Und weiter geht es mit den drei Kreationen Zephyros, Phoenicias und Olympias von Horatio London, die die Kollektion des jungen britischen Nischenduftlabels komplettieren. In meiner letzten Rezension habe ich die beiden an die römische bzw. griechische Mythologie angelehnten Winddüfte Aquilo und Solanus vorgestellt (nachzulesen hier), heute sind nun also gleich drei Kompositionen an der Reihe.
Zephyros – Gott des Westwinds
Mit Zephyros widmen wir uns einem weiteren und dem vorerst letzten Windduft, der in der griechischen Sagenwelt als Frühlingsbringer bekannt ist. Der laue Westwind Zephyros vertreibt die Kälte des Winters und sorgt für wärmere Temperaturen, das Aufkeimen und Erblühen der Natur. Zephyros selbst bedeutet auf Deutsch „der vom Berge Kommende“.
Auch zu diesem Windgott gibt es ein paar Backgroundinfos. Er ist der Bruder von Aquilo und Solanus und damit ebenso ein Sohn des Gottes der Abenddämmerung und der Göttin der Morgenröte. Je nach Quelle war er der Vater mehrerer unsterblicher Wunderpferde oder auch Erzeuger verschiedener Götter wie etwa des Eros oder des Pothos, ihres Zeichens der Gott der Liebe und die fleischgewordene Sehnsucht. Mal war er mit der Göttin der Blüten namens Flora verehelicht, mal der Geliebte des Schönlings Hyakinthos. Letzterer war auch mit dem Gott Apollon amourös verbandelt, weshalb Zephyros Hyakinthos in einem Anfall von Eifersucht umbrachte. Die griechische Sagenwelt ist wirklich nichts für schwache Nerven und zarte Gemüter.
Ein Frühlingsduft also, was sich auch in den Duftnoten von Zephyros niederschlägt: Birne, Orangenblüte, Zimt, Gardenie, Jasmin, Feige, Moschus und Zedernholz sprechen eine deutlich fruchtig-florale Duftausrichtung.
Zephyros – der vom Berge Kommende
Mit üppigen, an duftende Maiglöckchen erinnernden Noten eröffnet Zephyros und sorgt so vom ersten Schnuppern an für wunderschöne Frühlingsassoziationen. Hell, luftig und blütenreich ist die Kreation von Horatio London, eine durchweg lebensfrohe und positiv gestimmte Duftmelodie, die augenblicklich für gute Laune sorgt.
Man hört beinahe die Vöglein zwitschern, das Summen von Bienchen und Hummeln und sieht vor dem inneren Auge erste Knospen und Blüten sprießen. Die grünen Fruchtnoten der Feige sind deutlich wahrnehmbar und vereinen sich mit cremigem Jasmin und betörender Gardenie. Zedernholz sorgt für eine gewisse holzige Saubernuance, in die sich eine helle und weiche Moschusmilch ergießt.
Zephyros von Horatio London ist die perfekte olfaktorische Umsetzung des Frühlingsthemas. Intensiv floral, fruchtig, von grüner Feige und reinem Zedernholz durchsetzt, von saftiger Birne untermalt und an ein wunderschönes Maiglöckchen erinnernd, empfinde ich die Kreation feminin, fast schon mädchenhaft, unbeschwert und jugendlich. Ein toller Duft für alle Frühlings- und Blütenduftliebhaber, die einen präsenten, aber unaufdringlichen Begleiter für jede Lebenslage suchen.
Phoenicias – Horatio London
Zu Phoenicias habe ich keine Windreferenz ausmachen können. Das Naheliegendste ist wohl Phoenicia, die lateinische Bezeichnung für Phönizien. Auch der Pressetext weist auf jene Gegend der Levante hin, jenen Ländern am östlichen Rande des Mittelmeers. Die Phönizier waren bedeutende Seefahrer, die im Mittelmeerraum Kolonien gründeten, etwa das im Stadtgebiet des heutigen Tunis (Algerien) liegende Karthago.
Die antike Gegend im Nahen Osten setzt Horatio London mit den Ingredienzien Gewürze, Weiße Blüten, Adlerholz (Oud), Florale Noten, Sandelholz, Ambra, Moschus und Leder olfaktorisch um.
Sagenumwobenes Land im Osten
Üppige Blüten – wenn auch nicht explizit genannt, meine ich eine Rose zu erahnen – treffen auf die rauchig-harzigen Noten von Adlerholz. Eine würzige Wärme durchzieht die Kreation aus dem Hause Horatio London, zu der sich im weiteren Verlauf eine honigartigen Süße gesellt, die von den balsamisch-holzigen und samtigen Nuancen von Sandelholz und Ambra evoziert wird.
Der Teststreifen zeigt deutlichere Oudtendenzen, während meine Haut sich eher für süßlich-würzige Akzente entscheidet. Zart ledrige Anklänge läuten den Ausklang von Phoenicias ein. Mit cremig-warmen und geschmeidigen Ledernoten klingt die Kreation nach und nach aus.
Phoenicias ist die Oudrose der Kollektion von Horatio London, auch wenn die Königin der Blumen nicht alleine mit von der Partie ist. Während ich in letzter Zeit häufiger Kreationen mit Rose-Oud-Kombination hatte, in der das Adlerholz nur sehr subtil wahrnehmbar war, ist Phoenicias ein anderes Kaliber. Das Adlerholz ist hier deutlich wahrnehmbar, ein ebenbürtiger Partner der Blüten, verschmilzt mit diesen auf wunderschöne Art und Weise. Ein Duft mit mittlerer Präsenz, der dennoch jederzeit elegant und edel wirkt.
Olympias – Göttliche Stätte
Bei Olympias wohnt mir thematisch eine ähnliche Ratlosigkeit inne wie schon bei Phoenicias. Da ich von der Marke selbst keine näheren Informationen über den Namensursprung erfahren habe, vermute ich, dass Olympias Olympia gewidmet ist, jener heiligen Stätte des Zeus auf der peloponnesischen Halbinsel. Zeus, der oberste Chefgott, ist der Sohn der göttlichen Riesen aka Titanen Kronos und Rhea, übrigens Geschwister … Ich versuche mich durch den Stammbaum der griechischen Mythologie zu wühlen und komme zu dem Schluss, dass irgendwie alle mehr oder weniger miteinander verwandt zu sein scheinen. Über sieben Ecken ist Zeus also auch mit den bereits genannten Windgöttern verbunden.
In Olympia standen diverse Heiligtümer, die dem Zeus gewidmet waren, aber auch seiner Schwester Hera. Außerdem gab es ein Stadion, wo in der Antike die Olympischen Spiele stattfanden. Die Ingredienzien Grapefruit, Mandel, Granatapfel, Zucker, Labdanum (Zistrose), Tonkabohne, Adlerholz (Oud), Patchouli und Karamell lassen auf ein olfaktorisches Naschwerk schließen. Den genauen Zusammenhang zwischen Duftnoten und Olympia erfasse ich ad hoc noch nicht, aber vielleicht kommt das ja noch. 😉
Lasst die Duftspiele beginnen
Geröstete Mandeln treffen auf die spritzige Herbe der Grapefruit. Hier ein Hauch von Zuckerwatte, dort die karamellige Süße von Liebesäpfeln. Olympia ist ein gourmandiger Traum aus fruchtigen und würzigen Nuancen, in dunklem Rot gehalten, sehr üppig und lieblich.
Der süß-säuerliche Duft von Granatäpfeln gesellt sich hinzu, vereint sich mit der nach wie vor deutlich wahrnehmbaren Grapefruit und den mandeligen Gewürznoten. Cremig-holzig wird es im weiteren Verlauf, seine Süße behält Olympias bis weit in den Ausklang hinein.
Olympias ist ein olfaktorisches Naschwerk, ein fruchtig-lieblicher Duft, der für Freunde süßer Kompositionen genau das Richtige sein könnte. Die pinkfarbene Grapefruit gefällt mir in Olympias sehr gut, haucht sie dem Duft doch durchweg eine gewisse Leichtigkeit und Frische ein. Sehr mädchenhaft, unschuldig und unbeschwert wirkt die Kreation, die mit einer mittleren Präsenz und einer guten Haltbarkeit aufwartet. 🙂
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