Seit langem habe ich einmal wieder zwei Düfte von Pierre Guillaume vor mir liegen, nämlich Alphaora No.30 und Animal Mondain. Ersterer gehört zu der zahlenlastigen Paris Collection, deren Namen Pierre Guillaume stets eine Zahl zur Seite stellte. Im Falle von Alphaora ist es die Nummer 30. Animal Mondain dagegen zählt zur Black Collection, in tiefschwarz gehalten, die sich der achten Kunst verschrieben hat. Doch dazu später mehr.
Pierre Guillaume hat in den letzten Jahren ein wahres Duftimperium erschaffen: um die sechzig Düfte – falls nicht sogar mehr – sind im Portfolio des Franzosen zu finden. Ein Großteil davon wurde früher unter dem Namen Parfumerie Générale lanciert, heute jedoch unter Pierre Guillaume Paris. Es gibt bei Aus Liebe zum Duft neben der bereits erwähnten Zahlenkollektion namens Paris Collection noch die Black Collection, die White Collection und die Cruise Collection.
Alphaora – die No.30
Pierre Guillaume hat mich ja schon früher mit seinen Namensgebungen des Öfteren verwirrt. Bei Alphaora No.30 dagegen gibt es konkrete Hinweise darüber, wie dieser Name zustande kam. Alphaora No.30 ist der erste Duft einer Serie von glamourösen Moosen, den sogenannten „Glam’mosses“. Und was ist die perfekte Bezeichnung für eine erste Sache? Kleiner Tipp: in Griechisch. Richtig! Alpha.
Der Anhang -ora dagegen soll von mehreren möglichen Vätern abstammen. Zum einen von der Blutorange, die im Duft von Pierre Guillaume Paris enthalten ist. Aber auch die „überirdische Aura“ (Englisch ausgesprochen) könnte namensgebend sein. Ich persönlich finde auch, dass der immer wieder betonte Zusammenhang zwischen Alphaora No.30 und Polarlichtern (Aurora borealis) bei dem Suffix -ora eine Rolle spielen könnte.
Wie leuchtende Kreaturen, die sich am eisigen Himmel schlängeln, bringen die Nordlichter die Polarnächte zum Leuchten. Töchter der Sonnenwinde und des Magnetfeldes der Erde, ihr himmlisches Leuchten verleiht Flechten, Moosen und schneebedeckter Vegetation eine überirdische Aura. Erlebe diesen Moment. Stell dir das geheimnisvolle Glühen der Nordlichter vor, wie das Moos eines Baumes durch das Leuchten verwandelt wird.
Die Ingredienzien von Alphaora No.30 sind schnell aufgezählt: Die bereits erwähnte Blutorange trifft auf Hinoki-Scheinzypresse, Akazienblüte und Moos. Parfümeur ist selbstredend Pierre Guillaume himself.
Alphaora No. 30 – der Duft glamourösen Mooses
Alphaora No.30 ist definitiv ein strahlender, ein bunter Duft. Eine intensive fruchtige Süße strahlt mir sofort nach dem Aufsprühen entgegen. Blutorange als solches ist m. E. nicht explizit zu erschnuppern. Vielmehr offenbart der Duft aus dem Hause Pierre Guillaume Paris ein kunterbuntes Duftbild, das von den sanften und betörend-samtigen Noten der Akazienblüte auf berauschende Art und Weise bestimmt wird.
Zitrische Nuancen untermalen die berauschenden floralen Noten, deren Süße und Opulenz einem Gourmandduft gerecht werden würde. Abgerundet wird die synthetisch angehauchte Duftkomposition durch hell-holziges Moose, deren fixierende Eigenschaften in dieser Kreation ganz Arbeit leisten. Im Ausklang überzeugt Alphaora No.30 mit unglaublich warmen und fast schon ambrierten Noten, die eine unglaubliche Behaglichkeit ausstrahlen
Wer einen Duft mit ordentlich Wumms, einer gehörigen Portion Süße und schriller Extravaganz sucht, der dürfte mit Alphaora No.30 genau richtig liegen. Die Kreation von Pierre Guillaume Paris hat alles was das Herz von Liebhabern olfaktorischer Opulenz begehrt. Berauschende Blüten und eine pudrig-trockene Süße treffen auf bunte Fruchtnoten bis zum warmen und sinnlichen Ausklang. Der Auftakt der „Glam’mosses“ hat es definitiv in sich. 🙂
Animal Mondain – Pierre Guillaume Paris
Die Black Collection aus dem Hause Pierre Guillaume Paris widmet sich – wie bereits erwähnt – der achten Kunst, wie die Parfümerie mancher Meinung nach bezeichnet werden sollte. Neben „Architektur, Bildhauerei, Malerei, Musik, Tanz und Literatur“ wird oftmals „der Film als siebte Kunst dazugerechnet“. Animal Mondain dreht sich um die 1930er Jahre, die Zeit der Marlene Dietrich, der Architektur von Robert Mallet-Stevens, Hollywood, Art déco und Bauhaus.
Damit schließt sich in dieser Rezension ein Kreis – wie mir zugegebenermaßen eben erst auffällt – denn beide der heutigen Düfte aus dem Hause Pierre Guillaume Paris drehen sich um die Zahle 30. Der eine namentlich, der andere thematisch. Faszinierend! Die Duftnoten Birne, Blattgrün, Tabak und Mahagoniholz lassen auf eine interessante Mischung schließen. Parfümeur Pierre Guillaume lässt uns an seinen Gedanken zum Duft Animal Mondain teilhaben:
„Zwischen der würzigen Glut von Cozé und der balsamischen und likörartigen Opulenz von Liqueur Charnelle fügt sich Animal Mondain als neuer Tabakduft in meine Kollektion ein. Eine olfaktorische Unisexkreation, inspiriert von der modernistischen Architektur eines Mallet-Stevens-Raucherraums. Das Gelächter einer geselligen Gesellschaft verteilt die Tabakvoluten, die sich sanft auf den Ledersesseln und entlang des Birnbaum- und Mahagoniholzes ausbreiten …“
Animal Mondain – die Black Collection
Der erste Sprüher offenbart Tabak … aromatisch, golden, markant. Doch bald schon offenbaren sich wunderschöne Honignoten, überraschend unsüß, die mich an Bienenwachs erinnern. Intensiv ist Animal Mondain von Anfang an. Ein wildes Tier ist er dennoch nicht unbedingt. Recht zahm zeigt sich der Löwe, weich und warm. Das goldene Fell spiegelt sich in dem Duft wunderbar wider, doch die Raubkatze lässt auf sich warten. Dunkle Holznoten schillern im Hintergrund des Dufts von Pierre Guillaume Paris.
Wo ist die Birne? Zu schüchtern, wie es scheint. Auch das Blattgrün nehme ich allenfalls sehr subtil wahr. Im Zentrum dieser komplexen Kreation steht der Tabak, der den Duft mit Inhalt, mit Volumen füllt. Nach und nach zeigt er eine vanillige Süße, die von ambrierten Ledernoten nuanciert wird. Mit warmen und balsamischen Noten klingt Animal Mondain ganz allmählich aus.
Mit Animal Mondain serviert uns Pierre Guillaume Paris einen weitere opulente Olfakto-Ode. Facettenreicher Tabak in unterschiedlichen Ausprägungen – mal honigartig, mal gourmandig, doch meistens süß – bestimmt diese Duftkomposition. Sicherlich kein wildes Biest, dass uns Pierre Guillaume da präsentiert, aber eine Kreation, die sich bezüglich Präsenz, Üppigkeit und Opulenz durchaus sehen lassen kann. Freunde von intensiven Tabakdüften sollten Animal Mondain am besten auf ihre Must-try-Liste setzen. 🙂
Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch noch einen schönen Dienstag.
Liebe Grüße
Julia
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