Christian Blessing von Gravel im Interview – A Man’s Cologne Reloaded [+ Verlosung]

Bereits vorgestern habe ich Euch ja schon die Hintergrundgeschichte zu dem Gravel und dem Duft A Man’s Cologne nähergebracht (nachzulesen hier). Heute soll der Mann zu Wort kommen, der der amerikanischen Marke wieder neues Leben eingehaucht hat: Christian Blessing. Gravel ist tief verbunden mit der New York City, das haben wir vorgestern bereits erfahren. Seit ein paar Jahren befindet sich der Sitz des Dufthauses jedoch nicht mehr in der Stadt, die niemals schläft, sondern in München. Christian und sein Vater haben Gravel übernommen und damit dafür gesorgt, dass ein ganz besonderer Schatz der Nischendüfte bewahrt und erhalten bleibt. Wie sich das alles genau zugetragen hat, dass erfahren wir gleich aus erster Hand. Außerdem gibt es etwas zu gewinnen! Doch dazu später mehr! 🙂

Nun bleibt mir nur noch zu sagen: Herzlich willkommen im Duft-Tagebuch, Christian Blessing.

Lieber Christian, Dein Vater und Du haben die Marke Gravel nach dem Tod des Gründers Michael Knudsen übernommen. Wie kam es dazu?

Im Endeffekt war es purer Zufall. Ich hatte damals versucht, nach dem Tod Knudsens aus den USA ein paar Flakons der Marke kaufen zu können. Bei der Recherche zur Marke Gravel bin ich auf eine Handynummer gestoßen, die dem Inhaber der Markenrechte gehörte. Wie sich dann am Telefon herausstellte, war es ein Verwandter von Michael Knudsen.

Wir haben vielleicht 15 Minuten miteinander telefoniert und in diesem Gespräch entstand dann die Idee, dass mein Vater und ich die Rechte der Marke Gravel übernehmen könnten. Es war also ein relativ kurzes Gespräch, das dann nachhaltigen Einfluss auf mein weiteres Leben genommen hat.

Und welche Hürden musstet Ihr dann noch überwinden, um Gravel schließlich Euer Eigen nennen zu dürfen?

Die Übertragung der Rechte war schnell erledigt. Das lief sehr freundschaftlich ab. Die eigentliche Arbeit kam danach. Wir waren ja komplett branchenfremd. Die Vorstellung, man übernimmt eine alte Marke samt Rezepte und bringt sie einfach wieder auf den Markt, ist rückblickend etwas naiv gewesen.

Inwiefern?

Wir dachten, wir könnten einfach alle Zulieferer etc. übernehmen. Dem war aber nicht so. Die Ansprüche an Qualität und Optik sind enorm gestiegen. Flakons mit 125 ml sind heutzutage schlichtweg unverkäuflich. Wir mussten also zuerst einmal identische Flaschen mit einem geringeren Volumen finden. Schlussendlich mussten wir eigentlich alles neu machen und haben dann auch unsere eigenen Flakons herstellen lassen. Der quasi identisch mit dem Alten ist, nur eben mit 100 ml.

Außerdem sind die Vorschriften bzgl. der Inhaltsstoffe zwischenzeitlich deutlich strenger geworden. Man ist in der Herstellung nicht mehr so flexibel wie man es 1957 war (Anm. d. Red.: als Kudsen A Man’s Cologne kreierte). Zu guter Letzt ist selbstverständlich auch unser persönlicher Anspruch an die Qualität des Duftes sehr hoch. Dadurch war die Suche nach einem Dufthersteller, der unsere Ansprüche erfüllt, sehr langwierig und anstrengend. Um die nächste Frage vorwegzunehmen, wir sind dann in Grasse gelandet.

Was machte bzw. macht Gravel für Dich so einzigartig und erhaltenswert?

Das Faszinierende an der Marke – und auch der Grund, warum ich so lange daran festgehalten habe – ist diese Mischung aus Innovation und Tradition. Einerseits ist es ja ein wahnsinnig innovatives Produkt. Die erste Kreation (Anm. d. Red.: A Man’s Cologne) war der erste Herrenduft der USA. Gravel ist eine der ersten Marken, die einen reinen Nischenansatz verfolgt hat. Das heißt, es wurde immer nur im ausgewählten Einzelhandel verkauft bzw. per Direktvertrieb. Damals lief das übrigens alles via Fax.

Andererseits schaut man auf eine Parfumhistorie von über 64 Jahren, immer unter dem gleichen Logo. Es ist schon unglaublich spannend, dass – seit 1957 der erste Duft in der 46th Street in New York verkauft wurde – bis heute immer irgendwo auf der Welt eine Flasche mit genau diesem Logo zu finden war. Das macht einen schon stolz, dass mein Vater und ich nun Teil dieser Geschichte sind.

Und wie bist Du generell zu Nischendüften gekommen? Hatten Düfte schon immer eine besondere Bedeutung in Deinem Leben?

Ich bin im Prinzip Konsument und hätte nie gedacht, beruflich in diesem Metier zu arbeiten. Meinen Einstieg in das Thema Nischendüfte hatte ich im Alter von etwa 16 Jahren, und zwar mit Gravel. Ich hatte in der Parfümerie nach etwas Besonderem gefragt, etwas, was nicht jeder kennt. Die Marke Gravel ist dabei herausgestochen. Der Duft (Anm. d. Red.: A Man’s Cologne) war komplett neu für mich. Ich kannte nichts Vergleichbares und die Aufmachung, die Optik unterschied sich so sehr vom ganzen Rest. Der Name Gravel – also das englische Wort für Kiesel – in Verbindung mit dem zeitlosen Logo und den kleinen Kieselsteinen im Flakon … Das war einfach anders als alles, was ich zu Hause hatte.

Ihr habt dem ursprünglichen Gravel-Duft A Man’s Cologne zwischenzeitlich vier weitere Duftkompositionen zur Seite gestellt. Hattet Ihr schon von vornherein den Plan, die Kollektion zu erweitern?

Unser Plan war, A Man’s Cologne auf den Markt zu bringen und schauen, was passiert. Wir sind da eher wie bei einem Hobby rangegangen und hatten keine richtige Strategie. Uns war auch gar nicht bewusst, dass Michael Knudsen in über den 60 Jahren seiner Schaffenszeit so viele verschiedene Düfte entwickelt hatte. Er hat ja nicht nur für sich Parfums entwickelt, sondern auch für andere Marken. Außerdem hat er die Düfte unter anderen Namen lanciert, als wir das nun tun.

Kannst Du uns den neuen Kreationen ein bisschen was erzählen? Gab es in der Entwicklungsphase besondere Herausforderungen?

Wir arbeiten uns peu à peu durch den Nachlass. So lassen wir uns besonders erfolgversprechende Formeln zur Probe nachbauen bzw. lassen uns beraten, welche Kompositionen gut umsetzbar sind. Manchmal finden wir aber auch besondere Formeln im Nachlass, zu denen es einen persönlichen Bezug gibt. Diese legen wir dann wieder neu auf, was sich tatsächlich leichter anhört, als es ist. Alte Inhaltsstoffe dürfen nicht mehr 1:1 übernommen werden. Das ist eine Herausforderung, bietet aber auch Chancen.

Unser neuer Damenduft Hazel, den wir demnächst lancieren werden, beispielsweise wurde von Knudsen für und mit Hazel Guggenheim entwickelt. Der Duft war damals so teuer in der Herstellung, dass er nur auf Bestellung direkt verkauft wurde. Der Preis im Einzelhandel wäre schlicht nicht bezahlbar gewesen. Heutzutage ist das kein Problem. Wir können heute einen sehr exklusiven Duft auf den Markt bringen, der früher nur einer ausgewählten Klientel zu Verfügung stand.

Euer Firmensitz ist – wie bereits erwähnt – in München. Stammen die Kiesel auch bei den heute produzierten Düften immer noch aus dem Hudson River oder mittlerweile aus der Isar?

Die Steine kommen nach wie vor vom gleichen Großhandel, von dem auch Michael Knudsen seine Kiesel bezog, und werden von uns per Hand verarbeitet und per Hand in den Flakon gefüllt. Eines der vielen Details, die die Faszination von Gravel ausmachen, aber in der Summe einen enormen Aufwand bedeuten.

Die Marke Gravel und ihre Düfte haben einen besonderen Bezug zu New York und den USA. Fühlst Du Dich zu der Stadt, die niemals schläft, auch in besonderer Weise verbunden?

Ja, ich bin gerne da. Mindestens ein Mal im Jahr. Gravel kann man dort auch nach wie vor kaufen. Die Marke repräsentiert die Stadt auch in gewisser Weise, wie ich finde. Sehr intensiv, unverwechselbar, innovativ und andererseits besitzt sie viel Tradition und Herzblut.

Gibt es einen Duft aus dem Portfolio von Gravel, der Dir besonders am Herzen liegt?

Mein persönlicher Favorit ist American Dream. Aber auch unseren neuen Damenduft finde ich handwerklich wirklich außergewöhnlich gut. Leider kann ich ihn aber selbst nicht tragen. A Man’s Cologne trage ich nach wie vor häufig. Mein Vater ist großer Fan von Hudson River.

Wenn Du Dich an Deine Kindheit erinnerst, gibt es einen bestimmten Duft oder Geruch, der Dir in den Sinn kommt?

Oh ja. Ich erinnere mich an die Düfte meiner Oma. Diorissimo – der mittlerweile aber anders riecht als in meiner Erinnerung – und ganz besonders C’est la vie von Christian Lacroix. Den gab es auch als Puder. Das sind beides Düfte, die mir nach wie vor sehr präsent sind. Interessanterweise hat mein Vater auch eine Dufterinnerung in Bezug auf seine Großmutter. Allerdings sind wir uns da nicht sicher, um welches Parfum es sich handelt.

Was sind Eure weiteren Pläne?

Wir arbeiten uns, wie gesagt, durch den Nachlass von Michael Knudsen. Die beiden neuesten Düfte von Gravel sind A Lady’s Perfume und Hazel. Da unsere Ressourcen aber sehr begrenzt sind und uns jeder Relaunch mindestens ein bis drei Jahre kostet, können und wollen wir das Portfolio nur in begrenztem Umfang ausbauen. Das Wichtigste ist für uns, die Marke im Sinne Knudsens weiterzuführen. Wir möchten kein riesiges Portfolio aufbauen, wodurch die Seele der Marke womöglich irgendwann verwässert wird.

Lieber Christian, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.

Verlosung

Wir verlosen folgende Schätze von Gravel, für die wir uns ganz herzlich bei Christian Blessing bedanken möchten:

• 4 x 1 Flakon (100 ml) von A Man’s Cologne von Gravel

Wie gelangt Ihr in den Lostopf? Ganz einfach! Hinterlasst uns unter diesem Artikel bis einschließlich Sonntag, den 17.10.2021 einen Kommentar.

Am Montag, dem 18.10.2021 geben wir die glücklichen Gewinner bekannt.

Die Teilnahmebedingungen zum Gewinnspiel findet Ihr hier.

Wir wünschen Euch viel Glück! 🙂