Zwei Düfte halten wir uns heute unter das Näschen, nämlich Phantasma und Melancolia von Les Liquides Imaginaires. Ein Label, von dem ich letzten Herbst bereits vier Düfte rezensieren durfte (nachzulesen hier und hier). Die zwei gehören zu der dufthaustypisch aus drei Kreationen bestehenden Kollektion Les Humeurs, die sich den menschlichen Körpersäften verschrieben hat. Nun das klingt nun erst einmal irritierend. Zumindest geht es mir so. Aber Philippe Di Meo, seines Zeichens einer der beiden Gründer von Les Liquides Imaginaires, erläutert mir und uns gerne, was es genau mit dieser Körpersaftkollektion namens Les Humeurs auf sich hat.
„In der antiken Medizin wurde der Körper dank der vier Körpersäfte in Balance gehalten, kostbare Flüssigkeiten innerhalb des Körpers, die – wie von Hippokrates beschrieben wurde – Harmonie gewährleisten und den Geist ausbalancieren. Von dieser Theorie inspiriert zielt die Trilogie des Humeurs darauf ab, Parfums und ihre Kräfte zu beschwören, um unsere Emotionen zu konzentrieren, die Wirklichkeit zu verschönern und unsere Sinne zu reizen und zu erfreuen. Mit diesen feinen Dufttränken biete ich Ihnen die Chance, die Kraft deiner Fantasie zu entfesseln.“ – Philippe Di Meo
Phantasma – Les Liquides Imaginaires
Wir begeben uns heute also auf eine Reise in die Antike. Phantasma, so der Name unseres ersten Dufts aus dem Hause Les Liquides Imaginaires, wurde bereits bei den alten Griechen für das benutzt, was wir heute als Fantasie oder Vorstellungskraft bezeichnen. Les Liquides Imaginaires’ duftgewordene Fantasie besteht aus den Ingredienzien Schwarztee, Yuzu, Ingwer, Wacholder, Hölzer und Reispuder.
Die Griechen nannten mich eine „visuelle Halluzination“ oder eine Fantasie des Geistes. Ich störe deine Vision. Ein fließender Antagonismus zwischen Imagination und tatsächlicher Wahrnehmung. Ich bin der Geist deiner tief sitzenden Wünsche, deiner verborgenen Gedanken. Ich erwecke deine geheimen Impulse, um sie ans Licht zu bringen. In diesem Geheimnis entwickelt sich mein Duft. Ich bin das Wasser der Lippen, Phantasma.
Der Duft der Fantasie
Mit zitrischen und pudrigen Noten startet Phantasmas Reise in die olfaktorische Fantasiewelt. Sanft, leicht und auf watteweichen Puderwölkchen trägt uns der Duft hinfort. Yuzu verströmt eine spritzige Zitrusfrische, die irgendwo zwischen Zitrone und Orange verortet ist. Eine leichte Ingwerschärfe untermalt Phantasma und unterstreicht die Zitrusnoten der asiatischen Hesperide.
Phantasma ist von hellen und milchigen Noten durchzogen, die dem Duft in Kombination mit der pudrigen Reisnote beinahe Milchreischarakter verleiht. Allerdings ohne jegliche süßen Akzente. Zur zitrischen Yuzufrische, die sich nach wie vor im Hintergrund des Duftes austobt, gesellen sich nach und nach holzige Noten. Strahlend hell und mit einer dezenten Ginwürze klingt Phantasma von Les Liquides Imaginaires ganz langsam und allmählich aus.
Phantasma ist ein zarter, fast schon sauberer Duft aus dem Hause Les Liquides Imaginaires, der Freunden von feinen Puderdüften und zarten Zitruskompositionen sicherlich gut gefallen könnte. Meinen Geschmack trifft die olfaktorische Fantasie Phantasma auf jeden Fall. Ein absolut büro- und alltagstauglicher Unisex-Duft, den ich insbesondere in der warmen Jahreszeit mit Sicherheit das ein oder andere Mal tragen werde.
Melancolia – Les Humeurs
Den etwas trübsinnigen Namen Melancolia trägt unser zweiter Duft aus dem Hause Les Liquides Imaginaires. Er befasst sich mit der Schwermut, der Nachdenklichkeit, der Depression. Der Ursprung des Wortes Melancholie stammt von dem Griechen Hippokrates von Kos, der dem Gemütszustand der Melancholie ein Übermaß an schwarzer Galle zugrunde legte.
Aristoteles fragte sich, warum ich außergewöhnliche Menschen bezaubere. Warum meine schwarze Galle, meine süße Melancholie Philosophen, Dichter, Künstler und sogar Helden wie Herkules beeinflusst hat. Ich bin die Königin eines regnerischen Landes, das Baudelaire lieb und teuer ist. Ich bin der Zustand der Seele. Dies macht mich zu einer „heiligen Krankheit“. Ich bin deine Stimmung, ob gut oder schlecht. Ich unterbreche deinen Geist mit Visionen von Wahnsinn und Genialität. Mein Parfüm transzendiert Nostalgie. Ich bin das Wasser des Geistes, Melancolia.
Melancolia von Les Liquides Imaginaires stammt aus der Duftfeder von Amélie Bourgeois, die für den Duft die Ingredienzien Ingwer, Minze, Zitronengras, Kardamom, Lorbeer und Moschus vereinte.
Der Duft der Melancholie
Hätte man mich gefragt, welche olfaktorische Ausrichtung einem Duft namens Melancolia zuordnen würde, ich hätte sicherlich geantwortet: dunkel, düster und Patchouli-lastig. Umso mehr überrascht mich die Interpretation von Les Liquides Imaginaires. Melancolia ist nämlich eine überraschend anders geartete Komposition. Ingwer, Zitronengras und Minze eröffnen den Duft mit einer zitrisch angehauchten grünen Minzschärfe, zu der sich alsbald die würzigen Kräuternoten des Lorbeers gesellen. Eine ungewöhnliche Ingredienz, die man sonst eher in herzhaften Suppen und Eintöpfen findet, denn in der Haute Parfumerie.
Aber der Lorbeer macht Melancolia besonders. Es ist kein scharfer, provozierender Lorbeer, keine Gewürzüberdosis, sondern eine feine, unkonventionelle Kräuternuance und ein hervorragender Gegenspieler zu den grünen Noten des Kardamoms, die dem herzhaften Eintopfkraut im weiteren Duftverlauf voller Tatendrang olfaktorisch zur Seite stehen. Moschus legt über den gesamten Duft einen watteweichen Schleier, sodass Melancolia von Anfang bis zum Ende wie durch einen Weichzeichner duftet.
Melancolia von Les Liquides Imaginaires ist nicht nur für Lorbeerfans ein Must-try. Alle, die ruhige und unaufgeregte Duftkompositionen mit zitrischem Einschlag bevorzugen, sollten diese Kreation aus dem Hause Les Liquides Imagionaires testen. Wunderschön ausbalanciert und mit überraschenden Ingredienzien ist dieser büro- und alltagstaugliche Unisex-Duft definitiv ein Hinriecher. 🙂
Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch noch eine schöne Restwoche.
Liebe Grüße,
Julia
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