Mir ist etwas nach Frühling nach der langen Zeit des grauen und tristen Winterwetters und da kommt mir der leuchtend rote Flakon von Ella Ks neuster Kreation Camélia K genau recht. Versprechen mir Optik und Name doch bereits eine gut gelaunte und fruchtig-blumige Komposition, bei deren Rezension ich leises Vogelgezwitscher und sanfte Sonnenstrahlen wahrzunehmen erhoffe – natürlich rein imaginär, denn nach einem durchaus frühlingshaft angehauchten Tag gestern bin ich heute früh wieder auf dem Boden der meteorologischen Realität angekommen und dies bedeutet: grau und trüb, Sturm und Regen. Wer von Euch bietet mehr?
Kurz und knapp: Ella K
Die Marke Ella K mag manchen von Euch ein Begriff sein, anderen dagegen möglicherweise nicht. Daher noch kurz ein paar Worte vorab zu dem Dufthaus, das 2017 von der Parfümeurin Sonia Constant gegründet wurde. Constant besuchte die berühmte Parfumschule ISIPCA, später lernte und arbeitete sie bei Givaudan und kreierte seither zahlreiche Duftschätze, wie etwa Ombré Leather, Noir Extreme und Noir pour Femme von Tom Ford oder Cuirs und Rima XI für Carner Barcelona. Doch auch für Les Liquides Imaginaires, Van Cleef & Arpels, Gaultier, Narciso Rodriguez, Mugler, Valentino u.v.m. war sie tätig.
Ihre eigene Marke widmet Sonia Constant starken Frauen wie den Reiseschriftstellerinnen Ella Maillart und Alexandra David-Néel, die Anfang des 20. Jahrhunderts alleine die Welt bereisten. Aber auch Karen Blixen, die durch ihren Roman „Jenseits von Afrika“ über ihr Leben als Kaffeefarmerin in Kenia berühmt geworden war, war für die Parfümeurin eine Inspirationsquelle. Die Liebe zum Reisen verbindet die Frauen, denn auch Sonia Constant ist gerne in der Welt unterwegs und holt sich hier Ideen und Impulse für neue Kreationen.
Und so verwundert es nicht, dass die Düfte der Marke Ella K uns in entlegenste Ecken der Erde bringen, für uns eventuell neue olfaktorische Kontinente erschließen und damit ihren ganz eigenen Charme, ihren eigenen Reiz haben. Die goldene und wunderschöne Leather Collection, über mediterrane bzw. nordafrikanische Wüstenwinde etwa, die ich Euch hier vorgestellt habe.
Auch über Rose de Pushkar habe ich bereits einen Beitrag geschrieben (nachzulesen hier), der von Indien inspiriert ist. Italien und Namibia waren ebenso Reiseziele im Ella Kschen Duftexpress, doch eine besondere Liebe scheint Constant zu Asien entwickelt zu haben, denn eine durchaus ansehnliche Anzahl von Parfums wurde von verschiedenen Regionen, Ländern und Landschaften des östlichen Erdteils beeinflusst.
Camélia K – Kamelienblüte in Vietnam
Eine eben jener Reisen Richtung Asien führte Sonia Constant wohl ins ferne Vietnam, genauer die Region um Sapa im Norden des Landes. Auf über 1500 Höhenmetern wird dort in einer malerischen, in Terrassen angelegten Landschaft Reis angebaut. Außerdem wachsen hier wohl – neben zahlreichen anderen Pflanzen – Kamelien. Ein blutrotes Exemplar des wunderhübschen Teestrauchgewächses muss an einem frühen Morgen die Aufmerksamkeit von Madame Constant auf sich gezogen haben.
Ein strahlender Sommermorgen im Sapa-Tal, Vietnam, wo der Morgentau auf den Blumen liegt und die Sonne durch die Blätter dringt. Ein einzigartiger und magischer Moment, um die herrliche Natur zu bewundern. Mein Blick blieb an einer wilden roten Camélia (Kamelie) mit ihren scharlachroten Blütenblättern hängen, ich war überwältigt …
Den Duft zur Blüte erschuf Sonia Constant aus den Ingredienzien Bergamotte, Ingwer, Drachenfrucht (Pitaya), Kamelie, Orangenblüte, Jasmin, Tonkabohne, Vanille, Patchouli und Vetiver. Insbesondere die Drachenfrucht finde ich spannend in diesem Zusammenhang, denn das Früchtchen ist ja bezaubernd anzusehen und damit unglaublich dekorativ. Geschmacklich empfand ich die Pitahayas nun nicht unbedingt als Offenbarung, aber das mag eventuell auch an der Sorte – die mit hellem Fruchtfleisch sind etwas fader – gelegen haben oder daran, dass ich sie eben nur aus dem Supermarkt kenne und niemals richtig reif geerntet gegessen habe.
Duft der roten Kamelie
Süß-säuerlich und überaus fruchtig zeigt sich der Auftakt von Camélia K, alsbald begleitet von fein-pudrigen Blütennoten, die deutliche Jasmin- wie auch Orangenblütenzüge in sich tragen. Einen Hauch von Bubblegumflair verströmen die Weißblüher, die zu Beginn noch von einer zitrisch-frischen Fruchtigkeit untermalt sind. Doch nach und nach bleiben die Blüten sich selbst überlassen und scheinen dies auch durchaus zu genießen.
In trauter Runde besänftigen sich die floralen Nuancen. Die Bubblegumakzente verschwinden langsam, dafür zeigt sich eine zarte Orangencremigkeit, zu der sich allmählich die Basisnoten gesellen. Tonkabohne und Vanille verleihen der Kreation sanfte Gewürzfacetten, während Patchouli und Vetiver dezent erdige Holznoten mit ins Spiel bringen.
Camélia K ist ein harmonisch ausbalancierter, pudriger Blütenduft mit starken Jasmin- und Orangenblütenakzenten, einem frisch-fruchtigen Auftakt und einem würzig-lieblichen und herrlich cremigen Ausklang. Sehr klassisch, kontemplativ und – auch ohne Bambus- und Grünteebeteiligung – durchaus asiatisch angehaucht. Die hellen und wunderbar feinpudrigen Noten erinnern mich an einen olfaktorischen Zen-Garten, in welchem ich leise und in mir ruhend mit meiner imaginären Harke meine Muster ziehe. Tendenziell würde ich die Kreation eher an der Damenwelt sehen, dafür ist der Duft in Büro und Alltag ebenso tragbar wie zum Date am Abend. ☺️
Schreibe den ersten Kommentar