… geht es einen weiteren Tag, und zwar mit Murmure des Dieux und Suma Oriental! Für die Nachzügler: letzte Woche hatte ich Euch bereits die neue alte Marke vorgestellt, siehe den ersten Artikel zum Thema inklusive Rezension zu Fleur des Fleurs. Danach folgte die Rezension zu Mr. Vetiver, seht hier.
Holzige Köstlichkeiten – Suma Oriental
„Heiß & Bezaubernd – „Suma Oriental“ ist eine Hommage auf die großartige Schriftensammlung des portugiesischen Apothekers Tomé Pires, der im 16. Jahrhundert Botschafter in China wurde. In einer sehr detaillierten Schrift mit klangvollen Namen „Suma Oriental“ über die Inselstaaten Südostasiens, beschreibt er zum ersten Mal den Handel mit Sandelholz von den Sumba-Inseln (dem heutigen Indonesien).
Seine Arbeit inspirierte den renommierten Parfümeur Francois Coty zur Kreation des Parfums „A Suma“ in 1934, das an die Strände Balis im Mondlicht erinnern sollte.
„Suma Oriental“ ist ein hypnotisierender Duft, der Patchouli in üppiger Übereinkunft mit holzigen und cremigen Noten verstärkt.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Nagarmotha, Rum, Kakao
Herznote: Patschuli
Basisnote: Sandelholz, Tonkabohne, Kaschmirholz, Guajakholz, Patschuli, Moschus
Parfumeur: Anne-Sophie Behaghel & Amélie Bourgeois
Harmen schrieb in seiner schon vor Jahren verfassten Rezension zu Suma Oriental, dass dieser für ihn „ruhigste und sinnlichste Duft“ der Kollektion von Une Nuit Nomade (damals: Une Nuit à Bali) sei (es gab zu dieser Zeit lediglich Fleur des Fleurs und Mr. Vetiver sowie Une Nuit à Bali, der mittlerweile discontinued ist). Darüber hinaus ließ Harmen Folgendes verlauten:
„Im Text wird allerdings nichts von den leckeren Gourmandnoten berichtet, die zu Beginn des Dufts auftreten, eine köstliche schokoladige Rumnote, etwas Vanille rieche ich ebenso noch heraus. Hier steht zwar Patchouli im Herzen der Pyramide, aber dieses wurde ganz behutsam eingebettet und bleibt somit ganz zahm. Umso schöner erstrahlt eine ganz warme, weiche und auch gewürzig scheinende Sandelholznote, die von weiteren Hölzern gestützt und von Moschus wattiert wird.“
Yep Harmen, vollkommen korrekt – ich war ebenfalls auf mehr oder weniger „reines“ Sandelholz abonniert, will sagen: ich hatte einen monothematischen Sandelholzduft erwartet. Sicherlich komplex, denn das trifft bisher auf alle von mir getesteten Düfte der Marke zu, aber dennoch war ich gedanklich eher in Richtung Barbershop unterwegs. Nicht unbedingt klassisch-traditionell, oder doch, ein Spagat zwischen eben jener Richtung als auch moderner Parfumeurskunst. Das trifft auf Suma Oriental definitiv zu, allerdings brilliert er in der Tat mit unerwarteten Gourmandanklängen, die überaus köstlich duften und mich in Entzücken versetzen.
Einerseits staubtrockene Holznoten von würziger Wärme, pudrig anmutend und durchaus eben doch Barbershop-tauglich. Andererseits Edelalkoholika, gebettet auf eben jenem Hölzchen, auf dem der Fokus des Duftes liegt, auf Sandelholz. Rum, likörig-fruchtige Aspekte, die mich entfernt an Lubins Idole erinnern. Patschuli, der ähnlich samtig-pudrige Kakaonoten produziert wie in Serge Lutens schönem Klassiker Borneo 1834. Gehüllt in äußerst annehmbar-attraktiven (Harz- UND Holz)Rauch, kokelig-lodernd und wärmend, gesüßt von würziger Tonka – sehr sehr lecker, meine Lieben!
Suma Oriental ist ziemlich toll: er schafft es, der Gattung der Sandelholzdüfte Innovation einzuhauchen, darüber hinaus ist er sowohl einer der wenigen warmen gourmandigen Holz- als auch Sandelholzdüfte. Und: er ist sowohl für Männer als auch für Frauen tragbar. Sicher, er trägt sich Herbst/Winter besser als an wärmeren Tagen, allerdings ist der April ja bekanntermaßen ein temperaturentechnisch wankelmütiger Monat, er lässt uns sicher noch ein bisschen Gelegenheit, diesen Schönling auszuführen 😉
Das duftende Murmeln der Götter – Murmure des Dieux
„Magie & Faszination – Bali erwacht jeden morgen mit der Vorbereitung der rituellen Opfergaben. In den frühen Morgenstunden sammeln die Balinesinnen frische Blüten, die sie in ihre morgendliche Zeremonie einbinden. Bali’s berühmteste Blume ist ‚Jepun‘, besser bekannt als Frangipani. Diese Blüte hat für die Indonesier einen besonderen Stellenwert, ist Teil ihres mystischen Glaubens, und ziert die Tempelstätten. Gleichzeitig symbolisiert die Frangipani Blüte die Gottheit Shiva aber auch das Ritual der Dankgebete, die morgendlich ausgesprochen werden.
Murmure des Dieux steht für die Erleuchtung des Geistes und der Seele. Es ist ein luftiges Parfum, das die Leichtigkeit des Seins verkörpert und wie ein zartes Flüstern den Träger umgibt. Der Duft ist wie eine olfaktorische Phrase, wie ein Mantra auf der Haut. Ein delikater Akkord aus Vanille und vollmundigen Moschus unterbricht die leichte mandelartige Note und verfeinert die opulente Süße der Frangipani Blüte. Mumure des Dieux’ ist ein exotischer, einzigartiger und extrem sinnlicher Duft.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Reis, Sesam, Kardamom, Fenchel
Herznote: Frangipani, Magnolie, Jasmin, Tonkabohne
Basisnote: Weißer Moschus, Ambra, Vanille, Bockshornklee
Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass Harmen Murmure des Dieux bereits besprochen hatte – Pustekuchen … ich war es, und zwar höchstselbst. Es ist schon ein bisschen her, deshalb nehme ich mir auch diesen Duft nochmals zur Brust und schaue, was und ob mich mein „Geschreibsel“ von gestern (oder so ähnlich – 2016, streng genommen) noch etwas angeht 😉
Damals hatte ich bereits erläutert, von welcher Zeremonie bei Une Nuit Nomade im Zusammenhang mit Murmure des Dieux die Rede ist:
„Die hier angesprochene Tradition des Canang Sari entstammt dem Hinduismus. Interessant an dem Brauch ist unter anderem die Etymologie: Sari heißt im Balinesischen soviel wie Essenz und Canang bezeichnet das kleine Palmenblätterkörbchen. Der Begriff Canang kommt ursprünglich aus der Kawi-Sprache, einer Urahnin des Javanischen, und wurde zusammengesetzt aus ca, schön, und nang, (Zweck)Bestimmung, Absicht. Und wenn wir schon von ebenjener sprechen, der Absicht: Canang Sari ist eine tägliche „Opfergabe“, wenn man es so möchte, ein Dankeschön für Frieden, Glück und so weiter, das sich durch das Aufwenden persönlicher Zeit bei der Zubereitung ausdrückt.
Wie wir alle wissen, haben die Hindus ja diverse Gottheiten, deshalb ist dieses kleine Opfer auch ziemlich vielen gewidmet: In seiner Gesamtheit selbstverständlich Sang Hyang Widhi Wasa, der obersten Gottheit. Allerdings stehen viele der verwendeten Materialien auch für andere Götter: Shiva wird durch die Zitrone/Limette symbolisiert, Vishnu findet sich in der Betelnuss wieder, Brahma sieht sich durch Nauclea Gambir dargestellt, um nur einige zu nennen. Ach ja, damit ist es aber dann noch nicht getan, das Stillleben will gut ausgerichtet werden, denn die Blüten, die es zieren, zeigen im Normalfall in unterschiedliche Richtungen, die wiederum auf bestimmte Götter hinweisen: Weiße Blüten nach Osten als Symbol von Isware, rote Blüten nach Süden für Brahma, gelbe Blüten nach Westen für Mahadeva und blaue oder grüne Blüten nach Norden zu Ehren von, einmal mehr, Vishnu.“
Damals waren nur einige wenige Duftnoten kommuniziert worden, genauer gesagt Frangipani (= Plumeria), Reis, Sternanis und Moschus – das erschien mir schon zu dieser Zeit nicht zutreffend, logisch 😉
Ansonsten allerdings war ich ziemlich begeistert vom Murmeln der Götter:
„Murmure des Dieux ist ein herrliches schillerndes Kleinod, ein rares. Ein Feuerwerk an unterschiedlichen Eindrücken, an Düften, genauso bunt wie die schönen Canang Saris und entführt mich wirklich gedanklich nach Bali – auch, wenn ich es nur von Bildern, ob nun bewegt oder still, kenne.“
Diesen meinen Eindruck kann ich nur wiederholen und unterstreichen – und frage mich momentan, weshalb Murmure des Dieux noch nicht bei mir eingezogen ist. Ein herrliches Bouquet wunderschöner Blüten, nektarsüß, lebensfroh, heiter – und niemals zuviel, weil diesem Sträußlein eine wunderschöne Frische innewohnt, eine luftige. Exotische Blüten, nicht vergessen an dieser Stelle: Frangipani soll wohl die Enkephalin- als auch die Endorphinproduktion anregen können und somit nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch glücklich machen – das kann ich nur bestätigen. Ein tropisch-florales Vergnügen, leichtlebig und leichtfüßig, von einer schönen, wohldosierten, cremigen Süße. Sachter Rauch, subtil im Hintergrund wabernd, Sprenkler von Rosenwasser als auch Reismilch umgarnen die Blümelein. Zwischendurch fühle ich mich, was die Handschrift angeht, an meine Lieblinge von Miller et Bertaux erinnert. Und möchte die vanillegeküsste Reis(milch)note ansprechen, die in einer solch geglückten Ausprägung äußerst selten ist in Düften. Einer der Düfte, der mit einer ebensolchen aufwartete, ist discontinued – Hiroshima Mon Amour von Nez à Nez (welcher allerdings eher einem likörgeküssten Milchreis gleichkam, was ihn nicht weniger habenswert macht).
Die Fraktion der tropisch-floralen Düfte ist bei mir einigermaßen unterrepräsentiert im Regal – Keiko Mecheris Isles Loîntaines ist einer der wenigen, den ich in schöner Regelmäßigkeit trage. Er könnte Gesellschaft bekommen, befürchte ich …
Morgen geht es weiter mit Une Nuit Nomade – bis dahin alles Liebe und einen guten Start in die Woche, bleibt gesund!
Herzlichst
Eure Ulrike
Toller Artikel. Ich hätte nichts dagegen jetzt auf Bali zu sein und ein bisschen in den Wellen zu surfen. Vielen Dank für die kleine Inspiration. Liebe Grüße