Den dritten Duft von Tom Fords jüngstem Kirschtriptychon bin ich Euch noch schuldig. Electric Cherry liegt nun testbereit vor mir und praktischerweise trudelte vor ein paar Tagen ein weiterer wirklich brandneuer Ford-Duft bei mir ein, nämlich Soleil de Feu. Was liegt da näher als, dass diese beiden Kreationen in meinem heutigen Beitrag zusammenfinden, auf dass sie miteinander glücklich werden. ❤
Und so schließt Electric Cherry den Reigen der Fordschen Kirschdüfte, von denen in Euch Lost Cherry und Cherry Smoke ja bereits in meinem Valentinstagsbeitrag von Mitte Februar vorgestellt habe (nachzulesen hier). Auch Soleil de Feu bildet den Abschluss eines Trios rund um das Thema Soleil, also Sonne, und zwar nach Soleil Blanc und Soleil Neige, die aber beide ihren Weg ins Duft-Tagebuch irgendwie noch nicht gefunden zu haben scheinen. Das sollte ich wohl mal noch nachholen.
Electric Cherry – Kirsche unter Strom
Kirsche ist aktuell absolut hip und angesagt im Nischenduftsegment, wie man anhand der zahlreichen Kirschkreationen – etwa Indecent Cherry von BORNTOSTANDOUT, Wet Cherry Liquor von Bohoboco, Cherry Punk von Room 1015 uvm. – sehen kann, die seit einigen Monaten den Markt nahezu fluten.
Tom Ford war mit dem 2018 lancierten Lost Cherry sozusagen ein olfaktorischer Vorreiter dieser Welle. Zur verlorenen Kirsche gesellten sich 2023 Cherry Smoke und nun eben Electric Cherry, der mit den Duftnoten Kirsche, Ingwer, Jasmin, Rosa Pfeffer und Moschus das Dreierlei an Kirschdüften sicherlich gekonnt abrundet.
Der Kirschduft Electric Cherry soll sich um die Schattenmorelle drehen – im Pressetext von Tom Ford deutlich vornehmer Morello-Kirsche genannt –, eine große, dunkelrot, fast schwarz-rote Sauerkirsche, die kulinarisch besonders gerne genutzt wird. Als Füllung von Pralinen wird die Schattenmorelle ebenso verwendet wie für Marmelade, Obstbrand oder die international bekannten und gerne verspeisten Schwarzwälder-Kirsch-Torten. 🍒
Kirsche No.3 – Electric Cherry
Ingwer lässt den Auftakt von Electric Cherry dank seiner zitrisch-schillernden und dezent-scharfen Nuancen strahlen, die auch ein wenig prickelnd wirken. Bald schon gesellt sich die Kirsche hinzu. Nicht allzu säuerlich ist die rote Steinfrucht, sondern vielmehr süß, saftig und durchaus üppig. Kirsche und Ingwer passen hervorragend zueinander, das hatte ich bisher als Kombination noch gar nicht so auf dem Schirm.
Hinzu kommen schon früh im Duftverlauf die luftig-kristallinen Pudernoten von Moschus, die dem Duft Transparenz und Leichtigkeit verleihen und einen spannenden Konterpart zu den cremigen Blütennuancen des Jasmins darstellen. Diese Melange wirkt fast so, als hätten wir es mit einem Kirschblütenduft zu tun, wenn auch von deutlichen Fruchtnoten geprägt. Eine süße und köstliche Kirschverführung, die in einer Basis aus Moschuspuder und Jasmincreme sanft ausklingt.
Electric Cherry ist der pudrig-cremige Duft im Kirschtrio von Tom Ford. Nicht so quirlig wie Lost Cherry, nicht so dunkel und rauchig-ledrig-würzig wie Cherry Smoke, sondern vielmehr ein absolut alltags- und bürotauglicher, unkomplizierter Kirschduft mit floralen Facetten. Eine Kreation, die das Dreierlei gekonnt abrundet und die für mich perfekt die wärmere Jahreszeit passt. Feminin, jugendlich und auch ein bisschen keck ist Electric Cherry ein rundum gelungenes süßes Früchtchen. 🍒
Soleil de Feu – Feuersonne
Das Bild zum Duft Soleil de Feu zeigt vermutlich auch gleich – prominent positioniert – die Protagonistin der Komposition aus dem Hause Tom Ford: die Tuberose dürfte in diesem Eau de Parfum die zentrale Rolle einnehmen, würde ich mal so annehmen. Keine einfache Blüte, das muss man so sagen. Sie ist oftmals kapriziös, anspruchsvoll, fordernd. Kann aber auch sanftmütig, fragil, fast schon ätherisch wirken. Es ist eine Blüte, die die Gemüter spaltet und manch einer liebt, während sie der andere überhaupt nicht riechen kann.
Auch ich selbst habe ein zwiespältiges Verhältnis zu der auch als Nachthyazinthe bezeichneten Blume, die wunderschön anzusehen ist, keine Frage, deren Duft mir jedoch oft zu viel wird. Dabei gibt es durchaus Tuberosendüfte, die ich wirklich gerne mag und die mir gezeigt haben, dass es eben solche und solche Interpretationen der Blüte gibt. Ich bin sehr gespannt, in welcher Art und Weise sich Soleil de Feu präsentieren wird.
Der Name Soleil de Feu, also „Feuersonne“, lässt auf eine eher opulente Kreation schließen, die sich auf eine untergehende Sonne über dem Meer beziehen soll. Die Duftnoten bin ich Euch noch schuldig und diese sind überraschend schnell aufgezählt: Tuberose, Ambra und Sandelholz.
Wie duftet Soleil de Feu?
Soleil de Feu beginnt mit etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hätte: mit Gewürzen. Zimt und Kardamom schnuppere ich heraus, die dem Eau de Parfum warme, dezent-rauchige Facetten verleihen. Ein Hauch trockene Pfefferschärfe nehme ich subtil ebenfalls wahr. Im Hintergrund breiten sich langsam und allmählich die überaus samtig-weichen und cremigen Noten von Sandelholz aus, die sich wunderschön an die Gewürze schmiegen. All dies ist keineswegs opulent, sondern vielmehr fein ausbalanciert, eher transparent und zurückhaltend.
Dieser Duftverlauf überrascht mich wirklich, hätte ich doch etwas ganz anderes erwartet. Wo ist sie denn nun, die von mir und dem Pressefoto so großspurig angekündigte Tuberose? Die Diva lässt auf sich warten. Erst vernehme ich die sanft ledrigen Nuancen der Ambra, die sich allmählich und auf leisen Sohlen in die Kreation schleichen. Erst sehr, sehr spät im Duftverlauf zeigen sich sanft-florale und cremige Noten, die sich überaus harmonisch in das Eau de Parfum einfügen.
Soleil de Feu ist ein Tuberosenduft, der keiner ist. Da war ich wohl etwas zu voreilig bzw. das Pressefoto zu irreführend. Hauptdarsteller dieses Eau de Parfum aus dem Hause Tom Ford ist in erster Linie das Sandelholz – ein wunderschönes Exemplar, das muss man ihm lassen – gefolgt von aromatischen Gewürzen und feinster Ambra. Blütennuancen nehme ich im Hintergrund als cremige Untermalung wahr, dass es sich hierbei um Tuberosen handeln soll, das kann ich nicht herausschnuppern. Auch wenn Soleil de Feu nicht das ist, was ich erwartet hatte, ist es ein richtig schöner und würzig-cremiger Sandelholzduft, der sicherlich vielen gefallen wird. Ganzjährig und zu jeder Gelegenheit tragbar. ❤
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