BeauFort London hat vor Kurzem einen neuen Duft namens Acrasia lanciert und die etwas düster anmutende Stimmung vor meinem Bürofenster scheint mir genau die passende Atmosphäre zu schaffen für diese britische Marke mit dem doch eher etwas dunkel gehaltenen Design von Flakons, Bildmaterial und den geheimnisvoll anmutenden Texten. Die Düsterkeit kommt nicht von ungefähr. Gründer der Marke ist der etwas geheimnisvoll anmutende Leo Crabtree, der allerdings lieber im Hintergrund bleibt und seinem Label Beaufort London und den duftenden Kreationen die Bühne überlässt.
Hier im Duft-Tagebuch war BeauFort London bereits mehrfach zu Gast, ich verlinke Euch hier gleich mal die Beiträge der vergangenen Jahre, für all jene, die sich auch zu den anderen Düften des Londoner Dufthauses informieren möchten, dessen erste Eaux de Parfum aus dem Jahre 2015 stammen. Zwischenzeitlich umfasst das Portfolio ganze neun Düfte. Drei davon – die 2015 lancierten 1805 Tonnere, Vi et Armis und Cœur de Noir – bilden die Trilogie „Come Hell or High Water“, zu der im Jahre 2016 noch Fathom V und Lignum Vitae stießen, während die anderen vier Kreationen zu den Revenants gehören, einer Linie von „Wiedergängern“.
Acrasia – BeauFort London
Ihr seht, es geht düster und auch ein bisschen gruselig zu bei BeauFort London. Revenants Vol. 4 ist also Acrasia, ein Duft, der sich namentlich auf den philosophischen Begriff Akrasia bezieht. Darunter versteht man laut Wikipedia: „Unter Akrasia (…) versteht man den Fall, dass eine Person eine Handlung ausführt, obwohl sie eine alternative Handlung für besser hält.“ Es ist also ein Duft, der von mangelnder Selbstbeherrschung und fehlender Willensstärke erzählt. In welcher Form sich dies offenbart, bleibt noch ein Geheimnis.
Jedenfalls gibt BeauFort London gleich auf dem Flakon und auch auf den Pressefotos einen Hinweis darauf, um was für eine Art von Eau de Parfum es sich drehen könnte. Eine Rose findet sich auf der Stirnseite des pechschwarzen Flakons, und zwar keine gerade knospende, sondern eine Blüte, die schon nahezu am Verblühen zu sein scheint. Gehalten von einer beringten Hand mit krallenartigen Fingernägeln, die den mit deutlichen Dornen versehenen Stil nur widerwillig zu umfassen scheint. Es ist ein Bild im typischen Beaufort-Stil, skizziert, altertümlich anmutend und auch ein wenig melancholisch.
Parfümeurin war wie üblich die Britin Julie Dunkley, die für Acrasia die Duftnoten Zitrone, Wein, Bergamotte, Zimt, Weihrauch, Rose, Geranium, Jasmin, Ambra, Vanille, Moschus, Patchouli, Vetiver und Zedernholz kombinierte und so einen Duft erschuf, der von Folgendem inspiriert sein soll: „Ein episches, allegorisches Gedicht aus dem 16. Jahrhundert; eine Zauberin; ein mythischer Wald.“
Eindringlich, kraftvoll, verführerisch
Eine ungewöhnliche Mischung aus zitrischen Noten und den charakteristischen, subtilen Barrique-Nuancen von Rotwein eröffnet Acrasia, von Beginn an untermalt von überaus cremigem Jasmin. Würzig-rauchige Akzente zeigen sich nach und nach, die ich Zimt und Weihrauch zuschreiben würde. Geranium bringt eine minzig anmutende Kühle in den Duft, in die sich ganz allmählich die sanften Blütennoten der Rose mischen.
Sehr pudrig und ruhig ist Acrasia im weiteren Verlauf. Die seifigen Facetten der Rose verschmelzen mit den im Ausklang heller werdenden, samtig-weichen Basisnoten, die sich allesamt von ihrer pudrig-cremigen und warmen Seite zeigen. Nach einer sehr langen Zeit offenbaren sich zarte und fließende Wildledernuancen, mit denen der Duft ganz allmählich ausklingt.
Als einen eher leisen und zurückhaltenden BeauFort-London-Duft würde ich Acrasia einstufen, denn die anderen Kreationen der britischen Marke scheinen doch mit mehr Ecken und Kanten versehen zu sein. Dabei ist auch Acrasia durchaus ungewöhnlich dank der Kombination von Zitrusfrüchten, Wein und Rose mit unglaublich cremigen und geschmeidigen Noten. Auf dem Teststreifen wirkt das Eau de Parfum deutlich süßer als auf meiner Haut, wodurch der Wein eher an einen Port erinnert als an einen Barrique-gereiften Rotwein. Auch nehme ich auf dem Papier den Zimt deutlich intensiver wahr als auf meiner Epidermis, wodurch die Komposition nicht nur lieblicher, sondern auch deutlich würziger wird. Hauttest ist also unbedingt empfohlen, wie aber ja eigentlich immer. 🙂
Schreibe den ersten Kommentar