Weiter geht es heute mit dem zweiten und letzten Teil meines Interviews mit Lutz Herrmann von J.F. Schwarzlose. Ich verlinke Euch gerne hier nochmal den ersten Teil, für alle, die den Beitrag gestern verpasst haben. Viel Freude beim Lesen! 🙂
Wie würdest Du die Handschrift von Schwarzlose bzw. der Düfte der Marke damals und heute definieren?
Schwarzlose hat Qualität geboten, die im deutschen Parfummarkt weitestgehend einzigartig war und diese Tradition versuchen wir beizubehalten. Damals wurden die Trends oft von Franzosen gesetzt. Wir hingegen machen uns vom Trend unabhängig, da wir die Geschichte als Quelle nutzen. Das allein bringt so viel Eigenes zutage, dass die aktuellen Trends nicht unsere Düfte bestimmen. Manchmal treffen aber auch Trends und neue Entwicklungen unsererseits zusammen, wie etwa bei unserem nächsten Launch Rosa Centifolia. Das ist seit 1912 der absolute Klassiker von Schwarzlose und der Duft ist auch international hervorragend angekommen.
Das Design der Flakons tritt dabei bewusst in den Hintergrund. Optische und gestalterische Merkmale sind der prominente Schriftzug, der auf dem alten Logo basiert, und auch das Design des Deckels, die sich beide an Entwürfe des Bauhausarchitekten – und Schülers von Mies van der Rohe – Eduard Ludwig anlehnen. Dieser hat ab 1948 das gesamte Sortiment der Marke Schwarzlose überarbeitet. Auch bei der Gestaltung ist unser Credo: Dem Duft dezent die Aura zu lassen, um sich zu entfalten und ihn nicht in irgendeiner Form effekthascherisch zu übertünchen und in den Hintergrund zu stellen.
Euer jüngster Duft ist der von Dir genannte Duft Rosa Centifolia, der seit Kurzem auch bei Aus Liebe zum Duft erhältlich ist. Was ist das Besondere dieser Kreation?
Persönlich fiel es mir schwer, mich an diesen Duft und seine Neuinterpretation heranzuwagen. Wir haben seit 2012 diverse Versuche unternommen, den Duft neu zu interpretieren und es hat nun tatsächlich 10 Jahre gedauert, bis wir die richtige Formel gefunden haben. Der Duft war die Ikone von Schwarzlose. Um 1930 herum wurde wegen des Markenrechts sogar zum Namen Rosa Centifolia ein Prozess in Budapest geführt. Denn es ist die botanische Bezeichnung einer Rosenart, der Heckenrose, und es gab Wettbewerber, die ihre Produkte ebenso genannt haben. Bei dem Prozess konnte sie Marke Schwarzlose damals aufgrund ihrer schon fast 20-jährigen Geschichte sicherstellen, das Alleinstellungsmerkmal zu erhalten. Anderen Anbietern konnte von Schwarzlose untersagt werden, den Namen Rosa Centifolia für ihre Produkte zu verwenden. Ein ungewöhnlicher Vorgang.
Wie würdest Du den Duft Rosa Centifolia beschreiben?
Der Duft basiert auf Rosen. Im Französischen nennt man diese Rosenart Rose de Mai oder Grasse-Rose. Die alten Flakons verströmen einen intensiven, unverwechselbaren Duft. Das einzufangen und gleichzeitig zu modernisieren war schwer. Aber auch hier hat Véronique Nyberg eine überzeugende Lösung gefunden. Alle Experten, die wir in Mailand auf der Esxence damit in Berührung gebracht haben, waren begeistert. Das Ergebnis ist anders als man erwarten würde. Nicht süßlich, sondern kühl und elegant. Von einer beschwingten Intensität, die etwas Vintage, aber auch modern ist. Der Duft ist schwer zu beschreiben.
Ihr habt zwischenzeitlich auch eigene Düfte und Zimmerparfums lanciert. Was war Euch dabei besonders wichtig, damit diese ins Gesamtkonzept der Marke Schwarzlose passen?
Schwarzlose hatte ein großes Portfolio an Düften, aber hat auch schon früh Zimmerparfums hergestellt. Das haben sie von Treu & Nuglisch übernommen, die um 1860 schon Düfte für die „königlichen“ Gemächer produzierten. Raumdüfte sind also keine moderne Erfindung, sondern waren schon damals ein wichtiger Bestandteil der Marke. Wir wollen auch in Zukunft weitere traditionelle Produkte aus dem großen Sortiment von Schwarzlose neu auflegen.
Welche Resonanz hast Du auf die Wiederbelebung der Marke bekommen?
Eigentlich hatte Schwarzlose von Anfang an eine kleine Fangemeinde, aus ganz verschiedenen Lagern: Duftconnaisseure, Kreative, historisch Interessierte. Die Parfümerien waren zugegebenermaßen anfangs eher kritisch. Oft erhielten wir die Information, dass man nicht noch eine weitere Marke ins Sortiment aufnehmen wolle. Aber ein paar der Trendsetter im Handel haben erkannt, was hinter Schwarzlose steckt und uns unterstützt.
War die ursprüngliche Marke Schwarzlose noch vielen ein Begriff?
Es gab in der Anfangszeit tatsächlich auch ein paar Parfümerien, die die Marke aus den 1960er Jahren noch kannten. Da viele Parfümerien als Familienbetriebe geführt werden, wurde da viel an Wissen weitervererbt. Das war toll zu erleben. Es kamen dann auch die Familienmitglieder bzw. Nachfahren von Schwarzlose auf uns zu – einer nach dem anderen. Alle waren voll des Lobes.
Wie hat sich die Marke in Deinen Augen entwickelt, seit Ihr sie übernommen habt?
Es war von Anfang an unser Ziel, kommerziell nicht unter Druck zu geraten. Die Marke soll sich stabil und kontinuierlich entwickeln. Ohne Risikokapital, einfach durch Überzeugung. Die ersten 8 Jahre hat sich Schwarzlose sich stetig und gut entwickelt. Vor 2 Jahren haben wir dann das Team vergrößert und seither ist die Entwicklung angezogen. Das ist schön zu erleben. In der Anfangszeit war es auch mehr ein Showcase für mich. Um zu zeigen, was man anders machen kann in der Branche. Aus dem Hobby hat sich nun etwas entwickelt, das auf eigenen Beinen stehen kann.
Wie ist Schwarzlose international aufgenommen worden?
Auch im Ausland wird die Marke mittlerweile wahrgenommen. Das ist ein tolles Ergebnis, denn der Wettbewerb ist hart. Einige der „kleineren“ Marken haben das Jahr 2020 nicht überlebt. Schwarzlose ist in der Zeit sogar gewachsen. Deutschland ist immer noch die Heimat und der Hauptabsatzmarkt, aber im Ausland gucken die Leute, was wir machen und sind auch bereit die Marke aufzunehmen.
Welcher Duft von Schwarzlose liegt Dir besonders am Herzen und gab es eine Art von „Sorgenkind“ im Portfolio?
Sorgenkind… hm … vielleicht 20/20. Nachdem das Jahr 2020 eher für Corona steht und wir uns das vorher so nicht gedacht hatten. Der historische Name war „Chic“ und das fanden wir etwas unpassend. Darum haben wir lange überlegt, was für ein Name die Idee von „Chic“ aus den 1920er Jahren in unsere Zeit „beamen“ würde. Das war eben 20/20, einfach und leicht verständlich.
Besonders am Herzen liegen mir die aktuellsten Entwicklungen, aber mein persönlicher Favorit ist Treffpunkt 8 Uhr. Der hat etwas sehr Frisches und ist zugleich animalisch. Sehr ambivalent und er verändert sich mit der eigenen Körperwärme mal in die eine oder andere Richtung. Und natürlich bin ich verliebt in Rosa Centifolia. Ich nutze die ersten Samples täglich und bekomme so einige Reaktionen im Alltag. Das ist immer mein persönlicher Test. Und die Reaktionen sind durchweg positiv! Was trägst du für einen Duft? Der ist ja toll … Dann kann ich immer antworten, dass das Parfum selbst gemacht ist und es noch nicht bzw. jetzt erst seit Kurzem erhältlich ist. Solche Reaktionen kamen mittlerweile oft auf Rosa Centifolia. Das stimmt mich positiv.
Was dürfen wir in Zukunft von Schwarzlose erwarten?
Unser Ziel ist stetig weiter an der Qualität und an Düften zu arbeiten. Allerdings wollen wir auch – ähnlich wie schon in der Anfangszeit – wieder Innovationen im weiteren Umfeld von Duft betreiben. Von Anbeginn an war es unsere Überzeugung, die Produktion nachhaltig zu gestalten. 2012 stand das im Bereich der Parfümerie nicht allgemein im Fokus. Damals war noch State of the Art: Mehr ist mehr. Aber als Designer war mir immer bewusst, dass man auch Abfall produziert. Bei Schwarzlose konnte ich selbst lenken, wie viel und was. Diese Thematik haben wir von Anfang an minimiert und arbeiten daran, es weiter zu optimieren. Wir wollen auch in neue Kategorien gehen, ob nur Körperpflege oder andere Applikationsformen von Düften. Da gibt es eine Menge von Projekten, die aber alle noch nicht spruchreif sind.
Lieber Lutz, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.
Ich liebe es von der Sonne wachgeküsst zu werden, deswegen ist mein Favorit: Sundrunk