… ist der vorletzte Duft der Franzosen, die mich und somit auch uns schon eine ganze Weile beschäftigen. Wie gestern erwähnt bin ich überaus angetan von der Kollektion, die die Geschichte des Les Bains auf olfaktorische Weise nacherzählt: Zuerst Thermalbad, Badehaus, danach Nachtclub, weltweit berüchtigt, und jetzt Hotel, profan ausgedrückt. Besser formuliert und treffender: Boutique-Hotel, fünf Sterne, Luxusklasse. Während der Übergangszeit zwischen Club und Hotel war das Les Bains in der Tat auch Schauplatz für eine ziemlich einzigartige Angelegenheit: vier Monate wurde das Gebäude von Künstlern bewohnt und „beackert“ im Sinne von: mit Kunst veredelt. Austoben durfte sie eine erlesene Gruppe an Künstlern dort, wie ich gestern berichtete.
Heute sind wir beim vorerst letzten Kapitel des Les Bains Guerbois angekommen, der letzten Station sozusagen – 2015, wie der Name des Duftes bereits verrät, öffnete das Haus seine Pforten erneut – für, ziemlich sicher, ein erlauchtes Klientel, weil ich mir kaum vorstellen kann, dass ein Aufenthalt dort unter „Schnäppchen“ läuft 😉 [Ok, ich war doch neugierig: plus/minus vierhundert Euro aufwärts pro Nacht und Zimmer …]
2016 bekam das neugestaltete Interieur, das behutsam die Epochen mit einbezieht, sogar einen ganz besonderen Preis, den Prix Versailles. Sagt Euch nichts? Da kann ich Abhilfe schaffen: es handelt sich hierbei um einen jährlich von der UNESCO in unterschiedlichen Kategorien verliehenen Weltarchitekturpreis, der Ladengeschäften, Hotels und Restaurants vorbehalten ist, die sich besonders verdient machen um die Verknüpfung von Wirtschaft und Kunst, Kreativität und Design.
.. Die Zeit widmete der Neueröffnung einen schönen Artikel namens Hotel Sündenpool – seht hier. Auch sonst bekam das Les Bains Paris einiges an Aufmerksamkeit, selbstredend auch in den französischen Medien – hier ein Fernsehausschnitt, in französischer Sprache zwar, dafür aber mit adretten Bewegtbildern!
Monsieur Marois ist von Haus aus Filmregisseur und Produzent, wie schon erwähnt – wen wundert es da, dass es ein paar nette Filmchen gibt – so unter anderem diesen Image-Film von Ellen von Unwerth (wer sie nicht kennt: Deutsche, ehemaliges Topmodel der Siebziger- und Achtzigerjahre, die in letzteren mit der Fotografie begann und heute eine gefragte Mode-Fotografin ist, darüber hinaus auch Videoclips produziert):
Auf zwei weitere Artikel möchte ich Euch noch hinweisen – den auf der Website Designhotels, über die man (unter anderem bzw. anderen) seinen Aufenthalt im Les Bains Paris buchen kann, klick, sowie auf diesen Blogartikel bei Fat Tire Tours.
Eine glanzvolle Renaissance – 2015 Le Phénix
„In Paris nothing disappears, anything can come back to life. In 2015 the Bains rises again. Once again everything goes in the Maison Guerbois under the deeply burnished domes and cupolas, in a subtle spiral of cardamom and ginger, patchouli and cedarwood, incense and amber. The Spa, the nightclub, the hotel. Dance, linger, dream, perspire, drink, watch, sense, seduce, doze. All the yesterdays and now. This is LES BAINS ; 1885, 1978, 2015.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Ingwer, Kardamom
Herznote: Patchouli, Zedernholz, Papyrus
Basisnote: Weihrauch, Moschus, Ambra
Parfumeur: Michel Almairac
Almairac ist, wie alle anderen Parfumeure, die für Les Bains Guerbois 1885 tätig waren, ein bekannter Name: mit 19 Jahren begann er 1972 seine Laufbahn und Karriere als Parfumeur, und zwar an der bereits in einem vorherigen Artikel erwähnten Schule von Roure Bertrand in Grasse. Hernach arbeitete er unter anderem für Creations Aromatiques, Drom und Takasago, ergo die üblichen Verdächtigen, die großen Aromastoffhersteller. Zu seinen Kreationen gehören unter anderem Acqua di Parma Gelsomino Nobile, diverse für Bond No. 9 sowie für Bottega Veneta und für Burberry (u. a. Body samt einigen Flankern, Burberry Men und Burberry Women), Calvin Klein Truth for Men, diverse für Chloé,
und Heaven, Christian Dior Fahrenheit, Giorgio Armani Privé Collection Bois d’Encens und Cuir Amethyste, Grès Cabaret, diverse für Gucci, Jil Sander (No. 4, Woman III), JOOP! Femme und Homme, L’Artisan Parfumeur Voleur de Roses, Laura Biagiotti Venezia, Le Labo Ambrette 9, diverse für Len Fragrances, Les Parfums de Rosine Bois Fuchsia, Paloma Picasso Minotaure, Pierre Balmain Ivoire und viele mehr.Darüber hinaus hat Almairac mittlerweile seine eigene Marke, die er als Familienunternehmen betreibt – Parle Moi de Parfum, deren Mango-Chypre Chypre Mojo / 45 bei mir seit seinem Erscheinen in meiner All-Time-Top10 gelandet ist.
2015 Le Phénix – wie der Phönix aus der Asche entsteigt das Les Bains erneut: Hotel, Restaurant, Nachtclub und Spa, alles, was das Herz begehrt. Und noch dazu in solch stilvollem Ambiente, das gekonnt die Geschichte des Hauses erzählt, unterschiedliche Stilepochen aufgreifend.
Unser Feuervogel ist stolz und elegant, distinguiert, zeitlos und erlesen. Ingwer, herb-fruchtig-trocken in Kombination mit Kardamom, dunkelstgrün-aromatisch und bitter-würzig, von Papyrus in seiner edlen Bitterkeit tatkräftig unterstützt (eine ähnliche, wahnsinnig schöne Papyrusnote findet sich in Pierr Guillaumes Papyrus de Ciane). Zeder holzt auf die ihr genuine Weise, streng, ernst, sauber mit einem klitzekleinen Hauch Seifigkeit, vor allem aber klar-hölzern wie sandgestrahltes, graues Treibholz. Moschus und Ambra zeichnen weich, rahmen ein, drängen sich allerdings nicht in den Vordergrund – 2015 Le Phénix besitzt so gut wie keine Wärme (einmal abgesehen von der leisen, äußerst subtilen Wärme, die von der hintergründigen, leidenschaftlich-feurigen Schärfe des Ingwers abstrahlt) und erst recht keine Süße, dafür aber mineralische Anklänge, fast schon „steinig“, die mich an einen leider vergriffenen Liebling von mir erinnern, an Cristiano Fissore Cashmere for Men. Montales Greyland (gibt es den noch?) zielt in eine ähnliche Richtung, genauso wie einige Düfte aus der von mir ebenfalls sehr geschätzten Linie von Miller et Bertaux, die ich ohnehin als Tendenz, als Richtung nennen mag, für diejenigen, die sich fragen, ob der Phönix ein Vögelchen für sie wäre.
Für mich ist er eines, ein gar kraft- und charatervolles, das modern, minimalistisch und zeitlos ist. 2015 Le Phénix ist ein „cooler“ Duft, ein Statement-Duft, der gleichwohl Understatement ist – so ähnlich wie ein grauer oder schwarzer Rollkragenpulli, am besten aus Seide oder Kaschmir. Kommt nie aus der Mode, zieht einen immer an.
Erneut Daumen nach oben – ich bekomme mittlerweile schon richtig Angst, denn es sind bisher bereits drei, vielleicht auch für Düfte von Les Bains Guerbois 1885 in meinen Dauertest gegangen … könnte teuer werden, wenn sie einziehen „müssen“ … 😉
Morgen folgt deshalb, und auch nur deshalb: Gott sei Dank der (hoffentlich nur vorübergehend) letzte Duft des Hauses – bis dahin alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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