Da habe ich mich in meinem letzten Artikel zu L’Artisan Parfumeur darüber echauffiert, dass die (nunmehr) vorletzte Rezension bereits ganze sechs Monate zurückliegt, und nun das … ganze zwei Jahre konnten wir unseren L’Artisan-Hunger nicht stillen. Tatsächlich liegt meine letzte Rezension zu diesem wunderbaren Dufthaus und seinen noch wunderbareren Kreationen schon so lange zurück. War es nicht erst gestern, dass mein Näschen an einem der Les-Paysages-Düfte schnuppern durfte? Habe ich nicht erst kürzlich den Artikel zu den Blütenschmankerln Champ de Fleurs und Champ de Baies geschrieben?
Umso glücklicher bin ich über die zwei Phiölchen von L’Artisan Parfumeur, die vom Bruchsaler Stammhaus aus ihren Weg auf meinen Schreibtisch gefunden haben: Histoire d’Orangers und L’Eau d’Ambre Extrême sind unsere heutigen zwei Kandidaten. Ersterer aus dem Jahre 2017, zweiterer aus dem Jahre 2001. Also keine Neulancierungen, sondern Düfte die schon das ein oder andere (19! *kreisch*) Jahr auf dem Buckel haben, aber sicherlich noch so up-to-date sind, als wären sie erst gestern geschlüpft.
Histoire d’Orangers – L’Artisan Parfumeur
Die französische Parfümeurin Marie Salamagne durfte sich 2017 für Histoire d’Orangers von L’Artisan Parfumeur kreativ austoben und wählte für ihre „Geschichte der Orangenbäume“ ganz schlicht und einfach die Ingredienzien Neroli, Orangenblüte und Moschus aus. Manchmal braucht man einfach nicht viel, um glücklich zu sein. Vielleicht braucht man auch nie viel, um glücklich zu sein. Doch das ist ein anderes Thema, das jeder mit sich selbst ausmachen sollte. 😉
Ein sonniger Zeitvertreib im Schatten der Bitterorangenbäume: Une Histoire d’Orangers.
Eine tief verwurzelte Erinnerung an den Sonnenuntergang auf den Erdwällen von Taroudant; das warme Licht macht die Farben des rauen Landes intensiv und die Luft wird frischer. Ein Parfum, das von Licht, Feinheit und Klarheit erfüllt ist.
Taroudant ist – nebenbei bemerkt – eine Oasenstadt in Marokko, die in der fruchtbaren Souss-Ebene liegt. Dort werden neben allerlei anderem Obst und Gemüse auch eine Vielzahl von Hesperiden angebaut.
Die Geschichte der Orangenbäume
Sonnig und warm startet Histoire d’Orangers in unsere Duftreise nach Marokko. Wunderschöne watteweiche Weißblühernoten strahlen mir entgegen, sehr sanft und beinahe milchig. Neroli untermalt die Orangenblüten durch dezent bittere und würzig-süße Akzente und verhindert, dass Histoire d’Orangers mit all seinen wohligen Weichblühernoten zu sehr ins Betörende abdriftet. Tatsächlich trägt Histoire d’Orangers deutliche Eau-de-Cologne-Züge in sich, doch ist der Duft überaus präsent und intensiv.
Sonnig-sommerlich und beinahe cremig-weich und in tiefes Goldorange getaucht, ist Histoire d’Orangers von L’Artisan Parfumeur ein überaus lebensfroher, ein lebendiger Weißblüherduft, der mit deutlichen Moschusnoten langsam und ganz allmählich ausklingt.
Freunde von sonnigen Weißblüherdüften, von Orangenblüten und Moschus dürften an Histoire d’Orangers ihre helle Freude haben. Ein wirklich wunderschönes und sommerlich anmutendes Eau de Parfum in Eau-de-Cologne-Manier, das durch Intensität, Präsenz und eine lange Haltbarkeit aufwarten kann. Toll!
L’Eau d’Ambre Extrême – L’Artisan Parfumeur
Ein ganz anderes Kaliber dürfte unser zweiter Pröbling heute sein. L’Eau d’Ambre Extrême fordert mich bereits beim Tippen auf der Tastatur „extrême”. Habe ich jemals schon so lange gebraucht, um einen Duftnamen aufs Blatt bzw. den Bildschirm zu bringen? Glücklicherweise gibt es „copy’n’paste“, wodurch sich die Schreibzeit für diesen Blogartikel drastisch aufs Normalmaß verkürzen dürfte. 😉
Nicht nur namentlich ist L’Eau d’Ambre Extrême von L’Artisan Parfumeur eine Herausforderung, auch duftmäßig machen mir Kreationen mit dem Anhang „extrême“ gerne ein wenig Angst. Bisher immer absolut unbegründet, das kann ich versichern.
Ich vertraue auf den Parfümeur dieser Kreation, Jean-Claude Ellena. Dieser entwickelte L’Eau d’Ambre Extrême 2001 als Nachfolgerduft seiner beliebten Komposition L’Eau d’Ambre aus dem Hause L’Artisan Parfumeur und zwar mit den Ingredienzien Kardamom, Muskatnuss, Mazis (Muskatblüte), Pfeffer, Patchouli, Türkische Rose, Ambra, Benzoeharz, Sandelholz, Moschus, Tonkabohne und Vanille.
Im Jahr 2001 beschloss Jean-Claude Ellena, eine verfeinerte Version seines Erfolgsdufts „L’Eau d’Ambre“ von 1978 zu kreieren und nannte jene „L’Eau d’Ambre Extrême“.
Diese neue Variante zeigt sich noch würziger als sein ohnehin schon orientalisch auftretender Vorgänger. Ein tiefer und komplexer Ambraduft, ein köstliches Elixier, das die Sinne betört und mit seinem weichen Duft den Körper zart umhüllt.
Ambra extrem
Wunderschön, warm und würzig startet L’Eau d’Ambre Extrême in den Duftverlauf. Die Ambra zeigt sich gleich im Auftakt von ihrer schönsten Seite: dezent ledrig, sehr weich und geschmeidig mit gourmandigen Anklängen ist die animalische Ingredienz von Anfang an präsent.
Pfeffer bringt trockene Schärfe ins olfaktorische Spiel, während Patchouli mit seiner typischen holzigen Erdigkeit für Tiefgang und Charakter sorgt. Vanille und Tonkabohne unterstreichen die gourmandig-würzigen Noten dieser Ambrakreation. Im Hintergrund nehme ich eine leicht seifige Note wahr, die mich unterschwellig an die Knete meiner Kinder erinnert.
Sandelholz und Benzoeharz übernehmen im Ausklang des Dufts die Rolle der Ambrabegleiter. Balsamisch-cremig und mit samtigen-pudrigen Noten klingt L’Eau d’Ambre Extrême von L’Artisan Parfumeur ganz langsam und allmählich aus.
Warm, holzig, würzig und mit einer gehörigen Portion der namensgebenden Ambra verzaubert mich L’Eau d’Ambre Extrême mit seinen orientalisch-gourmandig anmutenden Noten. Für manche mag die Kreation aus dem Hause L’Artisan Parfumeur vielleicht eine Spur zu maskulin sein. Meines Erachtens ist der Duft aber definitiv unisex. Ein toller Duft für herbst und Winter, der trotz seiner beinahe zwanzig Jährchen auf dem Buckel absolut up-to-date und modern ist. 🙂
Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch noch eine schöne Restwoche.
Liebe Grüße,
Julia
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