… beschäftigt uns heute. Der dritte Tag mit dem Pariser Parfumhaus von Thibaud Crivelli, das es seit 2018 gibt. Tag 1 galt der Markenvorstellung inklusive Duftrezension zu Absinthe Boréale, Tag 2 dem herrlichen Brombeerhölzchen Bois Datchaï. Heute ist ein Zitrusvertreter an der Reihe – schauen wir ihn uns doch gleich einmal an, unseren Citrus Batikanga!
Ein zitrischer Schöngeist – Citrus Batikanga
„37 degrees in the shade. Citrus fever, cut kalamansi, spicy bergamot. Framework: squeaky teak. Urban jungle, fabric farrago. Bat-ti-kan-ga! Rhythmic mélange. Roasted hazelnuts. Squeezed, struck, sliced: bodies alight.“
Die Ingredienzen: Bergamotte, Chiliblätter, Myrrhe
Parfumeur: Bertrand Duchaufour
Von 37 Grad im Schatten kündet die Duftbeschreibung sowie von einem „Zitrus-Fieber“, sprich: Hesperidenfrüchtchen satt. Geschnittene Kalamansi, würzige Bergamotte, eingerahmt von knarzendem Teakholz. Ein urbaner Dschungel wird heraufbeschworen, Farrago-Stoff und der Ruf „Ba-ti-kan-ga!“, der seinem eigenen Rhythmus folgt. Geröstete Haselnüsse gesellen sich dazu – das liest sich nach einer netten Mischung, die sich allerdings auf den ersten Blick hinsichtlich der Ingredienzen nicht unumgänglich erschließt.
Der Geschmack einer frisch ausgepressten Bergamotte mit Chili war es wohl, das Thibaud Crivelli zu Cittrus Batikanga inspirierte. Sein Ansinnen: einen zitrisch-würzig-holzigen Akkord zu schaffen, der eine „völlig neue Perspektive“ eröffnet bezüglich der Bergamotte, die, Parfumistas werden es wissen, eine relativ häufig verwendete Zutat in der Welt der Düfte darstellt. Deren Strahlen illuminierte Duchaufour, der Parfumeur, wohl mit Orange (nicht gelistet, exakt), von Chili begleitet. Jenes zitrisch-würzige Trio soll den Kontrast zu der Basis bilden, die von Myrrhewärme und Vetiver bestritten wird.
Duchaufour hat man ebenfalls höchstpersönlich zu Wort kommen lassen:
„Ich verwendete die legendäre Kopfnote Bergamotte in einer besonders originellen Art und Weise in diesem Duft, da sie hier zur Herznote des Parfums wird. Mein Fokus liegt weder nur auf ihren pikanten Noten noch auf ihren floralen Aspekten, sondern vielmehr auf ihrer feinen Bitterkeit und ihrem Hauch von Schärfe. Der Duft wurde so strukturiert, dass er die Bergamotte verstärkt. Ihre Bitterkeit wurde mit Pampelmuse und Rhabarber verbunden und schließlich mit Vetiver und Bockshornklee in der Basis unterstrichen. Ihr scharfer Hauch wird durch deutlich wahrnehmbaren Kardamom noch einmal aufgefächert.“ – Bertrand Duchaufour
Im übrigen hatte ich gegoogelt – keine Ahnung, was oder wer Batikanga ist, kann da wer helfen? Farrago kommt von Mischfutter, ergo eigentlich von Tierfutter, steht aber als Begrifflichkeit für eine bunte Mischung aus zum Teil sehr Unterschiedlichem.
Zu Bertrand Duchaufour muss ich vermutlich nichts weiter sagen, oder? Er gilt als einer der Besten seiner Zunft, hat bereits für L’Artisan Parfumeur einige wundervolle Reisedüfte geschaffen, die man als Klassiker bezeichnen kann (vor allem Timbuktu, Dzongkha). Sein weiteres Schaffen ist nicht minder beeindruckend – er hat für viele große Namen gearbeitet, Acqua di Parma, Aedes de Venustas, Amouage, by Kilian, Comme des Garçons, Eau d’Italie, Neela Vermeire, Olfactive Studio, Parfums MDCI, Penhaligon’s, The Different Company, The Vagabond Prince, um nur einige zu nennen. Eine (vermutlich nicht einmal komplett vollständige) Übersicht findet Ihr zum Beispiel hier bei Fragrantica.
Citrus Batikanga und ich sind sofort Freunde, das erschnuppere ich gleich. Was für eine schöne, elegante, smoothe Zitrusfrucht, welch geschmeidiger Hesperidengeselle! Er ist kein monothematisches Zitrönchen, Verzeihung, Bergamöttchen, sondern vielmehr ein heimlicher Vetiverduft, so zumindest auf meiner Haut. Vetiver funktioniert, eingeschworene Parfumistas werden es wissen, ganz hervorragend mit jeglichen Zitrusfrüchten – so auch hier. Scharf wird bei mir auf der Haut gar nichts, nach Chili suche ich definitv vergebens, auch wenn ich ihn auf dem Teststreifen wahrnehmen kann. Dafür Kardamomcremigkeit, die mich in allerbester Manier an den Schönling von Clive Christian erinnert, an seinen X for Men. Und kaum schreibe ich die Zeilen kommt sie doch durch, die Schärfe – sie kontrastiert ganz hervorragend die samtig-seidige, zitrische Kardamom-Weichheit und Cremigkeit, die subtil von Vetiver gesalzene. Irgendwo dazwischen findet sich in der Tat ein Quentchen Pampelmuse, besagte Vetiversalzigkeit untermalend, sowie ein Hauch herb-frisch-bitterer Rhabarber von fein-saftiger Fruchtigkeit. Rhabarber – immer gut, zumindest für mich und meine Nase, Ihr dürftet es wissen. Dass Duchaufour Rhabarber kann, hat er mit seinem genialen Signature für Aedes de Venustas bereits unter Beweis gestellt, der nach wie vor mein allerliebster Rhabarberduft ist. Darüber hinaus findet sich im weiteren Verlauf die versprochene Haselnuss, ein seltenes Kleinod in Düften, aber eines, das Duchaufour schon einmal ziemlich gelungen umgesetzt hat – und zwar in L’Artisan Parfumeurs Méchant Loup. Et voilà, genau dessen schöne und durchaus prägnante Haselnussnote findet sich hier ebenfalls wieder, in diesem Stadium ähneln sich die Düfte tatsächlich etwas.
Viele von Euch dürften an dieser Stelle dennoch mit den Schultern zucken, zumindest verhalten. Ein Bergamotteduft – tja, habe ich schon … Und wenn schon! Testen, meine Lieben! Citrus Batikanga ist ein Ausnahmevertreter seiner Gattung, ein Understatement-Duft, der zugleich modern ist und zeitlos, ein Immergeher, gefällig, aber dennoch charakterstark, markant, charakteristisch. Eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht? Doch, hier. Genauso sleek wie ein Hedi Slimane-Anzug für Dior, für den sich Lagerfeld damals laut eigener Aussage halbierte. Chapeau Monsieur Duchaufour, sehr sehr schön geworden!
In diesem Sinne, ein zauberhaftes Wochenende meine Lieben –
herzlichst
Eure Ulrike
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