… sind Thema unseres dritten Teils der Rezensionsreihe zu BOHOBOCO, der Marke der beiden Fashiondesigner Kamil Owczarek und Michał Gilbert. Den ersten Artikel mit Vorstellung der neuen Brand als auch Rezensionen zu Coffee White Flowers und Eucalyptus Patchouli gab es am Mittwoch. Gestern hatte ich unter dem Motto „Blüten satt“ im zweiten Artikel die Blumenschönheiten Geranium Balsamic Notes sowie Olibanum Gardenia vorgestellt, wobei letzterer streng genommen eigentlich kein floraler Duft, sondern ein exotisch-blühend angehauchter Weihrauchvertreter und somit ein echtes Unikat ist.
Heute wird es, passend zum eher herbstlich verhangenen Wetterchen, deliziös, und zwar mit Red Wine Brown Sugar und Sea Salt Caramel.
Inspiriert von einer Klassikertraube – Red Wine Brown Sugar
„The unity of dry red wine enriched with woody notes and brown sugar: an unconventional bouquet that stimulates the senses. An extroverted, embracing and encouraging feeling of warmth. An excellent element of an elegant and exciting night.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Trockenfrüchte, Rote Früchte, Brombeere
Herznote: Patchouli, Wein, Zedernholz
Basisnote: Karamell, Leder, Zucker
Red Wine Brown Sugar ist offenbar eine Liebeserklärung der Haute Parfumerie an die Haute Cuisine. Ich hatte es bereits erwähnt: Michal vollzog, nachdem er seine Leidenschaft für Düfte entdeckt hatte, die ersten „Gehversuche“ in der heimischen Küche und experimentierte eifrig, bis er die Konzepte für die Kollektion von BOHOBOCO schlussendlich soweit fertig hatte, um sie mit dem Parfumeur Anthony Gérard umzusetzen.
„Unkonventionell, extrovertiert und dabei voller ermutigender Wärme: Für die Inspiration dieser Kreation stand der Lieblingswein eines Freundes des Designers Pate; hergestellt aus der Rebsorte Zinfandel mit ihrem saftigen, reichen und intensiven Aroma von Waldfrüchten.“
Als Akkorde werden stichwortartig „Wein“ mit einem Verweis auf rote Früchte angegeben sowie „Süß“ mit der näheren Erklärung „Karamell, Likör“ … Dessertwein? Gibt es Dessertwein aus Zinfandel? Und woher kommt Zinfandel überhaupt?
Ich gestehe: ich trinke gerne Wein, kenne mich aber leider längst (noch?) nicht so gut damit aus, wie ich es gerne würde. Ein Thema, in das man ebenso knietief eintauchen kann wie in Düfte, in Tees, Kaffee, Whisk(e)y, Gin, Rum, Gewürze wie beispielsweise Salz und Pfeffer … Alles extrem spannend meiner Meinung nach, angefixt bin ich auch gleich, allerdings bedarf es immer Zeit und Muße, sich damit auseinanderzusetzen – daran mangelt es bei mir derzeit ein wenig. Dennoch verlustiere ich mich gerade mit diversen unterschiedlichen Salz- und Pfeffersorten, teste und probiere …
Kommen wir zurück zu Red Wine Brown Sugar und zum angesprochenen Zinfandel: diese Rebsorte wurde wohl in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts von einem Winzer aus Österreich in die USA eingeführt, wo (bis) heute weltweit am meisten Zinfandel angebaut wird (darüber hinaus findet man auch Anbaugebiete vor allem in Australien und Südafrika). Mir ist Zinfandel vor allem als australischer Wein bekannt, und zwar vornehmlich die Varianten, die sich im Supermarktsortiment als auch den Ladengeschäften der weinverkaufenden Ketten finden lassen. Die Charakteristika der Rebsorte: resistent, robust und ertragreich, darüber hinaus von hohem Gehalt an Zucker, was sich auf den Alkoholanteil auswirkt (hoch) sowie auf die kräftige Rotfärbung des Weins und sein Aroma, welches, wie oben bereits angeklungen ist, von roten Beeren, Waldfrüchten und Gewürzen wie Zimt, (Gewürz)Nelken und Pfeffer gekennzeichnet ist.
Bei meiner Minirecherche fiel immer wieder der Name einer zweiten Rebsorte, die mir und vermutlich auch Euch ebenso ein Begriff ist – Primitivo, typischerweise in Italien vorzufinden. Handelt es sich hierbei um dieselbe Sorte, eine ähnliche Sorte? Ich war selbstredend neugierig und habe diesen netten Artikel im Netz gefunden, der die Zusammenhänge erklärt: Offensichtlich stammen beide Rebsorten von einer seltenen kroatischen Rebsorte namens Crljenak ab. Zinfandel soll eventuell sogar identisch mit eben dieser sein, Primitivo wohl eher eine Variation derselben. Je nach Anbaugebiet unterscheidet sich im übrigen der Geschmack, das Aroma, lest beispielsweise hier.
Rotwein in Düften oder generell: Wein in Düften – ein Motiv, das wesentlich weniger häufig anzutreffen ist, als man vielleicht meint. Ginestet hatte damals einige mittlerweile leider vergriffene Düfte lanciert, unter anderem den genialen Botrytis, einer der Lieblingsdüfte von Honigfreunden (Honigwein und leuchtendes Herbstlaub). Acqua del Garda und Acqua delle Langhe haben ebenfalls Weindüfte im Gepäck, letztere Marke widmet sich ausschließlich diesem Thema. Ansonsten wird es schon überschaubar – Noir de Noir von Tom Ford hat, wie ich finde, eine ausgeprägte rosenbekränzte Rotweinnote, dann wäre da noch Back to Black von by Kilian und vor allem auch Blask von Humiecki & Graef sowie Une Rose von Frédéric Malle als auch einige Vertreter von Les Liquides Imaginaires. Die Marke O’Boticario hat ebenfalls einige (Rot)Weindüfte im Sortiment.
Ein Raumduft darf an dieser Stelle selbstredend nicht unerwähnt gelassen werden: der geniale Rosso Nobile von Dr. Vranjes, der darüber hinaus im herrlichen Dekanter mit Weinreben als Stäbchen kommt (oder besser: kommen kann, es gibt auch die „normale“ Variante, die aber nicht so stylish ist).
Red Wine Brown Sugar duftet in der Tat likörig, nach einem Dessertwein – ob aus Zinfandel auch ein ebensolcher hergestellt wird, konnte ich auf die Schnelle nicht recherchieren. Ein weicher, weiniger Duft umschwirrt mein Näschen, samten und von einer dunkelroten Färbung, von ledrig-herbem Unterholz getragen. Von einer unterschwelligen, subtil anmutenden Karamellsüße ist er und durch und durch beerig, allerdings nicht quietschig oder pappig süß, auch nicht künstlich-fruchtig. Und, das ist ein wichtiger Aspekt: für mich duftet Red Wine Brown Sugar tatsächlich in allererster Linie nach (Rot)Wein, wobei aus diesem dann die Beerennoten herausgearbeitet werden – und nicht andersrum im Sinne von: Früchte ergeben zusammen mit einer gewissen Süße und Samtigkeit eine Weinassoziation.
Eine ziemlich perfekte Interpretation eines süffigen und charakterstarken Rotweins, würde ich behaupten. Red Wine Brown Sugar wird damit sicherlich einige Träger*innen begeistern, er ist annähernd ganzjährig tragbar, darüber hinaus geschlechts- und tageszeiten- bzw. anlassunabhängig „einsetzbar“. Chapeau, mir gefällt er richtig gut!
Zuckersüße Kindheitserinnerungen – Sea Salt Caramel
„The salty-sweet fragrance is the harmonic, penetrating and refreshing sea breeze, interrupted by a few drops of thick caramel. Sea minerals and pink pepper combine with playful and flirty sweetness to evoke the picture of carefree joy.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Zitrone, Fleur de Sel (Meersalz), Rosa Pfeffer
Herznote: Jasmin, Lorbeer, Algen
Basisnote: Karamell, Zucker, Zedernholz
„Sommerferien an der See! Es duftet nach Meeresbrise, nach schmelzender Eiscreme und nach Sandwiches mit Marmelade – von der Mutter zu Hause liebevoll zubereitetet. Glückliche Zeiten!“
Für Sea Salt Caramel haben BOHOBOCO die Akkorde „mineralisch“ und „süß“ angegeben, darüber hinaus Meersalz und Algen sowie Karamell und braunen Zucker.
Sea Salt Caramel – mmmhh … Karamell und Salz, perfekt. Erst gestern habe ich wieder in eine meiner wenigen Lieblingsschokoladen gekauft, die es lediglich in der Schnäppchenmarktkette Action gibt: eine Faitrade-Schokolade mit … genau, Sea Salt Caramel, die neben der Chocolat Noir au Poivre Rose von Dolfin zu meinen absoluten Favoriten zählt (obschon ich generell sehr wenig Schokolade esse – man muss ja auch nicht jedem Laster zugeneigt sein ;)). Die Kombination ist göttlich und passt sowas von perfekt, ich liebe sie auch bei Eis (yep, ein süßes Laster, das ich habe und pflege).
Was Düfte angeht, gibt es da schon mindestens einen Kandidaten, der sich dieser Thematik verschrieben hat, und zwar kommt mir spontan der schöne Salt Caramel von Shay & Blue. Unknown Pleasures von Kerosene habe ich auch so ähnlich in Erinnerung, als verrückt-geniale Melange aus Zitronenwaffeln, Crème brûlée mit Karamelltupfern sowie geräuchtertem Schwarztee, allerdings ohne Salz. Das findet sich auch nicht in Pierre Guillaumes holzigem 10 Aomassaï, der dennoch eine überaus entzückende Karamellnote besitzt. Alle drei genannten Düfte sind keine typischen Gourmands im Sinne von „nur süß“, das würde ich spontan auch bei Sea Salt Caramel von BOHOBOCO unterstellen beziehungsweise vermuten – es hilft nichts, er muss umgehend ab auf die Haut, um das zu klären 😉
… richtig geraten! Und dennoch lag ich etwas daneben. Sea Salt Caramel ist weniger ein Gourmand im klassischen Sinne, auch keiner der un-pappsüßen, erwachsenen Vertreter, sondern vielmehr eine gar entzückende, innovativ-einzigartige Interpretation eines Meerduftes. Denn wir haben es hier mit zitrisch-prickelnd angestrahlten olfaktorischen See-Noten zu tun, Meer pur mit Gischt und ein wenig Tang und vor allem viel mildes Salz. Wer sich, wie ich, ein wenig mit Salz auseinandergesetzt hat, wird wissen, dass es ganz unterschiedliche Salzsorten gibt und bei weitem nicht jede davon „In Your Face“-Salzigkeit an den Tag legt, jene kräftige, eindimensionale Geschmacksvariante. Meersalz sowie diverse andere Salzsorten gibt es auch milder, vom Aroma her sehr viel facettenreicher, tatsächlich auch „wässrig“ anmutend. So zeigt sich unser Salz hier ebenfalls – und bietet darüber hinaus malzig-karamellige Anklänge mit leisen Toffee-Anklängen, die mir umgehend das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. … wo war doch gleich noch die Schokolade, die gestern erworbene? Die muss ich mir sogleich zu Gemüte führen, während ich noch den wunderhübschen Sea Salt Caramel auf meinem Arm genieße.
Mich begeistert er als untypischer Vollblutgourmand mit seinem Spagat zwischen eben dieser Duftfamilie als auch derjenigen der Meeresdüfte. Und: ich kann ihn mir an Träger*innen gleich welchen Geschlechts vorstellen. Er ist ein Wohlfühlduft allererster Güte, der auf (warmer) Haut eine ganz besondere und durchaus erotische Aura entfaltet!
In diesem Sinne, meine Lieben – ein schönes Wochenende und viele liebe Grüße
Eure Ulrike
Schreibe den ersten Kommentar