Interview mit Jun Lim von BORNTOSTANDOUT – Koreanische Duftkunst

An den letzten beiden Tagen habe ich Euch ja bereits fünf Düfte der Marke BORNTOSTANDOUT vorgestellt (nachzulesen hier und hier) und auch schon ein klein wenig über das Dufthaus selbst erzählt. Wie angekündigt war ein Interview mit dem Markengründer Jun Lim in Vorbereitung und nun habe ich die Antworten auf meine Fragen zurückbekommen. Daher möchte ich heute einen Tag mit den Duftrezensionen pausieren und Euch unser Q&A – sozusagen druckfrisch – präsentieren. 🎤 Bleibt mir nun noch zu sagen …

Herzlich willkommen im Duft-Tagebuch: Jun Lim! ☺️

Jun Lim, Gründer von BORNTOSTANDOUT
Jun Lim, Gründer von BORNTOSTANDOUT

Lieber Jun, kannst Du uns ein bisschen zu der Marke BORNTOSTANDOUT erzählen und darüber, wie alles begann?

BORNTOSTANDOUT ist eine verrückte Parfummarke aus Korea, die gegen das „Normale“ rebelliert und das „Unanständige“ in Dir befreit. Unsere Düfte sind, wie wir es nennen, anstößig, klebrig und dekadent. Es ist eine Serie von anrüchigen Hautdüften.

Ich habe das Unternehmen 2020 gegründet und die Marke 2022 auf den Markt gebracht. Es hat Jahre gedauert, bis die Rezeptur der Düfte fertig war. Es war mir wichtig, eine außergewöhnliche Marke zu schaffen, die zeigt, wer ich bin: ein Bohemien, der schöne Düfte liebt. Ich glaube daran, dass eine tägliche Dosis des richtigen Parfums ausreicht, um den Gemütszustand der Menschen zu verändern, so wie es bei mir der Fall war. So wurde BORNTOSTANDOUT® geboren, als sich Leidenschaft, Liebe und mein Charakter miteinander verbanden.

Kannst Du uns auch ein wenig über Dich selbst und Deine Karriere erzählen?

Ich wurde als Bohemien geboren und versuchte, alles um mich herum schön zu gestalten und ein freies Leben zu führen. Ironischerweise war ich Investmentbanker, galt aber als sozialer Außenseiter, als Verrückter oder Exzentriker – irgendwas in diese Richtung, aus der Sicht der „normalen“ Menschen.

Aber ich finde, außergewöhnlich zu sein ist besser, als perfekt zu sein.

BORNTOSTANDOUT – Indecent Cherry
Indecent Cherry von Facebook

Wie bist Du selbst in der Welt der Parfümerie gelandet und hast schließlich angefangen, eigene Düfte zu entwerfen?

Das war definitiv keine rationale Entscheidung auf der Basis von Risiko und Nutzen. Es war eine Herausforderung und ein persönliches Ziel. Es gab unendlich viele Hindernisse, bis wir uns schließlich der Welt präsentieren konnten.

Historisch gesehen waren die einheimischen Parfummarken (Anm. d. Red.: in Korea) immer sehr viel schlechter als die der westlichen Welt. Es gab so gut wie keine Nachfrage, es sei denn, es handelte sich um ein billiges Imitat der Bestseller der großen Markenhersteller.

Gleichzeitig verfügt unsere Kosmetikindustrie, obwohl sie im Bereich Hautpflege und dekorative Kosmetik hervorragend ist, über eine sehr schlechte Infrastruktur für die Parfümherstellung – die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie für die Produktion waren für mich, wie auch für die meisten unserer lokalen Partner, extrem hoch.

Was möchtest Du mit dem Namen Deines Labels ausdrücken?

Rebelliert gegen das „Normale“ und verwirkliche Deine Wünsche. Ihr seid geboren, um euch abzuheben. Vor allem dort, wo wir herkommen: In Ostasien, wird man nicht in seiner Individualität akzeptiert. Die Gesellschaft zwingt einen dazu, sich selbst einzusperren und sich selbst zu beschränken.

BORNTOSTANDOUT – Unholy Oud
Unholy Oud von Facebook

Was ist das Besondere an Deiner Marke und Deinen Düften? Was macht beides einzigartig?

Puh, da gäbe es echt viel zu viel darüber zu erzählen. Aber ich denke, das Wichtigste sind unsere visuellen Darstellungen und der Duft, was beides die Säulen unserer Marke sind.

Jede visuelle Kommunikation unserer Marke ist mutig, kühn und unverfälscht. Wir verwenden in unseren visuellen Kampagnen niemals das Gesicht einer Person, da wir der Meinung sind, dass dies die Bedeutung der Marke verwässert. Wir scheren uns nicht um „Influencer“ und ihre Posts. Es ist uns egal, was alle anderen machen. Wir sind einzigartig.

Unser Duft, unser Juice ist außergewöhnlich. Er ist intuitiv. Er ist unanständig, klebrig und dekadent. Mit wenigen Ausnahmen platzieren wir unsere Düfte zwischen sanft-orientalisch und Gourmand, so als ob es der eigene Hautduft wäre, der in den intimsten Momenten verstärkt wird. Bei der Entwicklung unserer Düfte orientieren wir uns nicht an Standards und verwenden überwiegend Ingredienzien und Kombinationen, die in westlichen Parfümerien nicht oft verwendet werden.

Wie würdest Du den Parfummarkt in Korea beschreiben? Mögen die Koreaner Nischendüfte?

Die Nachfrage nach Nischendüften hat in den letzten fünf Jahren explosionsartig zugenommen – aber die großen Kaufhausmarken, wie Diptyque, BYREDO, Jo Malone oder Santa Maria Novella, haben einen großen Anteil, weil die einheimischen Verbraucher Marken bevorzugen, die auf dem europäischen Markt bereits gut etabliert und bewährt sind.

Bei den meistverkauften Produkten zeigt sich, dass die Mehrheit der einheimischen Verbraucher Düfte mit schwacher Sillage mag – seifig, zart blumig und fruchtig. Die Nachfrage nach holzigen und orientalischen Düften hat jedoch in den letzten Jahren an Popularität gewonnen, obwohl sie immer noch eine Nische darstellen.

BORNTOSTANDOUT – Naked Neroli
Naked Neroli von Facebook

Du hast das erste koreanische Nischenduftlabel gegründet. Wie reagieren die Koreaner auf Dein Dufthaus und die Düfte?

Mit Ehrfurcht, natürlich. Unser Konzept, unsere Philosophie, unsere Optik, der Umfang der Investitionen in die Produkte und unser Flagshipstore haben die lokale Kosmetikindustrie schockiert. Die meisten bezeichneten uns als verrückt, was zu erwarten war.

In der Vergangenheit haben lokale Parfümmarken entweder 1) gut gestaltete Kopien von Trenddüften zu einem attraktiven Preis verkauft oder 2) ein anspruchsvolles „Made in France“-Label (das aber nie in Frankreich verkauft wurde) produziert, vermarktet und zu einem niedrigen Preis verkauft. Und für alle Kosmetikmarken ist der extensive und aggressive Einsatz von Influencern und Prominenten im Marketing üblich, was für uns irrelevant war.

Trotzdem ist unser letzter monatlicher Umsatz um das 20-fache im Vergleich zu vor einem Jahr gestiegen. In so kurzer Zeit haben wir uns eine starke Fangemeinde aufgebaut, die sich sehr für unsere Produkte interessiert. Wenn 100 Leute im Raum wären, ist es unsere Strategie, einen Kult-Fan zu gewinnen und nicht die 99 Mittelmäßigen.

Deine Parfums wirken recht rebellisch, woher nimmst Du Deine Inspirationen?

Die Inspiration kommt von überall her – aus meinem persönlichen Leben, dem Lebensstil, Orten und Erinnerungen. Aber am meisten inspiriert mich die Liebe und ihre Abwesenheit.

BORNTOSTANDOUT – Burnt Roses
Burnt Roses von Facebook

Wenn Du neue Düfte kreierst, hast Du dann schon eine bestimmte Duftnote bzw. ein bestimmtes Thema im Kopf, das im Mittelpunkt stehen soll?

Ja, meistens schon. Ich habe das Thema, die Noten und den Kick schon im Kopf, wenn ich das Briefing schreibe und mit den Parfümeuren diskutiere.

Inwieweit bist Du an der Kreation der Düfte beteiligt?

Mit Ausnahme der technischen Bereiche bin ich an allen Aspekten beteiligt, von der ersten Idee bis zur Fertigstellung.

BTSO ist bereits in Nordamerika und Europa erhältlich. Gibt es Unterschiede zwischen den Duftvorlieben auf dem internationalen Markt, also je nach Land oder Kontinent unterschiedliche Bestseller? Oder ist es zu früh, um darüber etwas zu sagen?

Drunk Saffron ist (mit Abstand) unser Bestseller in den USA, gefolgt von Indecent Cherry und Mud – alles Düfte, die eher in Richtung Gourmand gehen. Wir haben gerade erst mit dem Vertrieb in Europa begonnen, daher ist es vielleicht noch zu früh, etwas über diese Region zu sagen.

Hast Du einen Lieblingsduft innerhalb der Kollektion? Welcher war die größte Herausforderung bei der Entwicklung?

Dirty Rice ist mein Lieblingsduft, aber war auch die schwierigste Kreation von allen, was die Entwicklung angeht. Die Kombination von Ingredienzien, die von Natur aus eine schwache Sillage haben, und das Hinzufügen des „Kicks“.

BORNTOSTANDOUT – Drunk Saffron
Drunk Saffron von Facebook

Wenn Du an Deine Kindheit denkst, gibt es da einen besonderen Duft, der Dir in den Sinn kommt?

Klasse 9. Blue Jeans von Versace, gekauft in einem Discount-Parfumladen in der Innenstadt von Toronto. Ich besitze es immer noch, ein Klassiker für mich. Der erfrischende Ausbruch von Bergamotte gab mir das Gefühl, die Welt an der Angel zu haben! Es ist immer noch der Duft meines Lebens.

Was können wir von BTSO in Zukunft erwarten?

Mindestens 2-3 Neuerscheinungen im EdP-Bereich. Wir sind ständig auf der Suche nach dem nächsten Nischenduft. In der Zwischenzeit wird auch eine höher dosierte Extrait-Linie entwickelt, mit neuem Flakon und neuer Verpackung.

Angenehm für das Auge, angenehm für die Nase, immer. Das sind die Worte, nach denen ich die Marke lebe: „Niemals perfekt. Immer unverfälscht.“

Lieber Jun, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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