Weihnachten ist vorbei und es ist wieder Zeit für eine neue Duftrezension. Mit Amoral, Mansa und Masar möchte ich in die Runde der ersten drei Kreationen aus dem Hause pernoire starten, nachdem ich Euch letzte Woche bereits ein zweiteiliges Interview mit den beiden Gründern aus der Schweiz präsentieren durfte. In diesen Artikeln, die ich Euch natürlich gleich auch noch verlinke, erzählen uns Nico Mannino und Robin Dünner so einiges über ihren eigenen Hintergrund, die Geschichte von pernoire und die Düfte des Labels, weshalb ich mich heute auf die Rezension der drei Extraits de Parfum konzentrieren werde und allen, die mehr zum Background der Marke wissen möchten, diese beiden Beiträge empfehle:
- Pernoire im Interview – Schweizer Duftkunst
- Nico Mannino und Robin Dünner von pernoire im Interview – Teil II
Amoral – Unmoralisch gut
Als ersten Testkandidaten habe ich mir Amoral ausgesucht. Der Duft spielt namentlich mit dem Begriff des Anrüchigen, des Unsittlichen und Hemmungslosen, was mich definitiv neugierig macht. Wie wir erfahren haben, hat der Parfümeur Andreas Wilhelm die Komposition kreiert, und zwar aus den Ingredienzien Limette, Schwarztee, Kardamom, Zimt, Kumin, Pflaume, Veilchen, Iris, Adlerholz (Oud), Nagarmotha, Orangenblüte, Ambra, Sandelholz und Tonkabohne.
Die dunklen Seitenstraßen bei Nacht sind dein Revier. Niemand kann deinen Erfolg oder den Aufstieg an die Spitze erklären. Regeln und Gesetze sind nur weitere Maßnahmen, um die Massen davon abzuhalten, die Spitze zu erreichen. Aber nicht für dich! Du hast die Moral auf verschiedenste Weise gebrochen und verbogen, um dein Ziel zu erreichen. Mehr Ruhm, Geld und Macht durch ominöse Aktionen – mysteriös und doch anziehend – deine Essenz ist amoralisch.
Dunkel, düster und mit intensiven Schwarzteenuancen eröffnet Amoral und offenbart eine olfaktorische Seele, die finsterer kaum sein könnte. Doch bald schon zeigt sich ein Lichtlein in Form der Limette, deren säuerliche Zitrusfrische ein zartes Leuchten in die Komposition bringt. Feine Earl-Grey-Vibes duften mir entgegen, alsbald untermalt von würzigen Akzenten und einer fein-likörigen Pflaumensüße. Iris und Veilchen lenken die Kreation in pudrig-wildledrige Gefilde und übernehmen das Duftruder, ehe die rauchig-medizinischen Aspekte von Oud und Nagarmotha die olfaktorische Bühne betreten. Mit warmen und sanft-würzigen Holznuancen klingt der Duft allmählich aus. Amoral ist eine unglaublich facettenreiche Komposition, sehr komplex, ausdrucksstark und mit mannigfaltigen Nuancen spielend. Ein Extrait de Parfum mit spannendem Duftverlauf und mittlerer Präsenz, das ich an kühleren Tagen zu jeder Gelegenheit tragen würde. Ein grandioser Auftakt! 🖤
Mansa – Spendabler Luxus
Richtung Afrika reisen wir mit Mansa, zumindest was den Namen der Kreation betrifft. Denn dieser ist inspiriert von einem ehemaligen König von Mali, über den Ihr im folgenden Zitat noch so einiges erfahrt. Der Duft soll eine „olfaktorische Metapher für Reichtum und Großzügigkeit“ sein. Geschaffen wurde die Komposition aus den Ingredienzien Brombeere, Rosa Pfeffer, Iris, Adlerholz (Oud), Rose, Ambra, Johannisbeere, Safran, Patchouli, Heliotrop, Moos und Moschus, was unglaublich lecker klingt.
Mansa Musa war der Herrscher des Mali-Reiches im 13. Jahrhundert. Während seiner Herrschaft war Mali eines der reichsten Königreiche Afrikas und Mansa Musa gehörte zu den reichsten Menschen der Welt. Während seiner Pilgerreise nach Mekka baute er Moscheen, traf sich mit dem Sultan von Ägypten und gab so viel Gold aus, dass es zu einer 12-jährigen Goldinflation kam. Spanische Kartografen stellten Mansa Musa im Atlas dar, wie er auf einem Thron sitzt und einen Goldklumpen und einen goldenen Stab hält. Mansa bedeutet „König“ oder „Herrscher“ auf Maninka, der Familienname des Herrschers des Mali-Reiches.
Dunkle Beerennuancen, zwischen süß und säuerlich schwankend, vereinen sich im Auftakt von Mansa mit luzider Rosenkühle und feinster Iris, die mit holzig-ledrigem Oud eine verführerische Verbindung eingeht, die mir ausgesprochen gut gefällt. Beeren, Blüten und Adlerholz werden von warmer, samtiger Ambra untermalt und von feinstem Pfeffer akzentuiert. Die Frucht- und Blütensüße harmoniert hervorragend mit den ambriert-ledrigen und holzigen Facetten der Kreation. Im Ausklang kommen cremig-erdige Nuancen hinzu, die den Duft wunderschön abrunden. In sich sehr stimmig und elegant würde ich Mansa eher am Abend oder zum Ausgehen tragen. Toll für alle Fans von fruchtig-floralen und pudrig-holzigen Lederkreationen. Wunderschön! 🖤
Masar – Olfaktorische Selbstfindung
Yuzu, ozonische Noten, Zimt, Ambra, Labdanum (Zistrose), Nelke, Honig, Tabak, Vanille, Palisanderholz, Tonkabohne, Leder, Sandelholz und animalische Noten sind die Zutaten von Masar, dessen Flakon mit einer Libelle versehen ist. Der Duft ist der Herausforderung gewidmet, seine eigenen Träume und damit sich selbst zu verwirklichen.
Masar ist das Symbol für die Unabhängigkeit. Als Hommage an die Gründer Robin Dünner und Nico Mannino steht Masar für diese Idee, für den Wunsch, etwas wirklich Einzigartiges zu schaffen. Der Weg dorthin war mit Risiko, Stress und vielen Herausforderungen verbunden – man verlässt seine Komfortzone. Deshalb war es klar, dass der erste Duft aus dem Hause Pernoire die Persönlichkeit des selbstbewussten Unternehmers widerspiegeln musste.
Im Opening offenbart Masar würzig-frische und liebliche Nuancen dank ozonisch-zitrischer Luftigkeit, aromatischem Zimt und den süßen Nuancen von Labdanum, Honig und Tabak. Ein spannender Auftakt! Weiches Palisanderholz vereint sich im weiteren Verlauf mit den grünlichen Cumarinakzenten der Tonkabohne, feinstem Leder und der balsamischen Wärme von Sandelholz, abgerundet von animalischen Momenten. Eine Kreation für alle, die harzig-holzige Kompositionen mit honigsüßem Tabak, feinen Gewürzen und einer gewissen Portion animalischer Verruchtheit zu schätzen wissen. Eher für die kühlere Jahreszeit und besondere Anlässe oder den Abend geeignet, als für Büro und Alltag. Die Präsenz würde ich als mittel einstufen, die Haltbarkeit ist – wie bei allen bisher getesteten Kreationen – ausgezeichnet. 🖤
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