Gestern bereits habe ich Euch von meinem erlebnisreichen Tag beim Goutal Relaunch in Paris berichtet (nachzulesen hier). Heute möchte ich Euch das Interview präsentieren, das ich dort mit Camille Goutal führen durfte. Das Video von uns hat Henrike Wode vom Vertrieb Albrecht & Dill aufgenommen und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! ❤️
Liebe Camille, herzlich willkommen im Duft-Tagebuch! ☺️ Kannst Du uns sagen, was für Dich den Anstoß für den Relaunch der Marke Goutal gab?
Es war so, dass sehr viele unserer Kunden die ursprünglichen Flakons unserer Kreationen vermissten. Die Flakons von Goutal sind so ikonisch und ihr Wiedererkennungswert ist sehr hoch. Man muss den Namen gar nicht lesen, sondern nur die Flasche sehen und man weiß, um welche Marke es sich handelt. Sie sind wie ein Symbol für unser Dufthaus. Und aus diesem Grund haben wir uns dazu entscheiden, wieder zu den Wurzeln zurückzukehren.
Die Idee dieses Launches ist es nicht, einen neuen Duft vorzustellen, sondern in Hinblick auf die Flakons wieder einen Schritt zurückzugehen und diese im alten Stil zu lancieren.
Also lag der Fokus nur auf den Flakons oder auch auf der Verpackung?
Ja, auch die Verpackung hat sich geändert. Jetzt ist sie deutlich stabiler und besitzt auch eine zusätzliche Banderole. Eine deutliche Veränderung zu vorher. Früher hatten wir diese Banderolen ausschließlich für limitierte Editionen und nun eben für alle Verpackungen.
Und weißt Du, was lustig ist? Wenn die Menschen den Flakon ansehen, merken viele nicht, dass er sich geändert hat. Der vorherige Flakon hatte Schultern, das haben wir re-designt und schmäler gemacht. Ebenso wurde der Deckel und der Boden des Flakons angepasst. Es ist aber sehr subtil gemacht, in unseren Augen ist es daher wunderbar gelungen.
Was war Euch wichtig bei Eurem Relaunch. Gab es Werte, die Ihr erhalten wollten oder solche, die geändert werden sollten?
Nein, in Bezug auf unsere Werte gab es keine Änderung. Alle Werte, die meiner Mutter wichtig waren, blieben erhalten, denn sie waren greifbar und kraftvoll. Qualität beispielsweise oder auch Poesie, zu träumen. Sie war eine Träumerin. Sie wollte den Menschen das Beste bieten und das war immer ein wichtiges Merkmal der Marke Goutal. Und ich glaube, dass wir das mit dem neuen, re-designten Flakon besser transportieren können als mit dem vorherigen.
Was ist rückblickend eine größere Herausforderung für Dich? Der Relaunch der Flakons und Verpackungen oder die Kreation eines neuen Dufts?
Das kann man eigentlich nicht vergleichen. Es ist etwas komplett Unterschiedliches. Beim Relaunch der Marke ging es eher darum, zu den Wurzeln zurückzukehren, aber wir hatten hier ja schon all das, was von meiner Mutter kreiert worden ist, das auf eigene Art bereits perfekt war. In einigen Details war es etwas altmodisch, deshalb haben wir diese modernisiert. Aber gesehen davon, gab es schon diese starke Identität.
Auch wenn ich an Visuals oder so arbeite, ist es ganz anderes, denn ich war früher Fotografin. Einen Duft zu kreieren, das ist meine eigene Geschichte, etwas sehr Persönliches. Beim Rebranding widmeten wir uns eher der Marke und ihrer Story.
Woher holen sich Isabelle (Anm. d. Red.: Isabelle Doyen, Parfümeurin von Goutal) und Du Inspirationen für neue Düfte?
Eigentlich von überall. Das sagen sicherlich viele Parfümeure. Etwas zu kreieren bedeutet, offen zu sein. Gegenüber allem, was um einen herum ist. Manchmal merkt man vielleicht gar nicht, woher die Inspiration für etwas kam, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, kommt man doch darauf, dass es vielleicht dies oder jenes war. Musik, Filme, Fotografien u.v.m. Bei Isabelle und mir ist es oft so, dass wir das Gefühl haben, wir stehen vor einem Puzzle, alle Stücke sind da, man weiß es noch nicht. Und an einem Morgen wacht man auf und alles ergibt einen Sinn und man hat eine Idee, eine Inspiration.
Du bist ja durch die Arbeit Deiner Mutter mit Düften aufgewachsen. Inwieweit warst Du involviert als Kind?
Mittwochs nachmittags haben Kinder in Frankreich keine Schule. Also bin ich jeden Mittwoch zu meiner Mutter ins Labor gegangen, um den Nachmittag mit ihr zu verbringen. Ich habe damals so getan, als würde ich Düfte kreieren. Zwei Tropfen hiervon, zwei Tropfen davon … für mich war das alles ein Spiel. Natürlich ließ mich meine Mutter an all ihren Versuchen riechen, von allen Parfums, die sie kreierte. Nicht nur die für meine Schwester oder für mich, sondern auch alle anderen.
Aber ich hätte nie gedacht, dass ich selbst auch Parfümeurin werde. Ich war Fotografin und als meine Mutter starb, erbte ich das Labor und ich dachte mir, dass ich wohl auch damit anfangen sollte, eigene Düfte zu entwickeln. Und das lernte ich über die Jahre.
Wie würdest Du die Handschrift von Goutal definieren?
Diese Frage bekomme ich tatsächlich oft gestellt. Ich habe keine wirkliche Antwort. Aber ich würde sagen, dass man einen Goutal-Duft daran erkennt, dass darin viele Rohstoffe nicht enthalten sind, die überall sonst verwendet werden. Daher liegt die Handschrift vermutlich eher darin, was wir nicht nutzen, als in etwas, was wir nutzen. Es gibt einige Duftstoffe, die wir nicht mögen, die in vielen kommerziellen Kreationen verwendet werden.
Es ist auch ganz interessant, dass viele Menschen denken, dass unsere Düfte sehr blumig und floral sind. Aber wir haben tatsächlich auch viele holzige, würzige und frische Kreationen in unserem Portfolio.
Kannst Du uns einen Rohstoff nennen, denn Du überhaupt nicht leiden kannst?
Natürliche Rohstoffe liebe ich alle, aber es gibt ein Molekül, dass ich überhaupt nicht leiden kann: Dihydromircenol. Das ist Nicht-Parfümeuren vermutlich weniger bekannt. Es gibt viele Moleküle, die wir nicht verwenden würden. Dabei geht es oft auch nicht um einen bestimmten Duftstoff, sondern häufig um Kombinationen. Wenn der Trend z. B. in Richtung süße Düfte geht, was ich toll finde, Karamell oder Vanille, wunderbar. Aber was ich nicht mag, ist die Verbindung von Patchouli und Karamell oder Dihydromircenol, Patchouli und Karamell, auch wenn es gerade angesagt ist. Und das ist unsere Handschrift. Wir folgen keinem Trend, nur weil es sich dann vielleicht gut verkauft, sondern gehen bei der Kreation unseren eigenen Weg.
Gibt es einen bestimmten Goutal-Duft, denn Du jemandem empfehlen würdest, der neu im Nischenduftbereich unterwegs ist?
Es gibt zwei Kreationen, die für mich sinnbildlich für unsere Marke stehen: Eau d’Hadrien, der frisch, dynamisch, lebensfroh und spritzig ist, und natürlich Petite Chérie, ein frischer und fruchtiger Duft. Das wären in meinen Augen die geeigneten Parfums von Goutal, wenn man z. B. jemandem etwas schenken möchte und nicht genau weiß, was man auswählen soll.
Aber einen einzigen Duft zu nennen ist schwer, denn wir haben so viele. Ich persönlich liebe Songes, denn ich liebe weiße Blüten. Aber das ist sicherlich keine Kreation, die jedem gefällt, da sie sehr floral und würzig ist. Ich habe Songes für mich selbst entworfen. Ein anderer wunderbarer Duft, den ich sehr mag, ist Sables, den meine Mutter um 1995 herum für ihren Mann kreiert hat. Zu dieser Zeit war es ein völlig ungewöhnlicher Duft, der fernab jeden Trends war. Die Menschen konnten mit der Kreation nichts anfangen und fanden sie seltsam. Nur bei Sängern, Musikern, Schauspielern und Künstlern war Sables sehr beliebt. Und heute ist es ein Parfum, das sich vom Markt nicht besonders unterscheidet, weil die Menschen heute ausgefallenere Düfte kennen. Es ist eine Kreation, die sich in ihrem Duftverlauf stark verändert und entwickelt.
Liebe Camille, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.
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