Neue Geschichten – Falling into the Sea & O, Unknown! heißen …

… die beiden Novitäten von Imaginary Authors, die dieser Tage in unserem Shop eingetrudelt sind. Gute Nachrichten aus den USA – da stürze ich mich doch umgehend drauf, würde ich sagen!

Imaginary Authors ist die Marke von Josh Meyer. Die Liebe zu Feingeistigem, den schönen Dingen – Stichworte: Kunst, Kultur, sinnlliche Genüsse wie beispielsweise Whiskey, gutes Essen und so weiter – ließen Meyer eines Tages auf die Welt der Düfte stoßen, wo er sich seit 2010 als Parfumeur tummelt und 2012, so meine ich, mit Imaginary Authors startete. Ein Autodidakt wohlgemerkt, was seinem Erfolg allerdings keinen Abbruch tut. Parfumistas wissen, dass es davon einige in der Nische gibt, deren mit viel Herzblut geschaffene Düfte weltweit ihre Liebhaber finden – Andy Tauer und (die leider mittlerweile verstorbene) Vero Kern (vero.profumo) sind gute Beispiele dafür, des Weiteren Hiram Green, Spyros Drosopoulos (Baruti), Francesca Bianchi, John Pegg (Kerosene), Sven Pritzkoleit, um nur einige zu nennen. Meyer befindet sich somit in bester Gesellschaft. Ich habe bereits an anderer Stelle ein wenig mehr Background-Informationen über Meyer zusammengetragen – wenn Ihr neugierig seid, dann bitte hier entlang.

Das Konzept hinter der Marke Imaginary Authors ist einzigartig: Meyer erzählt Geschichten. Oder besser: lässt Geschichten erzählen. Das hört sich auf den ersten Blick herkömmlich, vielleicht gar gewöhnlich an, ist es aber nicht. Denn die Geschichte zu jedem Duft kommt von einem Charakter, einer Person, die genauso der Phantasie Meyers entspringt wie die Story, die sie zu erzählen hat. Eine Art Doppelpseudonymisierung also, wenn man es so will.

Für das „Alter“ der Marke war Meyer bereits überaus fleißig: eine kurze Recherche ergibt neunzehn duftende Schöpfungen. Allerdings weiß ich nicht, ob noch alle erhältlich sind – auf dem deutschen, ich denke auch: europäischen Markt sind nicht alle gelandet. Dennoch haben wir einen Großteil der Meyerschen Kreationen im Sortiment und im Blog haben wir ebenfalls bereits diverse rezensiert, falls Ihr stöbern gehen wollt. Falling into the Sea und O, Unknown stehen demnach heute auf dem Plan – nichts wie ran an den olfaktorischen „Speck“ 😉

Sizilianische Sommerliebe – Falling into the Sea

„Im Alter von neunzehn Jahren veröffentlichte Nica Galas ihr erstes Buch, den autobiografischen Band Falling into the Sea. Es beschreibt eine kurze und heftige Liebesbeziehung zwischen heißen Stränden und Zitronenbäumen im Golf von Neapel. Die atemberaubende Geschichte beginnt damit, dass Nica und ihre Freundinnen Jasminblüten für Jungen pflücken, während diese von den Klippen ins Meer springen. Ein unschuldiger erster Kuss bricht in eine glühende Sommerliebe aus, die in einer Mondnacht endet, als ihr Geliebter in den dunklen Abgrund springt, um niemals wieder aufzutauchen. Nica bleibt nackt auf den Klippen zurück und schreit seinen Namen.

Dieser Duft ist abgefüllter Sonnenschein in Flaschen. Tragen Sie ihn am besten an bewölkten Tagen, um die Hitze des Sommers zu beschwören.“

Die Ingredienzen:
Zitrone, Bergamotte, Grapefruit, Litschi, Florale Noten, Sand

Klippenspringen in Sizilien – kurz gegoogelt und fündig geworden: es gibt wohl einige Strände, wo man das praktiziert. Ich in jedem Fall bin raus – ich würde es mich nicht (mehr?) trauen, denke ich. Aber man wird ja mit fortschreitendem Alter gerne mal ein bisschen vorsichtiger im Vergleich zu den Sturm- und Drangjahren, vielleicht wisst Ihr ja, wovon ich spreche 😉

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Polignano a Mare scheint wohl das Eldorado der Klippenspringer zu sein, darüber hinaus ist auch Cala Rossa dafür bekannt, wie ich lese. In Polignano a Mare finden wohl regelmäßig Weltklasse-Wettkämpfe statt, von, wie soll es auch anders sein bei extremer anmutenden Sportarten, Red Bull gesponsert, seht hier.

Eine Liebesgeschichte, vor allem eine tragischer Natur, eignet sich selbstredend immer perfekt für jede Art von Erzählung – so auch bei Josh Meyer. Der Geliebte, der unrettbar in den Fluten des Meeres versinkt – das erinnert an Hero und Leander, jenes Liebespaar aus der griechischen Mythologie, das zu berühmtesten der Weltliteratur gehört. Ein Quentchen Wehmut erwarte ich also bei Falling into the Sea, auch wenn ich noch nicht weiß, wo ich es ausmachen werde beziehungsweise woraus, aus welchen Zutaten oder vielmehr welcher Kombination es sich ergibt …

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Zitrisch-säuerlich-prickelnd startet unser Duft – Falling into the Sea ist aber dennoch kein typischer Vertreter der Gattung der Hesperidendüfte oder gar ein Cologne. Warum? Nicht ganz einfach zu beantworten, es ist das Beiwerk, das ihn davon abgrenzt … vielleicht sind auch eher die Zitrusfrüchtchen die Zier? Es brodelt im Duft, und zwar wässrig – Tiefe suggeriert er, tiefe See, die Untiefen des Meeres in schillerndem Petrol. Ich bin ein wenig um Worte verlegen, weil sich Falling into the Sea schlecht kategorisieren lässt: er ist nicht aquatisch im Sinne von frisch gewaschen, frisch geduscht, clean, sauber, künstlich-wässrig. Allerding ist er auch kein maritimer Duft, eine Unterscheidung, die ich hier irgendwann einmal eingeführt habe, um die Frisch-Geduscht-Aquaten von den authentischen Seedüften zu unterscheiden. Sandig ist es irgendwo, im Untergrund, aber ich nehme kein Salz wahr und auch wenig Gischt, dafür gluckerndes Grün-Blau, Wasser, Meerwasser, mit leisen Anklängen von Algen und ähnlich typischer Flora.

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Ein ziemlich außergewöhnlicher Duft, wie ich finde. Vergleichbares? Mir fällt nicht viel Ähnliches ein zu diesem grünen Meerduft, allenfalls vielleicht, aus der Erinnerung heraus, Nishanes Boszporusz. Überflüssig zu erwähnen – Falling into the Sea passt perfekt zu den uns vermutlich noch erwartenden heißen Sommertagen, meine Lieben!

Nachtrag: Falls sich wer fragt, wo die Litschi geblieben ist – auf meiner Haut finde ich keine, was nicht heißt, das kein fruchtiger Exot lockt … Für mich duftet es aus dem Petrol heraus definitiv nach gelber Tropenfrucht, allerding eher nach Karambole/Sternfrucht als auch nach grüner Mango … noch jemand da draußen, der diese „Entdeckung“ unterschreiben kann?

Von Endlichkeit & dem Sinn des Lebens – O, Unknown!

„Als der berühmte Entdecker und Autor Philip Sava im Alter von 65 Jahren erfuhr, dass er weniger als ein Jahr zu leben hatte, machte er sich von seinem Haus in Madagaskar aus auf den Weg ins Unbekannte. Er ließ all seine Habseligkeiten zurück, machte sich zu Fuß auf, überquerte mit einem Frachter den Indischen Ozean und wanderte hinein in die Wildnis Bangladeschs. Seine Reise, die über ein Jahrzehnt dauerte, führte ihn durch Nepal und Tibet, wo er sich dem Spirituellen zuwandte, und in das ländliche China, wo die Monate der Einsamkeit zu einigen der authentischsten Beobachtungen führten, die jemals auf Papier gebracht wurden. Dies ist die Geschichte eines Mannes, der um den Sinn des Lebens ringt, während er die letzten Momente des Lebens erfasst.

Auch wenn es düster klingt, diese Nacht könnte Ihre letzte sein. Tragen Sie O Unknown! auf und stürzen Sie sich ins Vergnügen. So oft Sie können wiederholen.“

Die Ingredienzen:
Schwarztee, Lapsang Souchong, Iris, Moos, Moschus, Sandelholz

Was wäre wenn … wir wüssten, das wir noch eine Nacht, noch einen Tag, noch eine Woche, noch ein Jahr zu leben hätten? Eine philosophisch anmutende Frage, die mich ganz spontan vor allem an einen Roman sowie einen Film denken lässt – an Muriel Barberys Erstling Die letzte Delikatesse und an Lars von Triers Melancholia. Während in dem filmischen Machwerk, dem apokalyptischen des letztgenannten Dänen die Welt untergeht, ist es in Barberys Erzählung „nur“ ein Leben, das sich in den letzten Zügen befindet, und zwar dasjenige eines bekannten Gastrokritikers, der, bekannt für seine Bissigkeit (im wahrsten Sinne des Wortes) auf eine dekadent-ausschweifende Existenz zurückblickt, und zwar auf der Suche nach demjenigen lukullischen Genuss, der ihm der liebste, der wichtigste war … Sehr lesenswert, meine Lieben – vielleicht kennt Ihr ja bereits Barberys bekanntesten Roman, Die Eleganz des Igels – eines meiner Lieblingsbücher der letzten zehn, fünfzehn Jahre. Die Verfilmung (abweichender Titel: Die Eleganz der Madame Michel) ist, selten aber wahr, äußerst gelungen, ich kann beide(s) nur empfehlen.

Auf Sinnsuche ist der „Imaginary Author“ also, so kurz vor dem Ende seines Lebens, wie er anfänglich meint – und wird dann doch einige Jahre älter als angenommen. Das ist Glück, der Ort, an dem ihn seine Reisen führten, nicht vollkommen ungewöhnlich für Faustsche Sucher: Asien. Tibet, Nepal, Indien, China, das kommt sicher nicht nur mir bekannt vor. Dorthin zieht es die jungen Wilden nach der Schule, vor oder während der Ausbildung und oft genug auch später noch Menschen, Trekkingtouren, Bergbesteigungen, gerne auch mal im Rahmen einer Midlifecrisis … Dennoch bietet der Kontinent selbstredend eine Flut von extrem unterschiedlichen Eindrücken, Kulturen, das ist klar. Und Antworten metaphysischer und/oder philosophischer Natur ebenfalls – oder zumindest „Angebote“, was davon überzeugend wirkt, dürfte auf das Individuum ankommen 🙂

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Der Sinn des (Da)Seins oder vielmehr die Suche danach, vielleicht sogar ein Ausblick, gebannt in einen Flakon – was Meyer wohl hier fabriziert hat? Nachdem mich bereits Falling into the Sea hinsichtlich seiner Zielrichtung mittels seiner Zutaten etwas in die Irre geführt hat vorab, verwende ich dieses Mal keine Zeit mit fragenden Gedanken und entlasse das duftende Etwas umgehend auf mein Handgelenk …

… wo es mich durchaus zu bezirzen weiß, ja, wirklich! Vielleicht bei um die dreißig Grad heute nicht mein Duft 1. Wahl, das muss er aber auch nicht sein, es gibt bekanntlichermaßen noch andere Temperaturen und Jahreszeiten 😉 Will sagen: der nächste Herbst kommt ganz bestimmt. Und mit Falling into the Sea gab oder gibt es auch einen potentiellen Sommerbegleiter.

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Meyer hat mit O, Unknown! eine sehr schöne Iris gezaubert, eine sehr besondere: in Rauch gehüllt zeigt sie sich, was Teekennern gleich klar gewesen sein dürfte bei dem Wörtchen Lapsang Souchong. Den habe ich ebenfalls zu Hause stehen und liebe ihn – geräucherter Schwarztee, der duftet wie der Sattel des Marlboro-Manns oder Lucky Luke, der über heißen Asphalt reitet, den rauchenden Colt noch in der Hand. Ganz bestimmt nicht jedermanns Sache, in jedem Fall aber meine. Man kann nicht schon morgens mit Islay-Single Malt anfangen, jenen torfigen Whisky-Sorten, die es mir ebenfalls angetan haben. Schwarztee, ordentlich Rauch und pudrig-cremige Iris, auf ein Fleckchen Moos sowie balsamisch-würziges Sandelholz gebettet.

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Ihr werdet es Euch schon denken können – diese Iris kann auch von dem einen oder anderen Mann getragen werden, keine Frage. Und ist, auf eine raue Art und Weise, ziemlich sexy, ohne jemals plump zu wirken. Daumen nach oben, Herr Meyer!

In diesem Sinne – einen guten Start in den Morgen wünsche ich Euch und proste Euch zu mit einem Tässchen … Lapsang Souchong, ganz genau!

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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