Zwei Samples von Pierre Guillaume liegen in meiner To-review-Box, nämlich der jüngst lancierte Tigre d’Eau No. 22.1 und Dialogue with Venus. Da die Marke in meinen Augen ein Garant für superschöne Duftkompositionen ist, möchte ich mich den beiden Kreationen gleich heute zuwenden. Ob die beiden wohl in das momentan hier im Norden vorherrschende Herbstwetter passen werden? Süddeutschland soll ja die Tage nochmal richtig warm werden, an die 30 C° hat die Wettervorhersage erst prophezeit. Davon sind wir hier an der Ostseeküste weit entfernt, mir wäre es daher eigentlich nach einem oder zwei kuscheligen Wohlfühldüften. Mal sehen, ob mich unsere beiden heutigen Kandidaten olfaktorisch erwärmen werden.
Pierre Guillaume – die Kollektionen
Nun gehören die beiden Düfte unterschiedlichen Kollektionen an und von diesen hat Pierre Guillaume so einige. Absolut bekannt ist die mit Nummern versehene Paris Collection, zu der auch Tigre d’Eau No. 22.1 gehört. Auch wenn ich es sonst gerne eher chaotisch zugehen lasse, liebe ich ja solch durchstrukturierte Linien, auch ein Grund, weshalb ich die Paris Collection ins Herz geschlossen habe.
Darüber hinaus umfasst die Kollektion aber auch eine Vielzahl hervorragend komponierter Düfte, von denen ich gerne zwei etwas ältere Kreationen wieder in Erinnerung rufen würde, die mich absolut begeistert haben: Musc Maori No. 4 und Harmattan Noir No. 11.
Dann gibt es noch die Black Collection mit tiefschwarzen, geheimnisvollen Flakons und die Cruise Collection, die in kräftiges Türkisblau getaucht ist. Abschließend gibt es noch die White Collection, deren Farbe sich im Namen erklärt und zu der auch der Duft Dialogue with Venus gehört.
Tigre d’Eau No. 22.1
Der Name Tigre d’Eau geht zurück auf das Jahr 2022, welches im chinesischen Kalender das Jahr des Tigers war. Der Raubkatze stand das Element Wasser bei, was den Namen Wasser-Tiger bzw. Tigre d’Eau schnell erklärt. Es soll eine Kreation aus der Familie der Fougère-Düfte sein, die für ihre grünlich-waldigen und herben, oftmals maskulinen Kompositionen bekannt ist, doch hoffe ich schwer, dass in dem Eau de Toilette das besagte Wasserelement in irgendeiner Form wahrnehmbar ist.
Die beigefügte Nummer 22.1 macht schnell klar, dass es sich bei dem Duft um die erste Variante der No. 22 handeln muss. Und was genau ist diese Nummer Zweiundzwanzig? Djhenné No. 22 stammt aus dem Jahre 2012 und widmet sich der gleichnamigen Stadt im westafrikanischen Mali. Auf einer Erhöhung inmitten des Nigerbinnendeltas liegend, gelangt man zur Zeit von Hochwasser nur mithilfe einer Fähre nach Djenné. Die besondere Lage macht die Stadt zu einer durchgrünten Oase, was auch die Inspiration für die No. 22 war.
Nach der ambrierten Version von Djhenné 22 ist Tigre d’Eau 22.1 der zweite Duft zum Thema „Fougère“ von Pierre Guillaume, der sich von den Klischees dieser Duftfamilie befreit. Die erwartete Kraft und Frische nimmt eine pflanzliche Form an, ein vitaler Saft, süß und salzig, zwischen Noten von Chlorophyll und einer köstlichen Verbindung von Zitrusfrüchten, Gewürzen und Balsam.
Parfümeur Pierre Guillaume verwendete für Tigre d’Eau No. 22.1 die Ingredienzien Rosa Pfeffer, Kokosnuss, Pink Grapefruit, Blattgrün, Tonkabohne, Salzige Noten und Karamell, was für mich nach einer absolut spannenden Mischung klingt, die nicht zu düsterwaldig werden dürfte.
Im Bann des Wasser-Tigers – Tigre d’Eau No. 22.1
Aquatisch, asiatisch und herrlich erfrischend wirkt der Auftakt von Tigre d’Eau. Grapefruit schenkt herb-spritzige Akzente, die von einer zarten Pfefferschärfe und den sanft-fließenden, dezent-tropisch anmutenden Nuancen von Kokoswasser begleitet werden. Das Blattgrün (eventuell von Bambus) strahlt, ist hell, luzide und geht mit den bereits erschnupperbaren Noten eine überaus stimmige Melange ein. Hier herrscht Harmonie pur!
Die Tonkabohne unterstreicht die grünliche Färbung des Eau de Toilette mit feinsten Cumarinanklängen, die nach und nach wärmer und weicher werden. Auf leisen Sohlen schleichen sich die gourmandigen Akzente von köstlichstem und vanillig angehauchtem Salzkaramell in die Kreation, das die Basis zu einem wahren Fest für Schleckermäulchen macht.
Mit Tigre d’Eau No. 22.1 verwöhnt uns Pierre Guillaume mit einem herrlichen und facettenreichen Duft, der zunächst vitalisierend-aquatisch und grünlich-luzide ist und später gourmandig-warme Noten würzigen Salzkaramells aufweist. Ein spannender Duftverlauf, der mir absolut gefällt und der den Duft jahreszeitlich unabhängig macht. Tragen kann man das Eau de Toilette zu jeder Gelegenheit. Erwähnenswert ist die wunderbare Haltbarkeit bei mittlerer Präsenz. Eine ruhige und kontemplativ anmutende Kreation, die sicherlich viele Freunde finden wird.
Dialogue with Venus
Ein bisschen überrascht mit der englische Name des Eau de Parfum, denn gewöhnlich kenne ich von Pierre Guillaume eher französische Bezeichnungen. Doch zwischendrin taucht auch immer mal wieder ein englischer Duftname auf, wie ein Blick ins Portfolio bei Aus Liebe zum Duft offenbart. Dialogue with Venus gehört zur White Kollektion, ist also unbenummert und in einer Kombination aus Weiß und Silber gehalten.
Als Inspirationsquelle diente eine Fotografie von Helmut Newton, der in den 1970ern die englische Schauspielerin Charlotte Rampling lasziv und lässig in einem Pelzmantel ablichtete. Als Venus im Pelz bekannt, scheint die Fotografie bei Pierre Guillaume nachhaltigen Eindruck hinterlassen zu haben. Der verführerischen Femme Fatale huldigt er mit den Ingredienzien Vanille, maritime Noten, Ylang-Ylang, Pfirsich, Sandelholz und weißer Moschus.
Dialogue with Venus: eine sonnige, exotisch-blumige Duftkomposition. Dialogue with Venus beginnt mit einem weißen Blütenakkord, der an die luxuriöse und überschwängliche Weiblichkeit der 70er Jahre erinnert, während seine fruchtige, seidige und sonnige Vanille nach den Codes des Hauses Pierre Guillaume Paris veredelt wurde. Subtile exotische Aromen durchströmen diese blumige Melodie wie ein Wind der Freiheit und vermitteln ein verschmitztes und sexy „je-ne-sais-quoi“, einen lässigen Charme.
Im Bann der Venus
Luftig und leicht, strahlend und hell, so zeigt sich der Auftakt von Dialogue with Venus dank sanft-lieblicher Vanillenuancen, die sich ozonisch-aquatischen Anklängen und tropischem Ylang-Ylang vereinen. Ich nehme starke Aldehyd-Vibes wahr, fruchtig, molekülig und kokosnussmilchig, die schwer greifbar wirken und so die Transparenz der Kreation unterstreichen. Die gesamte Komposition ist überraschend unsüß, was ich so nicht erwartet hätte.
Den Pfirsich erschnuppere ich als solches nicht heraus, jedoch besitzt das Eau de Parfum einen samtig-weichen Unterton, der von strahlend hellem Moschuspuder akzentuiert wird. Die Komposition verbleibt in diesem hellen, milchigen und cremigen Zustand, ehe sie nach und nach ganz allmählich ausklingt.
Die Farbe Weiß ist Programm bei Dialogue with Venus: ein luzider und cremig-pudriger Duft mit ozonisch-flirrenden Kokosnussaldehyden, der supersommerlich, luftig und leicht ist und in mir akute Urlaubsgelüste auslöst. Richtung Süden muss es gehen, in die Sonne, vielleicht sogar in die Tropen. Perfekt für alle, die transparente, dezent exotische und von der Farbe Weiß inspirierten Kompositionen lieben. Absolut alltags- und bürotauglich und trotz seiner sommerlichen Noten eigentlich auch ganzjährig tragbar. Ein Traum in Weiß! 🤍
Schreibe den ersten Kommentar