Ein spannendes neues Dufthaus bereichert seit ein paar Wochen das Sortiment von Aus Liebe zum Duft, nämlich Versatile. Vor zwei Jahren gegründet, im Oktober 2021, hat sich die Marke von Coralie Frébourg dem Willen und dem Wunsch verschrieben, es anders zu machen als der Rest. Dies drückt sich bereits im Namen aus: Das französische Wort „versatile“ bedeutet auf Deutsch „unstet“ oder „wankelmütig“. Konventionelle Kompositionen, überhöhte Preise und typische Marketingstandards findet man bei dem jungen Label nicht.
Erinnerungen und Gegebenheiten aus dem realen Leben sind die Inspirationsquelle für die Kreationen von Versatile. Ein leckeres Frühstück, ein Tässchen Tee am Nachmittag, ein Kinobesuch oder der Kater nach einer durchfeierten Nacht, all dies und noch viel mehr brachte Coralie Frébourg auf die Idee für Kompositionen, die allesamt von Flair-Parfümeurinnen wie Anne-Sophie Behaghel, Amélie Bourgeois, Elia Chiche oder Camille Chemardin kreiert wurden.
Kurz und knapp: Versatile
Gründungsjahr und Gründerin habe ich Euch bereits genannt, im Folgenden möchte ich noch ein bisschen auf die Besonderheiten der Düfte eingehen. Die Kreationen werden in handlichen 15-ml-Flakons angeboten, können also problemlos in jeder Handtasche und jeder Jackentasche verstaut werden. Perfekt für alle, die viel unterwegs sind, die ihren Duft gerne jederzeit und überall auffrischen möchten.
Anders ist auch die Art des Auftragens, denn es handelt sich keineswegs um Sprühflakons, sondern um Roll-ons. Die Extraits de Parfum sind ohne Alkohol formuliert, sondern besitzen eine Basis aus Mandelöl und Weizenöl, die die Haut nicht austrocknet, sondern sie stattdessen zusätzlich nährt und hydratisiert. Aufgrund der besonderen Beschaffenheit auf Ölbasis sollten die Düfte auf ausschließlich auf die Haut aufgetragen werden und nicht etwa auf Kleidung.
Auch die Umwelt liegt der Marke Versatile am Herzen, so werden nachhaltige und recycelbare Materialien verwendet und die Düfte ausschließlich in Kleinserie in Europa produziert. Drei Prozent des Umsatzes spendet das französische Label an die Ruban Rose Association, die sich der Brustkrebsforschung verschrieben hat.
Culot Thé – Tea Time
Mit Culot Thé widmet sich Versatile einem köstlichen Tässchen Tee, das mit Sicherheit am Nachmittag genossen wird. Dazu ein, zwei Scones mit Clotted Cream und Marmelade oder andere Leckereien und ich bin dabei. Der Name des Extrait de Parfum lässt mich jedoch etwas ratlos zurück.
Mein Online-Wörterbuch des Vertrauens nennt mir die Übersetzung „Frechheit“ für das französische „Culot“ und auch ein „culotté“ gibt es (was ja exakt gleich ausgesprochen werden dürfte wie der Duftname Culot Thé), was dann folglich so viel bedeutet wie „frech, dreist und aufmüpfig“. Wie das wohl mit der von mir prophezeiten, englischen Teezeit und meinen süßen Clotted-Cream-Teilchen zusammenpasst?
Die Ingredienzien dieser von Anne-Sophie Behaghel entwickelten Komposition sind Bergamotte, Mandarine, Ingwer, Osmanthus und Weißer Tee. Der Pressetext nennt außerdem Wasabi und Knoblauch … was wirklich für eine aufmüpfige Komposition sprechen würde, von der ich mir noch nicht so ganz sicher bin, wohin die Reise heute geht.
Tea Time mit Versatile
Die ölige Konsistenz des Extraits unterscheidet sich deutlich von üblichen Parfums. Es lässt sich wunderbar auf der Haut verteilen, braucht allerdings etwas Zeit, um einzuziehen. Das sollte man definitiv berücksichtigen. Der Duft wirkt präsent, natürlich, kraftvoll und doch sanft. Ich nehme spritzig-herbe Zitrusfrüchte wahr, die mit grünlich-würzigen Noten – sind das Wasabi und Knofi? – einhergehen.
Die herben und etwas bitteren Nuancen von Grüntee (Weißer Tee ist ja nichts anderes) sind wahrnehmbar, ebenso wie cremige, zart-fruchtige Untertöne, die ich spontan dem Osmanthus zuschreiben würde. Die Komposition wirkt auf mich sehr dicht, sehr komplex, und besitzt auch etwas Dumpfes. Dies ist nicht negativ gemeint, sondern liegt vermutlich an der Ölbasis der Kreation und dem Fehlen von Alkohol, der einem Duft ja alleine schon durch die Verdunstung und das Sprühen eine gewisse Leichtigkeit verleiht.
Culot Thé ist für mich eine absolut spannende Komposition mit ungewöhnlichen Noten. Krautig, zitrisch, cremig und gleichzeitig auch herb anmutend bildet das Extrait de Parfum nicht nur einen gelungenen Auftakt, sondern macht auch Lust auf mehr. Eine Marke, die ihren Platz in der Nische absolut verdient hat, die tatsächlich etwas anders macht und mit Culot Thé einen zwar absolut tragbaren, alltags- und bürotauglichen Duft geschaffen hat, der aber dennoch ungewöhnlich, eigenwillig und markant ist. Ein Unisex-Teeduft mit mittlerer Präsenz und einer ausgezeichneten Haltbarkeit, der für mich eher in die wärmere Jahreszeit passt.
Croissant Café – Französisches Duftfrühstück
Von Tee gehen wir direkt zu Kaffee über. Croissant Café widmet sich einem leckeren französischen Frühstück, das bekanntlich ja aus einem Croissant und einem Café au Lait besteht. Aufgeschäumte, cremige Milch, herber Kaffee, dazu süße Teignuancen, buttrig, aber doch luftig. So und nicht anders stelle ich mir das Extrait de Parfum vor.
Geschaffen von Elia Chiche vereint Croissant Café die Ingredienzien Kaffee, Mandel und Gourmand-Noten. Das ist nicht viel, aber insbesondere Letzteres kann ja gleich eine Vielzahl von kulinarischen Köstlichkeiten umfassen. Ich freue mich speziell auf den Kaffee, denn diese Zutat findet man nicht allzu häufig in Duftkompositionen und wenn, dann oftmals nur in untermalender Funktion.
Hier erhoffe ich mir aber eine üppige Kaffeenote, die deutlich wahrnehmbar ist und die – im besten Falle – die besonderen Facetten des schwarzen Heißgetränks auf wunderschöne Art und Weise olfaktorisch widerspiegelt.
So kann der Tag beginnen
Sehr warm, dunkel und süßlich wirkt Croissant Café von Anfang an. Wir nehmen unser französisches Frühstück in einer leisen Ecke in einem Café ein, auf schwarzen Kaffeehausmöbeln. Das Licht ist gedimmt. Die herben, zart-bitteren und schwarzen Nuancen von geröstetem Kaffee treffen auf liebliche Teignoten, zuckrig und auch ein wenig rauchig.
Keine klebrig-süße Gourmandbombe, sondern ein wohldosiertes Duftnaschwerk. Die Mandel bringt cremige, dezent an Marzipan erinnernde Akzente in die Kreation, was die einzigartige Stimmung von Croissant Café wunderschön unterstreicht. Auch diese Komposition empfinde ich als sehr dicht, komplex und gleichzeitig ausdrucksstark.
Croissant Café vereint für mich die cremig-sanften Nuancen eines Milchkaffees mit lieblichem Mandelgebäck. Leise, kontemplativ und ruhig ist die Kreation, von mittlerer Präsenz, jedoch aufgrund des öligen Extraits doch eher hautnah wirkend. Dafür ist die Haltbarkeit wie schon bei Culot Thé ausgezeichnet. Ein wunderschöner Gourmand-Duft, der für mich ausgezeichnet in die kühlere Jahreszeit passt. Perfekt für all jene, die zurückhaltende, fein ausbalancierte und gourmandig-süße Kompositionen bevorzugen, die zu jeder Gelegenheit getragen werden können. Richtig toll gemacht und absolut köstlich!
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