OR / 2018 und SN / 2020 von A.N. OTHER – To be Continued

Teil II unserer kleinen Serie zur Kollektion von A.N. OTHER behandelt die Eaux de Parfum OR / 2018 und SN / 2020 der amerikanischen Marke rund um die Gründerin Ariella Appelbaum. Vorgestern bereits habe ich mir die beiden Düfte FL / 2018 und FR / 2018 unter Näschen gehalten (nachzulesen hier) – mit großer Begeisterung, wie ich sagen muss. Insbesondere die erste Duftkomposition fand ich umwerfend. Die kleine Phiole wandert direkt in mein Körbchen mit Pröbchen, die ich in meinen Duftalltag integriere, weil sie mir so hervorragend gefallen. 🙂

Wie wir bereits vorgestern erfahren haben, widmet sich die Marke mit jeder Kreation einer bestimmten Duftfamilie. „Floral“ und „frisch“ haben wir schon abgehandelt, heute ist mit OR / 2018 ein Duft der orientalischen Fraktion an der Reihe und einer, der komplett aus eben jener fällt: SN / 2020 entstand in Zusammenarbeit mit der ehemaligen norwegischen Profi-Snowboarderin Silje Norendal, die viermal die X-Games im Slopestyle und Big Air gewann und an den Olympischen Spielen 2014 und 2018 teilnahm. Doch bevor wir uns näher in die Kollaboration von Norendal und A.N. OTHER vertiefen, möchte ich Euch zuerst einmal den Orientalen unter den Düften der Nischenduftmarke vorstellen.

OR / 2018 – A.N. OTHER oriental

OR / 2018, die 2018 lancierte Komposition der orientalischen Duftfamilie, wurde von dem amerikanischen Symrise-Parfümeur David Apel kreiert. Seit Anfang der 1980er ist er in der Welt der Düfte unterwegs, kann also auf eine stattliche Karriere zurückblicken und langjährige Erfahrung vorweisen.

Ein orientalisch anmutender Duft sollte es also sein, die Vorgabe von A.N. OTHER war so klar wie vage. Apel entwickelte daraus eine Kreation, die sich um die Duftnoten Blutorange, Sternanis, Zitrone, Zucker, Cannabis, Myrrhe, Jasmin, Vanille, Tonkabohne und Treibholz dreht.

OR / 2018 – Let the sunshine in

Erfrischend-fruchtige Blutorange trifft im Auftakt von OR / 2018 auf die betörende Süße von Zucker und die würzig-lakritzige Kühle des Sternanis. Alsbald zeigen sich die ersten grünlich-krautigen Nuancen von Cannabis, die an Heu erinnern, aber auch eine gewisse Harzigkeit in sich tragen. Die gezuckerten Blutorangennoten bleiben der Kreation erhalten, vereinen sich mit der geheimnisvoll anmutenden grünlich-harzigen und holzig-balsamischen Melange aus Cannabis und Myrrhe, die sich auf einem üppigen Bett aus cremig-hellen Jasminblüten auszuruhen scheint.

OR / 2018 ist bunt, mitunter auch etwas quietschig, süß und erinnert so an einen psychedelischen Ausflug in die Welt der Hippies. Wildes Paisley trifft auf Batik, im Hintergrund klingt leise eine Sitar. Gleichzeitig duftet die Komposition von A.N. OTHER nach Sonne, nach Sommer und guter Laune. Draußen im Park sitzen, ein kühler Drink mit klirrenden Eiswürfeln in der Hand. Unbeschwertheit, Gelassenheit und Frohsinn verströmt OR / 2018 auf eine ganz eigene und lieblich-bunte Art und Weise. Vanille und Tonkabohne verleihen dem Ausklang würzig-gourmandige Nuancen, die sich wunderschön in das Duftgeschehen einfügen.

OR / 2018 von A.N. OTHER ist kein typischer Orientale. Doch weist er durchaus Züge eines solchen auf. Er ist üppig und langanhaltend, lieblich und fruchtig, bunt und gourmandig. Ein sommerlich-sonniger Duftbegleiter, der Freunden von Cannabisdüften und solchen mit nicht zu verachtender Zuckersüße absolut gefallen könnte. Auch, wenn ich sonst eigentlich weder das eine noch das andere allzu gerne mag, gefällt mir OR / 2018 richtig gut. Das mag an der tollen Blutorangennote liegen, die im Herzen und insbesondere im Ausklang der Kreation mit feinster Vanille eine in meinen Augen richtig schönen Kombination ergibt. Mein Fazit daher: Unbedingt testen! 🙂

SN / 2020 – A.N. OTHER athlete

Es wird sportlich bei SN / 2020. So viel habe ich Euch ja bereits verraten. Die Kreation aus dem Jahre 2020 entstand in Zusammenarbeit mit Silje Norendal, einer bekannten norwegischen Snowboarderin, die mehrfach die X-Games und in Weltmeisterschaften gewann und zweimal bei den Olympischen Winterspielen dabei war. Zwischenzeitlich hat Silje Norendal ihre aktive Karriere beendet und konnte sich im Juni letzten Jahres über die Geburt ihres ersten Kindes freuen.

Wie die junge Snowboarderin auf der Homepage von A.N. OTHER erzählt, ließ ihr die Marke fünfzehn verschiedene Duftproben zukommen. Komplett neutral beschriftet, um dem Duft als solchem den Vortritt zu lassen. Ohne Name, ohne Nummer, ohne Parfümeur, ohne Duftnoten. Aus diesen Proben wählte sie die Kreation aus, die ihr am besten gefiel und die am besten zu ihr selbst passte. Es war jene Probe der Givaudan-Parfümeurin Christine Hassan, die die Duftnoten Maritime Noten, Pfirsich, Clementine, Osmanthus, Orchidee, Tuberose, Moschus, Treibholz und Bambus beinhaltete.

SN / 2020 – Let’s get peachy

Hell, luftig und überaus pfirsichhaft startet SN / 2020 in den Duftverlauf. Statt maritim würde ich dem Duft eher eine ozonische Brise zuschreiben, die von einer dezenten Salzigkeit unterlegt ist. Osmanthus betritt schon früh die olfaktorische Bühne und umspült den reifen, saftigen und süßen Pfirsichsamt mit überaus cremigen Blütennoten, die an lieblichste Pfirsichblüten erinnern. Auch wenn hier bereits mehrfach das Wort Pfirsich im Text auftaucht (oh, da schon wieder!), darf man sich keinen künstlich anmutenden Eistee-Pfirsich vorstellen.

Es ist ein wunderschönes, leichtes und authentisch wirkendes, unaufdringliches und samtiges Steinobst, das uns A.N. OTHER hier präsentiert. Die hellen und geschmeidig-weichen Blütennoten von Osmanthus, Orchidee und einer sehr zurückhaltenden Tuberose wirken umhüllend und verleihen der Kreation eine unwiderstehliche Cremigkeit. Zu dieser gesellen sich im Ausklang die fein-pudrigen Nuancen von Moschus, der von hellen und grünlichen Hölzern begleitet wird.

Das Zitat von Silje Norendal trifft den Charakter des Dufts auf den Punkt. Hell, leicht, aber dennoch präsent, von einer sanften Frische durchzogen und trotz aller Blüten und Pfirsichfruchtigkeit nicht allzu lieblich, ist SN / 2020 ein unkomplizierter und absolut tragbarer Begleiter für nahezu alle Gelegenheiten. Ich empfinde den Duft als eher feminin, jugendlich und sportlich, womit er perfekt zu der jungen Athletin passt. Toll für die wärmere Jahreszeit, aber durchaus auch in Herbst und Winter tragbar. Eine Voraussetzung sollte allerdings erfüllt sein, um SN / 2020 zu verfallen: Man muss Pfirsich mögen. 🙂