… wir heute, und zwar mit Duft Nummer Zwei aus der Une Nuit à Bali-Kollektion. Gestern hatte ich Euch schon die neue alte Marke vorgestellt samt dem ersten Duft dieser (Unter)Kollektion, Fleur des Fleurs. Früher firmierten sie unter dem Namen Une Nuit à Bali, dieser Name wurde für eine der drei (Unter)Kollektionen übernommen, während man sich nun Une Nuit Nomade nennt. Harmen hat sich ihre ersten Düfte schon einmal vor Jahren unter die Nase geklemmt. Da das schon einige Zeit zurückliegt, dachte ich, ich nehme die drei einfach „mit“ und schaue mir mal an, ob Harmens und meine Eindrücke annähernd deckungsgleich sind 🙂
Vorhang auf heute also für Mr. Vetiver!
Von tätowieren Unbekannten und großartigen Gräsern – Mr. Vetiver
„Frisch & Elegant – Mr. Vetiver ist die Geschichte eines Mannes, dem Sie vielleicht irgendwo in der Nähe von Java begegnet sind oder werden. Die Leute sagen, dass er groß ist, mit einer Haut, die von der Sonne gebräunt und unzähligen Tätowierungen übersät ist. Seine blauen Augen, häufig in den Sucher seiner Leica getaucht und sein weißes Hemd immer zerknittert. Man soll ihn oft auf den Ebenen der Garut-Region sehen, wie er auf einem alten holländischen Fahrrad mit voller Geschwindigkeit dahin radelt.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Kardamom, Grapefruit, Limette, Basilikum, Estragon
Herznote: Geranium
Basisnote: Vetiver, Chili, Iris, Ambra, Hölzer, Moos
Parfumeur: Amélie Bourgeois
Harmen fiel zu Mr. Vetiver Folgendes ein:
„Da hab ich zuerst gedacht, dass ich das Rätsel lösen kann; das muss doch Jacques Zolty sein, aber nein, der ist ja auf St. Barth unterwegs. 🙂 Der Name des Dufts und der Produkttext verraten im Grunde bereits, worum sich das Ganze dreht. Großartig, wie Kardamom schon zu Beginn hervorstrahlt, untermauert von frisch-grünen Limettennoten und grünen Gewürzen, die im Herzen auf blättrige Geraniumnoten treffen. Würzig-krautig auftretendes Vetiver wurde mit einer scharfen Chilinote vermengt, was hervorragend mit Kardamom harmoniert. „Mr. Vetiver“ (Amélie Bourgeois) radelt mit warmen erdig-holzigen Noten davon. Ganz hervorragend, den merke ich mir für den nächsten Sommer vor. Ganz mein Geschmack!“
Jacques Zolty, lieber Harmen, radelt zwar sicherlich auch gerne durch bezaubernde Insellandschaften, aber – der Gute ist ein männliches Model der alten Garde, sprich … Achtziger, Neunziger? Nicht auszuschließen, per se, dass ihn später die Tattoosucht noch gepackt hat, aber sehr wahrscheinlich ist das nicht 😉
[Nichtsdestoweniger – Zoltys Düfte können was, ganz nebenbei. Wir, größtenteils ich haben sie alle im Blog rezensiert, schaut gerne mal nach! Anspieltipps: Lily Beach und vor allem J’suis Snob, Schampus aus dem Flakon, mmmhh! Last but NOT least – die Havanna Collection, alle fünf Düfte, die es in meine 2019-Favoriten geschafft hat bzw. haben!]
Insofern solltest Du, lieber Harmen, eher an die Lumbersexuals denken, jene von Dir gestern zitierten Bartträger-Hipster (oder besser: Post-Hipster, denn der Lumbersexual gilt ja als Nachfolge-Vorzeige-Trendmann nach dem Metrosexuellen und den Hipstern, wenn man es ganz genau nimmt). Diese sind sicherlich, wie wir beide gemeinsam fetgestellt haben, nicht die Adressaten für Une Nuit Nomades Fleur des Fleurs, das tropische Blütenwunder, aber, und da sind wir erneut einer Meinung, denke ich – Mr. Vetiver dürfte deren Geschmack treffen.
Vielleicht haben wir es bei besagtem Mr. Vetiver aber auch mit einem in die Jahre gekommenen französischen Philosophen zu tun? Du weißt schon, die vom Schlage eines Bernard-Henri Lévy oder auch die Generation. Jene, die mit ihrer Lässigkeit und ihrem Stil auffallen, Espadrilles-tragend Vespa fahren mit schönen Frauen auf dem Gepäckträger und einer Gauloises im Mundwinkel. Die, die so aussehen, als würden sie sich nie Gedanken machen (müssen) um ihre Kleidung, weil sie immer, auch ohne schwarzen Existenzialisten-Rolli, die Lässigkeit (und oftmals, sorry, auch den Sexappeal) eines (mal mehr, mal weniger) jungen James Dean ausstrahlen.
Mr. Vetiver vereint beide Männertypen, wie ich finde. Einerseits erinnert er mich in seiner smoothen Wirkung, seiner zitrisch-grasigen, mitunter clean-seifigen Frische an Tom Fords Grey Vetiver sowie an (den komplexeren, facettierteren) Frédéric Malls Vétiver Extraordinaire, die beide perfekte Beispiele für den Understatement-Charakter, den eleganten, sind, der Vetiver-Düften oft innewohnt. Laliques Encre Noir ist auch so ein Kandidat, dessen Graphitnote sich auch in Mr. Vetiver findet. Der brilliert darüber hinaus allerdings auch mit einer trockenen Krautigkeit, mit (s)einer Prise Chili, harmonisch mitschwingend in einer süßen Würzigkeit, die den Duft durch seinen Verlauf begleitet. Und dann ist da noch diese vortreffliche Kardamom-Note, die ich seit Clive Christians X liebe (ooh, der muss auch irgendwann mal wieder her …), sowie subtile Cremigkeit in Anlehnung an Byredos Sunday Cologne, früher Fantastic Man (einer meiner All-Time-Favoriten).
Daumen nach oben, ich kann mich Harmen hier nur anschließen – ein wirklich toller Vetiver-Duft, der Traditionalisten als auch Avantgarde-Liebhaber erfreuen wird. Und es wäre wirklich schade, ihn nur der Männerwelt zu überlassen 😉
In diesem Sinne – einen schönen sonnigen Tag meine Lieben und bleibt gesund!
Herzlichst,
Eure Ulrike
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