Straffes Programm heute am Sonntag, denn mit Cherry Punk, Hollyrose und Ten Fifteen von Room 1015 stehen drei Duftkompositionen zur Rezension bereit. Das Duftlabel selbst war hier im Duft-Tagebuch bereits einige Male zu Gast (nachzulesen hier). Gründer von Room 1015 ist der mit einer gelassenen Rockstar-Ausstrahlung versehene Michael Partouche – besser bekannt als Dr. Mike –, der seine olfaktorischen Kreationen auch stets musikalisch zu vertonen weiß. Denn zu jeder Duftkomposition findet man auf der Homepage des Labels auch ein eigens komponiertes kleines Musikstück, in dem der Produkttext als Lyrics dient. Damit vereint Dr. Mike zweierlei Künste in seinen Werken: die Parfümerie und die Musik.
Stürzen wir uns gleich ins Duftgeschehen der drei Kreationen des gelernten Apothekers und leidenschaftlichen Rockers Dr. Mike, die in Zusammenarbeit mit dem Parfümeur Jérôme Epinette entstanden.
Cherry Punk – Musikalische Kirschen
Wenn Kirsche auf Punk trifft, kann das eine explosive Mischung werden. Cherry Punk ist die fruchtige Rockgöre in Lederklamotten, die laut Pressetext gerne Cherry Coke mit Portwein trinkt. Oder Portwein mit Cherry Coke, wo hier die genauen Präferenzen liegen, bleibt offen.
Jérôme Epinette kombiniert das musikalische Kernobst mit Safran, Szechuanpfeffer, Veilchen, Jasmin und Mimose. Dazu kommen noch Patchouli, Tonkabohne und Leder und fertig ist der Punk-Duft, der von der Londoner Boutique SEX von Vivienne Westwood und Malcolm McLaren in der King’s Road inspiriert wurde.
Kirsche in Lederkutte
Leise tritt die Kirsche auf. Fast schon schüchtern beschreitet sie an der Hand von selbstbewusstem Safran und scharfem Szechuanpfeffer die Duftbühne. Das gewürzig-ledrige Duo sorgt dagegen für einen durchaus imposanten Auftakt, der voller Kraft und Präsenz steckt. Noch findet man die Kirsche dezent im Hintergrund der Kreation, doch bald schon wird sie mutiger und kommt aus dem Schatten der beiden Gewürz-Alphatiere hervor.
Es mag an der floralen Unterstützung liegen, deren besänftigende Art der Kirsche wohl ganz gut liegt. Zart und floral untermalen die Blüten die nach wie vor ledrig-fruchtige Duftkomposition, der durchaus eine gewisse Portion Sex-Appeal innewohnt.
Schließlich verleiht Patchouli Cherry Punk dunkle-holzige Nuancen, die von den vanillig anmutenden Noten der Tonkabohne unterstrichen werden. Mit einer warmen und nach wie vor kirschfruchtigen Ledrigkeit klingt die Duftkomposition von Room 1015 ganz allmählich aus.
Kirsche trifft auf knarziges schwarzes Leder. Cherry Punk ist die Rockröhre in Lederjacke mit Kirschkaugummi. Wer Leder-Frucht-Kombinationen mag und vor einer gewissen Präsenz bei Düften nicht zurückschreckt, kann mit Cherry Punk von Room 1015 definitiv ein Statement setzen. In meinen Augen ein richtig toller Lederduft, der unbedingt auf die To-try-Liste gehört.
Hollyrose – die olfaktorische Rockballade
Den Musen der Rockstars gewidmet ist Hollyrose eine Hommage an die holde Weiblichkeit, die als Inspirationsquelle für so manchen Rocksong dienten. Die präferierte Blüte für die Damen ist die Rose, wie könnte es auch anders sein. In Hollyrose – ein Wortspiel aus Hollywood und Rose – sollen nun eben jene Faktoren zusammenkommen, die die Rockmusen ausmachten.
Neben der bereits genannten Rose finden sich in Hollyrose Schwarzer Pfeffer, Schwarze Johannisbeere, Orchidee, Patchouli und natürlich – ganz typisch für Rocker – Leder.
Romantischer Rosenrock
Überraschend hell und weich startet Hollyrose in den Duftauftakt. Dezent seife Rosennuancen bestimmen das Duftbild vom ersten Moment an. Pfeffer und Johannisbeere sorgen für eine subtile scharf-fruchtige Untermalung, die der Rose wunderbar zu Gesicht, äh Blüte steht.
Florale Noten, wohl der Orchidee geschuldet, unterstreichen die Rose und geben ihr Fülle und Raum. Nach und nach zeige sich auch ledrige Nuancen, die die Rose umgarnen, ihr schmeicheln. Doch bleiben diese stets im Hintergrund und überlassen der Grand Dame der Blüten die Duftbühne. Die Rose hat sich in Hollyrose also nicht umsonst in eine so wunderschönes Gewand geworfen. Sie ist der Star und die Muse, die die Musik der Rockstars am Leben erhält.
Schließlich taucht der Rausschmeißer in Form von Patchouli auf, der dafür sorgt, dass das traute Beisammensein so langsam zu Ende geht. Seine holzig-dunklen Noten führen die Rose samt ihrer Gefährten in die Basis, wo Hollyrose ganz gemächlich zur Ruhe kommt.
Hollyrose ist tatsächlich so etwas wie eine romantische Rockballade. Ein überaus floraler Rosenduft, der sehr hell und strahlend ist und durchaus auf einer olfaktorischen Kuschelrock-CD Platz finden würde. Doch trotz aller Rock-Romance-Attitüden offenbart die Kreation einen gewissen Hang zur Üppigkeit. Ein Freund von intensiven Leder-Blütenkombinationen und Rose sollte man daher schon sein. 🙂
Ten Fifteen – das zerstörte Hotelzimmer
Neben Sex, Drugs & Rock’n’Roll bringt man wenig so schnell in Verbindung mit Rockstars wie ein demoliertes Hotelzimmer. Dr. Mike widmete den Duft Ten Fifteen eben jenem imaginären Room 1015, in dem sich Dinge zugetragen haben könnten, die nie nach außen traten. What happens in Room 1015, stays in Room 1015. Nur die anschließende Verwüstung lässt darauf schließen, dass sich in diesem Zimmer kein Kaffeekränzchen mit gemeinsamer Häkelarbeit zugetragen haben dürfte.
Jérôme Epinette verwendete für die olfaktorische Zerstörung einer vorübergehend anmietbaren Übernachtungsmöglichkeit die Ingredienzien Safran, Mandarine, Iris, Veilchen, Sandelholz, Papyrus und Guajakholz.
Party bis zum Abwinken?
Eine fruchtig-würzige Mischung aus Safran und Mandarine sorgt bereits im Auftakt von Ten Fifteen für ledrige und auch zitrische Nuancen. Die Mandarine überrascht mich tatsächlich ein wenig in dieser Kombination. Denn einerseits ist sie erstaunlich präsent und bietet dem sonst durchaus dominant auftretenden Safran gekonnt die Stirn.
Andererseits besticht sie dennoch durch eine unglaubliche Transparenz und authentische Frische. Sie erhebt dadurch die Duftkomposition und verleiht ihr eine gewisse Luftigkeit. Iris und Veilchen untermalen Ten Fifteen alsbald mit einer cremig-floralen Pudernote, die sanft und behaglich anmutet wie ein samtiges Sofa, auf das man sich nur allzu gerne fallen lässt.
Sandelholz sorgt im weiteren Verlauf durch warme Holznoten für Intensität und Volumen. Eine dezente Süße durchzieht die Kreation aus dem Hause Room 1015. Nicht aufdringlich, aber doch wahrnehmbar. Im Ausklang gesellen sich noch Guajakholz und Papyrus hinzu, die grünlich-holzige Rauchnuancen beisteuern.
Ten Fifteen ist zahmer als ich erwartet hatte. Wie wild die imaginäre Party im ebenso imaginären Room 1015 wirklich war? Gute Frage. Doch egal, ob exzessive Party oder braves Beisammensein, der Duft zur Geschichte ist auf jeden Fall ungemein gelungen. Sehr sanft, sehr stimmig und harmonisch zeichnet sich Ten Fifteen durch warm-würzige Nuancen aus, die m. E. durchaus alltags- und bürotauglich sind. Wer noch auf der Suche nach einem eher leichten cremig-würzigen Holzduft mit einer gewissen Süße ist, sollte Ten Fifteen unbedingt testen
Seid Ihr neugierig geworden? Hier kommt Ihr direkt zu den heute vorgestellten Duftkompositionen:
Schreibe den ersten Kommentar