Gestern konntet Ihr in dem Beitrag Tomáš Ric von Pigmentarium im Interview – Nischendüfte aus Prag einen ersten Einblick in die einzigartige Welt des tschechischen Nischenduftlabels bekommen. Heute möchte ich mit der Rezension der Düfte von Pigmentarium loslegen. Sechs gibt es mittlerweile, allesamt mit durchaus ungewöhnlichen Namen versehen. Starten werden wir mit Ad Libitum, Erotikon und Genesis, morgen werden dann Paradiso, Murmur und Oratorio folgen.
Die Marke stammt aus Prag, das haben wir gestern schon erfahren. Die tschechische Hauptstadt hat einen großen Einfluss auf das Label und dessen Kreationen. So findet sich in nahezu jedem Eau de Parfum ein gewisser Bezug zu Prag und der tschechischen Heimat überhaupt. Doch möchte ich Euch nicht länger auf die Folter spannen und mich gleich den ersten drei Düften von Pigmentarium widmen.
Ad Libitum – nach Lust und Laune
Pigmentarium hat ein Faible fürs Lateinische, das spiegelt sich bereits in der Namensgebung der Marke selbst wider. Ad Libitum ist ebenfalls lateinisch und bedeutet übersetzt so viel wie „nach Herzenslust“, „nach Gutdünken“ oder „nach Belieben“. Es ist der die erste Duftkomposition des tschechischen Labels und wurde aus den Ingredienzien Mandarine, Bergamotte, Aldehyde, Zedernholz, Jasmin, Neroli, Eichenmoos, Moschus und Patchouli geschaffen.
Ad Libitum wurde von der funktionalistischen Architektur des Prags der 1920er Jahre inspiriert, wie sie von den berühmten Architekten Le Corbusier und Loos geprägt wurde.
Mit säuerlich-prickelnden Noten startet Ad Libitum, grünlich-herb und an Zitronen-schalen erinnernd, trocken, sehr luftig, leicht und transparent. Das Zedernholz schenkt dem Duft saubere und helle Holznoten, die sich den Hesperiden gegenüber recht devot verhalten. Die frisch-zitrischen Nuancen halten sich unglaublich lange in der Kreation, lassen Ad Libitum sommerlich, sonnig und auch ein wenig mediterran wirken. Jasmin und Neroli bringen subtile, cremig-florale Akzente in die Komposition, während Eichenmoos, Patchouli und Moschus der Basis sanft-erdige, holzige Facetten verleihen. Durchgängig sehr hell, transparent und zitrusfruchtbetont. 🍋✨
Erotikon – olfaktorische Lovestory
Ein ganz anderes Kaliber als der Hesperiden-Frischling Ad Libitum dürfte Erotikon sein. Inspiriert von einer melodramatischen, tschechischen Stummfilm-Romanze aus den 1920ern, die zur damaligen Zeit aufgrund ihrer Freizügigkeit und lasterhaften Thematik als anstößig eingestuft wurde, vereint das Eau de Parfum die Duftnoten Schokolade, Ingwer, Rosa Pfeffer, Vanille, Tonkabohne, Ambra, Moschus, Patchouli und Sandelholz. Es dürfte warm, würzig und gourmandig werden, absolut passend für einen trüb-kühlen Herbsttag wie heute.
Ein fesselnder Gourmandduft, inspiriert von dem berühmten (und seinerzeit skandalösen) Film Erotikon des tschechischen Regisseurs Gustav Machatý, der sich mit dem Thema unwiderstehliche Anziehung befasste. Ein Parfüm mit einer eleganten Entwicklung, großer Langlebigkeit und perfekt auf das Äußere abgestimmt. Sein Charakter variiert je nach Trägerin oder Träger.
Dunkel und von einer trockenen Pfefferschärfe geprägt, zeigt sich der Auftakt von Erotikon. Ingwer bringt einen Hauch zitrisch-frischer Noten in die Komposition, die der recht zartbitterschokoladigen Kopfnote etwas Helligkeit und Leichtigkeit einhaucht. Auch dieses Eau de Parfum wirkt sehr transparent und luftig. Eine wohldosierte Melange von scharfen Gewürzen und herbem Kakao, begleitet von vanillig-grünlicher Tonkabohne, pudrigem Moschus und der samtig-ambrierten Wärme von Sandelholz. Patchouli sorgt für erdig-cremige und holzige Momente, die dem Ausklang das gewisse Etwas verleihen. Ein leiser und subtiler Duft für die kühlere Jahreszeit.
Genesis – Pigmentariums Schöpfung
Lorbeer, Aldehyde, Verbena, Maiglöckchen, Apfel, Feigenblätter, Rosenholz, Moschus und Ambra sind die olfaktorischen Zutaten von Genesis, einem Duft, der sich namentlich dem altgriechischen Begriff der Schöpfung widmet. Man könnte meinen, man hätte es hier mit einer sakralen, Weihrauch-dominierten Kreation zu tun, doch huldigt das Eau de Parfum von Pigmentarium vielmehr der Farbe Grün, der Natur, der Pflanzenwelt.
Ein Duft, so erfrischend wie ein tiefer Atemzug im Schatten eines grünen Gartens. Inspiriert von einem Sommermorgen unter dichten Baumkronen, vom Zupfen der grünen Halme und von der fernen Meeresbrandung. Der meditative und zarte grüne Duft wurde als Gegenpol zur heißen Stadtsonne kreiert.
Sehr frisch, zitrisch und grünlich eröffnet Genesis von Pigmentarium, dazu offenbart auch diese Kreation die schon in Ad Libitum erschnupperte flirrende Luftigkeit und molekülige Transparenz, die ich den Aldehyden zuschreiben würde. Minzig-kühles Grün trifft auf sonniges Zitrusgelb, untermalt von hellen Maiglöckchen und holzigen Feigenblättern. Auch ein Hauch von säuerlichem Granny Smith nehme ich wahr. Abgesehen vom Zitronengelb atmet die Komposition wahrlich die Farbe Grün, frisch, mal mehr spritzig-fruchtig, mal eher blattsaftartig. Ein Eau de Parfum, das perfekt in die wärmere Jahreszeit passt und zu jeder Gelegenheit getragen werden kann. 🌿
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