Ganz frisch im Portfolio von Aus Liebe zum Duft ist die Marke OHTOP, die 2019 von dem Koreaner Romeo Oh in Paris gegründet wurde. Oh lebt seit etwa dreißig Jahren in der französischen Hauptstadt und ist hier Inhaber eines Showrooms, in welchem er aufstrebenden Modedesignern eine Bühne gab und zu einer Karriere verhalf. Mode und Düfte waren und sind seine Leidenschaft und nun verwirklicht er sich im Bereich Parfum mit seiner Marke OHTOP selbst.
Fünf Düfte umfasst die Kollektion von OHTOP zwischenzeitlich, die mir nicht nur rein optisch, sondern auch namentlich richtig gut gefallen: Paranoïaque, Ohsphalte, I Hate Rose, Green Flannel und Fleur d’Oh. Erschaffen wurden die Kreationen von bekannten Parfümeuren wie Amélie Bourgeois, Alexis Dadier oder Anne-Sophie Behaghel. Auch Romeo Oh selbst ist für eine der Kompositionen in die Rolle des Parfümeurs geschlüpft, in Zusammenarbeit mit dem Team von Christian Carbonnel.
Kurz und knapp: OHTOP
Ein paar wichtige Fakten zu OHTOP habe ich Euch bereits verraten. Gründungsjahr und Gründer sind bekannt. Ebenso wisst Ihr bereits, dass Romeo Oh aus Korea stammt, mittlerweile seit etwa drei Jahrzehnten in Paris ansässig ist und aus dem Fashion-Bereich kommt. Der Weg von Mode hin zu Parfum scheint nicht weit. Wir kennen bereits mehrere Marken, die ihren Ursprung im Fashion-Business und -Design nahmen: Marc-Antoine Barrois etwa oder Salle Privée, Bohoboco und natürlich Comme des Garçons und Tom Ford, um nur einige wenige zu nennen.
Und so ist der Begriff „olfactive wardrobe“, also olfaktorische Garderobe, etwas, was wir hier schon das ein oder andere Mal gehört respektive gelesen haben. Romeo Oh hat den Wunsch, mit seinen Kreationen eben genau so eine Auswahl an Düften zu erschaffen, die die Optik eines Individuums olfaktorisch abrundet und bereichert.
Mein Ziel ist es, eine olfaktorische Garderobe zu kreieren, die einen Auftritt ergänzt und individualisiert, ihm eine traumhafte Dimension verleiht, einen letzten Schliff, der die Haltung umhüllt und es Ihnen ermöglicht, Ihr wahres Wesen und Ihren Stil zu manifestieren. – Romeo Oh
Paranoïaque – Wahnsinn aus der Flasche
Als Wahnsinn aus der Flasche bezeichnet OHTOP seinen Duft Paranoïaque, was mich so neugierig macht, dass ich dieses Eau de Parfum natürlich zuerst testen muss. Dies ist auch die Komposition, bei der Romeo Oh selbst kreativ am Werke war. Für seinen ersten Duft nutzte Oh die Ingredienzien Koriander, Ingwer, Schwarze Johannisbeere, Grüne Noten, Rose, Geranium, Muskatnuss, Guajakholz, Patchouli, Leder, Erde, Tonkabohne und Eichenmoos.
Es soll sich um eine Kreation handeln, die „kompromisslos und voller Kühnheit“ ist, kontrastreich und unkonventionell, aber dennoch absolut tragbar. Ein duftendes Kuriosum, das Gegensätzlichkeiten und Harmonie miteinander verbindet und in Einklang bringt. Das klingt auf den ersten Blick wild, doch bestätigt ja OHTOP selbst, dass wir es hier mit einem Eau de Parfum zu tu haben, dass möglicherweise zunächst überrascht, insgesamt aber doch durchaus gesellschaftstauglich ist.
Es kommt der Moment, in dem wir die Regeln brechen und aufhören müssen, brav zu sein, um unseren Sinn für Stil zu finden. Ein Hauch von Verrücktheit ist nötig, um kreativ zu sein, auch wenn es der Welt seltsam und verwirrend erscheint.
Die duftende Verrücktheit von OHTOP
Luftig, kühl und frisch eröffnet Paranoïaque mit waldig-grünlichen Noten, die mich an von Moos bewachsene Felsen, Findlinge etwa, erinnern, an feuchte Erde, an Nebelschwaden, die durch dichte Wälder ziehen, aber auch an Blattsaft, an die knarzigen und herben Noten zerstoßener Blätter, die adstringierend wirken können, aber auch ganz sanft und mild. Es ist tatsächlich kein gewöhnlicher, per se gefälliger Duft, der vom ersten Schuppern an für sich einnimmt, sondern einer, der sich langsam entwickelt und sich so ganz leise und auf sanften Pfoten ins Herz schleicht.
Paranoïaque ist nicht so dunkel wie ich erwartet hätte, nicht so dunkelgrün wie der Flakon mutmaßen lässt. Nein, ich empfinde den Duft als überraschend hell, wie schon gesagt als luftig und eher transparent. Auf meiner Haut zeigt sich eine langanhaltende Minzigkeit, während der Teststreifen eher in die florale, sehr luzide Richtung tendiert und mich an frisch angeschnittene Rosen- oder besser Tulpenstängel erinnert. Sehr komplex, dicht verwoben ist die Komposition Paranoïaque – trotz ihrer Luftigkeit. Auf meiner Haut offenbaren sich erst nach längerer Zeit süßlich-seifige Nuancen, denen florale und zitrische Facetten innewohnen.
Paranoïaque von OHTOP ist ein absolut spannender und wie angekündigt kontrastreicher Unisex-Duft, der zunächst mit grünlich-waldigen, blattsaftartigen Noten spielt, um anschließend – zumindest auf meiner Haut – in eher lieblichen, sanft-seifigen und floralen Akzenten auszuklingen. Es ist eine leise, meditative Kreation von maximal mittlerer Präsenz und mit einer guten Haltbarkeit, die in meinen Augen zu jedem Anlass getragen werden kann, ganz egal, ob im Büro, in der Freizeit oder zum Ausgehen am Abend, sofern man leichte, luftige und transparente Kompositionen hierfür bevorzugt. Tendenziell sehe ich Paranoïaque eher in der wärmeren Jahreszeit als im tiefsten Winter, denn hier trage ich persönlich lieber etwas opulentere Düfte. Ein wundervoller Auftakt, nicht nur in dieser Rezensionsreihe, sondern auch als kreatives Debüt von Gründer Romeo Oh. Superb!
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