack.

Lieber Julien, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert