Papier Carbone inhalieren und Le Passant hinterhersehen

Heute springe ich für Julia ein, Ihr wisst schon, besondere Zeiten erfordern besondere Flexibilität. Ich bin gesund und munter und werkle einfach weiter in meinem Homeoffice – eigentlich so wie immer. Jedoch regelmäßig  unterbrochen von den beiden kleinen Männern, die jetzt auch tagsüber hier herumturnen. Julia hatte letzte Woche eine kleine Serie zu Ormaie begonnen und die Marke sowie deren ersten Duft Toï Toï Toï vorgestellt. Ich habe mir zwei weitere Düfte vorgenommen, die ihren Duftnoten nach ausgesprochen interessant klingen: Le Passant und Papier Carbone.

Ein Passant, nach dem man sich umdreht

Geschwätzig sind sie nicht gerade, die Duftbeschreibungen von Ormaie. So heißt es bei Le Passant schlicht: „‚Le Passant‘ ist eine Hommage an die Parfums der Männer. Er zeigt den Hauch einer bestimmten, männlichen Sinnlichkeit.“

Ormaie – Le Passant

Ende 2011/Anfang 2012 habe ich einmal eine kleine Lavendelserie hier im Duft-Tagebuch hingelegt. Le Passant hätte da gut hineingepasst. Auf dem Duftstreifen ist es Lavendel satt, der in die Nase steigt, begleitet von säuerlicher Bergamotte. Zugleich ist sein Gegenpol wahrnehmbar. Wegen der Krautigkeit habe ich erst auf Lakritze getippt, dabei stehen Tonka und Vanille mit ihrer süßlichen Würze auf der anderen Seite.

Photo by Daiga Ellaby on Unsplash

Le Passant rennt bei mir als Lavendelfan offene Türen ein. Krautig und funkelnd zeigt er alle seinen schönen Seiten. Diese männlich-herbe Seite wird von der Vanille-Tonka-Würzigkeit mit einem Sandelholzhauch von Amyris perfekt abgefangen, nicht süß, nicht schwülstig, aber dennoch extravagant. Ein tragbarer Statementduft, der an große Herrenduftlegenden erinnert. Passend zum Beispiel für klassisch gekleidete Männer, die ihrem Outfit noch einen modernen Twist geben wollen. Trotzdem absolut unisextauglich. So muss das! 🙂

Papier Carbone oder Schnüffelpapier?

Auf Papier Carbone war ich besonders gespannt. Die Beschreibung verspricht Folgendes: „‚Papier Carbone‘ ist eine Dufterinnerung. Es lässt an das Papier unserer Lehrer denken, das sie in der Schule verwendeten, an das Holz in der Bibliothek und die Lakritze, die wir als Kinder so liebten.“ Da sind so einige neudeutsch „Buzzwords“ dabei, die mich vor allem als bibliophiler Lakritzliebhaber ansprechen. Außerdem hoffe ich ein bisschen auf einen Papierduft, wie ihn vor ein paar Jahren Geza Schön mit Paper Passion kreierte.

Papier Carbone Ormaie

Papier Carbone ist nicht so leicht zu entschlüsseln wie sein Vorgänger. Kaffee, Kardamom und balsamisches Guajakholz ergeben zusammen den Eindruck von Lakritz – soweit kann ich durchaus folgen. Weitere Gewürze wie Muskatellersalbei, Koriander, Muskatnuss und Lavendel machen den Duft zu einem Vertreter der Gewürzfraktion. Ich habe kein Kohlepapier zur Hand und kann mich auch nicht erinnern, dass es einen speziellen Geruch hat. Aber erinnert Ihr Euch noch an die Kopien, die man früher  in der Schule ausgehändigt bekam? Aus dem Matrizendrucker in blau-violetter Schrift? Immer wenn die Bogen verteilt wurden, hing die Hälfte der Klasse darüber und hat den herrlichen Lösungsmittelduft geschnüffelt. Ich könnte mir vorstellen, dass der (mir unbekannte) Parfümeur eher in diese Richtung dachte.

Mimeographed tests
Richard Masoner / CC BY-SA

Natürlich riecht Papier Carbone nicht nach Lösungsmittel. Er ist balsamisch, mit einem leichten Gourmandeinschlag, voller Gewürze und doch auf der Haut weich und cremig. Noch unisexier als der Passant.

Die Duftnoten im Überblick

Kopfnote: Bergamotte, Kaffee, Kardamom
Herznote: Muskatellersalbei, Lavendel, Koriander, Muskatnuss
Basisnote: Patchouli, Vetiver, Ambrette, Guajakholz

Würde mich jemand mit vorgehaltener Pistole zwingen, einen Favoriten zu benennen, es wäre wohl der Lavendel Le Passant. Er ist zugänglicher und ganz subjektiv mehr nach meinem Geschmack. Papier Carbone ist dafür der komplexere und anspruchsvollere. Habt Ihr sie schon getestet? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar

Viele Grüße
Harmen

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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