Oud auf Eis: Oud Glacial von Reminiscence …

… ist die zweite Neuheit der Franzosen – Vanille Santal habe ich mir bereits gestern für Euch angesehen, heute nun beschäftigt uns der Oudbruder, dessen Name mich ziemlich neugierig stimmt …

Gegensätze ziehen sich an – Oud Glacial

„Eine wunderschöne Dualität tut sich in Reminiscences Oud Glacial auf: der Hintergrund und die Kopfnote, die Reichhaltigkeit und Wärme der Hölzer, insbesondere von Oud, und die Frische der frostigen Minze. Im Herzen spendet uns Rose Sinnlichkeit. Aus diesen vermeintlichen Gegensätzen fügt sich Oud Glacial zu einem großen Ganzen und einer einzigartigen Harmonie zusammen.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Minze, Mandel, Safran
Herznote: Rose, Veilchen, Maiglöckchen, Minze
Basisnote: Nagarmotha, Patchouli, Moschus, Adlerholz (Oud)

Noch ein Oud, wird der eine oder die andere von Euch sicherlich denken. Und sich vielleicht fragen, warum ich gespannt bin. Einerseits, regelmäßige Leser*innen werden es wissen, weil ich immer noch und immer wieder ein Fan der Ingredienz bin. Und andererseits, weil Oud Glacial schon alleine aufgrund seines Namens verheißungsvoll auftritt – einen kühlen Oudduft vermutet man dahinter, dieses halbe Versprechen könnte nach einem Blick auf die Ingredienzen hoffentlich sogar eingelöst werden.

https://pixabay.com/de/photos/wood-tree-branch-wald-burned-tree-5205049/

Die Allgegenwärtigkeit des Ouds in der Welt der Düfte, die seit einigen Jahren vorherrscht, hat viele ermüdet – davon kann ich mich ebenfalls nicht restlos ausnehmen. Dennoch bin ich immer wieder angefixt, wenn mir ein Oud über den Weg läuft oder besser: auf meinem Schreibtisch landet, der dieser Zutat neue Facetten abgewinnt, sie neu interpretiert, generell Innovation bietet oder zumindest verspricht. Denn Oud ist so komplex, verfügt über derart viele unterschiedliche Aspekte und Seiten, dass eigentlich annähernd unendliche viele Interpretationsmöglichkeiten offenstehen im Hinblick auf Düfte.

So hatte mich vor allem der Trend zu Gourmand-Oud-Düften erfreut, der ungefähr zum Zeitpunkt der Lancierung von Oud Divin und Oud Délice von Robert Piguet begann. Gourmand-Ouds gab es bereits davor, allerdings fristeten sie eher ein Nischendasein in der Nische, was sich meines Erachtens nach vor circa fünf Jahren zu ändern begann. Gab es zuvor nur einige wenige Kandidaten dieser Oud-Unterkategorie wie beispielsweise den schönen Aoud Gourmet von Micallef, kamen zeitgleich und danach einige solcher Düfte auf den Markt, siehe beispielsweise Roja Dove Candy Aoud, Floris Honey Oud und Amber Oud, Atkinsons Oud Save The King, MFK Oud Satin Mood und natürlich Xerjoffs Mamluk aus der Oud Stars-Kollektion.

Diese, die ich nach wie vor sehr liebe, hat, perfekte Überleitung, mit Fars einen weiteren wunderschönen Oud-Vertreter, der einer relativ rare Richtung oder vielmehr Gruppe innerhalb der Ouddüfte angehört – es handelt sich um einen kühlen Oudduft.

Medizinisch, rauchig, ledrig, animalisch, holzig – Oud hat so viele Facetten, kann auf so vielerlei Weise parfumistisch ausgelegt werden. Das erfolgt dennoch eher im Rahmen von warmen Düften, ob es sich nun um Orientalen handelt oder nicht. Kühle, frische, erfrischende Ouddüfte sind selten, immer noch, was ich persönlich sehr schade finde.

Mir fallen ehrlicherweise auch nicht besonders viele Vertreter ein – Fars, soeben genannt, darüber hinaus Enrico Gis toller Oud Intense [Randbemerkung: eine tolle Linie, leider total unbekannt und leider „abgeschifft“ in Deutschland. Momentan spottbillig über ebay zu haben für ca. 30 Euro plusminus für 100 ml bei einem früheren Verkaufspreis von 120, 130 Euro – wer Oud mag, kann hier eigentlich gar nichts falsch machen, denn alle vier Düfte sind phänomenal. Ich habe die komplette Kollektion und es steht hier pro Duft nicht nur ein Flakon, weil ich mir sehr sicher bin, dass sie irgendwann eingestellt werden …], Nasomattos Duro, Montales Steam Aoud sowie Accendis‘ Aclus … mehr fallen mir dazu im Moment spontan nicht ein (überflüssig zu erwähnen: ich besitze sie alle). Oder doch, einer noch, der sogar beiden Unterkategorien angehört auf eine Weise – Piguets L’Entier, ein Oudduft mit Gourmandanklängen, „Solar“-Akkord sowie maritimen Anwandlungen.

Ob Oud Glacial auch einzieht, da ich ein ausgesprochener Fan von kühlen Ouddüften bin? Wir werden sehen – dafür muss er aber umgehend ab auf die Haut!

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Perfekt – Oud Glacial ist toll, wirklich. Zugegeben, seine Oudnote ist nicht allzu ausgeprägt oder besser: dominant, aber dennoch vorhanden. Und sie wird ziemlich genial von Nagarmotha unterstützt, das bereits in Montales vergriffenem Steam Aoud auf schwer fassbare und noch schwerer zu beschreibende Weise luzide wirkte, eine leuchtende Strahlkraft verlieh. Diese zeigt sich auch in Oud Glacial, genial kombiniert mit Pfefferminze. Eine Minze, die Frische spendet und eine subtile Süße an den Tag legt, wie sie einigen von Guerlains Herba Fresca bekannt sein dürfte (den nicht wenige genau dafür lieben).

Noch besser: die Minze wirkt geeist, so wie der Name erahnen lässt, erinnert somit an einen leckeren, erfrischenden Sommer-Cocktail. Keiner jener quietschesüßen Vertreter, nein, ein von Meisterhand gemixter, fein-herb-aromatischer Hipster, hervorragend geeignet zum genießerischen Nippen als auch gierigen Trinken (ok, das rächt sich meist, werden Liebhaber guter Cocktails wissen …). Maiglöckchen unterstreicht annähernd anonym und lediglich zart-floral jene Frische, lässt sie sauber wirken, strahlen, während hintergründige Akzente von sacht-pudriger Mandel die Süße um ein klitzekleines Quentchen verstärken. Für mich wirken diese in ihrer zurückhaltenden Wärme wie die letzten Sonnenstrahlen eines warmen Tages, was mich umgehend wieder an den Cocktail erinnert, der, so das Bild in meinem Kopf, am Abend bei Sonnenuntergang zelebriert und konsumiert wird.

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Das macht Spaß und Lust auf mehr, wobe ich nicht glaube, dass ich noch viele Testanläufe brauche, um mich selbst davon zu überzeugen, dass Oud Glacial ganz hervorragend in mein Privatsortiment passt. Ein weiteres, schlagendes Argument: ich kenne ansonsten keinen Duft, der die Kombination Oud mit Minze feiert, die in der Tat vortrefflich harmoniert.

Neugierig geworden? Ich wäre sehr gespannt auf Eure Meinung zum Duft!

Herzlichst

Eure Ulrike, im eisig-minzig-oudigen Duftvergnügen schwelgend

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

3 Kommentare

  1. Kathi
    23. Juni 2020
    Antworten

    Hallo liebe Uli!
    Das hört sich nach einem überaus spannenden Tröpfchen an, das ich dringend testen muss! Während ich absoluter Fan von Minzdüften bin, so bin ich bei Oud eher noch in der… „Experimentierphase“, Da ich bei höheren Temperaturen eher nicht zu Oud greifen würde, klingt diese Kombi doch aber nach einem sommertauglichen Kandidaten 🙂
    Ist dir zufällig ein Vergleich zu Etro’s Lemon Sorbet möglich? (Wahrscheinlich Äpfel mit Birnen…) Auch wenn dieser es anfangs nicht allen leicht macht ihn gleich zu mögen, liebe ich den Duft sehr und würde ihn als eisig-kühlend beschreiben.
    Sommerliche Grüße!
    PS: Lustigerweise war ich Anfang des Jahres auf einem Parfum-Workshop und habe in „meinem“ Duft Minze mit warmen, „wüstigen“ Noten kombiniert wie Leder, Sandelholz, Ambra. Es waren ganze 13 Düfte, daher muss ich nochmals auf die Liste schauen was ich genau kombiniert habe. Aber – je nach Minze-Konzentration sollte ich dem Duft wohl eine Sommer-Chance geben! 😉

  2. Ulrike Knöll
    23. Juni 2020
    Antworten

    Hallo liebe Kathi,

    Oud, jaa … ein weites Feld, zugegeben 😉

    Ich liebe einiges an Oud, vor allen Dingen die „Wildlinge“, die Ungezähmten, von Xerjoff, Oud Divin (geniale Kaffeenote, Espresso, nix Cheesecake-Latte mit Topping und Sirup ;)) und den „normalen“ Oud (kühl, herrlich, holzig, unbeschreiblich – ein Immergeher für mich und Trutzburg duftender Art) von Robert Piguet. Darüber hinaus einige Montales, den Malle (leider kein Schnäppchen) und viele mehr, vor allen Dingen aber auch die oben genannten.

    Kühles Oud finde ich unglaublich raffiniert und es ist leider wirklich selten. Pfefferminze liebe ich eh, insofern wird Oud Glacial wohl einziehen. Keine Angst, kein Brecher-Oud und wirklich überaus sommertauglich. Ich mag ihn sehr. Außerdem sind Reminiscence wie immer preislich fair, finde ich.

    Falls Du testest, meldest Du Dich nochmals? Würde mich sowohl interessieren als auch freuen 🙂

    Darüber hinaus bin ich neugierig, was Du alles in Deinem Duft untergebracht hast und wo Du den Workshop gemacht hast, wenn Du es erzählen möchtest 🙂
    Deine Kurzbeschreibung bzw. der Teaser erinnert mich ein bisschen an einen vergriffenen Duft von Stéphanie de Saint Aignan, an Un Thé au Sahara, den ich als sehr schön in Erinnerung habe. Die Linie ist discontinued, leider.

    Viele liebe Grüße

    Uli

  3. Ulrike Knöll
    23. Juni 2020
    Antworten

    Fast vergessen, Lemon Sorbet – ich hatte ihn mal, lang ist es her …
    Soweit ich mich erinnern kann, habe ich ihn ebenfalls als geeist, kühl im Kopf, aber eben zitrisch-aromatisch dank grüner Sprenkler. Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass Du Oud Glacial diesbezüglich ebenfalls magst. Er ist nicht vereist wie beispielsweise Humiecki & Graefs Eau Radieuse (der sich auf meiner Haut für einige Zeit tatsächlich wie Eisspray anfühlt und nicht nur so bzw. nach Menthol duftet – herrlich, wenn es richtig heiß ist), aber eben zart-geeist angenehm kühl 🙂

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