Felino von Carner Barcelona – Auftakt einer bestialischen Kollektion

Mit der Bestial Collection von Carner Barcelona wird es heute und nächste Woche ein wenig gruselig, fantastisch und mystisch im Dufttagebuch: Felino, Drakon und Bestium nennen sich die drei neu lancierten Düfte des spanischen Labels und die haben es thematisch definitiv in sich. Drachen, Löwen und allerlei bestialisches Getier sind die Inspirationsquelle dieser so infernalischen Kollektion.

Beim ersten Nachdenken über die Bestial Collection war ich der vollkommen Meinung, dass ich absolut allen Fantasywesen nicht wirklich viel abgewinnen kann. Und doch tauchten nach und nach immer mehr davon – insbesondere Drachen – in meiner Erinnerung auf. Schon als kleines Kind war ich begeistert von Elliot, dem gutmütigen, aber feuerspuckenden Schmunzelmonster, dann später als Teenager habe ich die Fantasybücher von Wolfgang Hohlbein fast schon inhaliert. Hier gab es genregemäß natürlich Fabelwesen noch und nöcher.

Carner Barcelona – Bestial Collection – Felino

In meinen Zwanzigern dann die Shrek-Filme mit der eselsverliebten Drachendame, später folgten Tolkiens fürchterlicher Smaug und natürlich die Fantasyserie schlechthin, die uns eine Dekade lang mit ihren Protagonisten leiden, kämpfen und mitfiebern ließ … Game of Thrones. Die drei Drachen Drogon, Viserion und Rhaegal haben mich in jeder Szene beeindruckt und begeistert, mir so manchen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen. Auch wenn mein GoT-Herz nicht unbedingt für Daenerys schlug, ihre drei Drachen machten sie für mich tatsächlich ein Stück weit sehenswerter. 🙂

Die Bestial Collection von Carner Barcelona ist nun aber weder meinen Erinnerungen noch Game of Thrones gewidmet. Nein, vielmehr ist Gaudis mitunter recht bizarr anmutender und von mystischen Fabelwesen durchzogener Baustil, der in Barcelona nahezu an jeder Hausecke zu bewundern ist, Inspirationsquelle dieser drei neuen Düfte.

Drei intensive und komplexe Parfums, die das Universum des Tierreichs und seiner Fantasie in Barcelonas Moderne widerspiegeln. Die Moderne wurde in Barcelona nicht nur von der Kunst, sondern auch vom Bereich der Kultur, des sozialen Lebens und der Politik angenommen. Ihre Hauptausdrucksform war die Architektur und ihr bester Botschafter war Gaudi.

Carner Barcelona – Bestial Collection – Felino

Eine der interessantesten Facetten der architektonischen Moderne war ihr dekorativer Aspekt, gekennzeichnet durch die ästhetische Freiheit und Verwendung von eklektischen Figuren, exotischen Tieren und die Verschmelzung von Fabelwesen mit der wahren Welt. Die modernistische Symbolik wollte mit der Vergangenheit brechen und eine neue Kunst schaffen, so wie die Erneuerung der Formen, insbesondere mit prägnanten Tierdarstellungen.

Felino – Carner Barcelona

Auch in der ganz realen Welt beheimatet ist unser erster Protagonist des Duftes Felino: der Löwe. Das majestätische Tier wird nicht umsonst als König des Tierreichs bezeichnet und ist so mancherorts als royales Symbol genutzt. Kraft, Stärke und Mut verkörpert der Löwe. Seit jeher wurden die Raubkatzen gleichermaßen gefürchtet wie verehrt. Der Parfumeur Rodrigo Flores-Roux setzte für Carner Barcelona seine Interpretation des felinen Prädators mit den Duftnoten Absinth, Kräuter, Papyrus, Bergamotte, Jasmin, Ylang-Ylang, Leder, Nelkenblätter, Myrrhe, Opoponax, Styraxharz, Vanille und Zibet um.

Ein Symbol der Macht für die katalanische Bourgeoisie. Der Wunsch, wirtschaftlichen Fortschritt und Erfolg zu demonstrieren. Der Löwe wird zum Ausdruck von unternehmerischer Leistung.

Weiche, aber würzige Noten von Muskatnuss und Haselnuss mischen sich mit einem Herz aus Jasmin und schwarzem Leder. Eine kleine Nuance der harzigen Süße von Vanille ergibt einen leicht kristallisierten Ton und eine dramatische Überdosis Myrrhe runden die Aura des opulenten und unvergesslichen Parfüms ab.

Carner Barcelona – Bestial Collection – Felino

Gut gebrüllt, Löwe?

Satt cognacfarben ist das Extrait de Parfum, von dem ich hoffe, dass die Löwenassoziation nicht in einem zoologischen Garten verifiziert und originalgetreu angepasst wurde. Ein erster Textschnupper lässt mich erleichtert aufatmen. Und nicht nur das, ich bin durchaus angetan. Kräftig und körperreich zeigt sich Felino von Carner Barcelona direkt nach dem Aufsprühen.

Eine dunkle Rauchigkeit durchzieht den Duft. Knarziges und tiefschwarzes Leder vereint sich mit intensivst balsamischen Noten, denen ebenso krautig-gewürzige wie erdig-holzige Nuancen innewohnen. Eine dezente Schärfe ist wahrnehmbar. Die Blüten und all die anderen Ingredienzien bilden das Gerüst dieser überaus komplexen Duftkomposition, sind aber als einzelne Komponenten nicht wirklich zu identifizieren. Das muss ja aber auch gar nicht sein, denn auf das Gesamtkunstwerk kommt es ja an. Und ein Kunstwerk ist Felino absolut.

Der Teststreifen fällt übrigens deutlich gourmandig-würziger aus meine Haut. Hier kann erschnuppere ich geröstete Haselnüsse und auch die charakteristischen Absinth- und aromatische Kräuternoten sind hier deutlicher wahrnehmbar. Dafür tritt auf dem Papier der rauchige Aspekt in den Hintergrund. Felino wirkt hier insgesamt heller und eine Spur leichter als auf meiner Haut.

Carner Barcelona – Bestial Collection – Felino

Carner Barcelonas bestialischer Löwe Felino ist sicherlich kein Duft für jedermann. Hier haben wir es mit einem echten Kracher zu tun, einem Duftfeuerwerk, das im Gegensatz zu realer Pyrotechnik eine richtig lange Haltbarkeit aufweist. Mit Felino setzt man ein Statement, man beeindruckt und fasziniert. Wer balsamische Düfte liebt, sollte diese neue Kreation unbedingt testen. Dieser Duft könnte aber prinzipiell für alle interessant sein, die starke, aussagekräftige und imposante Kompositionen abseits des Mainstreams mögen. Hier hat Carner Barcelona definitv ein olfaktorisches Meisterwerk erschaffen. Gut gebrüllt, Löwe!

Damit wünsche ich Euch noch eine schöne Restwoche und ein erholsames Pfingstwochenende! Bleibt gesund! 🙂

Liebe Grüße,
Julia

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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