… von zwei olfaktorischen Novitäten die vor nicht allzu langer Zeit im Shop eingetrudelt sind: Immortelle Corse und Salute! heißen sie, die mich selbstredend sofort ansprangen aus meiner neuen Probensendung. Siedend heiß fiel mir ein, dass ich letztes Jahr irgendwann einmal unter dem losen, saloppen Motto „Oldies but Goldies“ Parfum d’Empire als Marke vorgestellt hatte, und zwar mit dem Ziel im Hinterkopf, die gesammelten Werke derselben zu präsentieren. Das hatte ziemlich genau zwei Hauptgründe: einerseits schätze ich die Marke, ihre Düfte sehr und andererseits sind sie mir in letzter Zeit, den letzten Jahren, leider zu sehr von der Bildfläche verschwunden. Einen ersten Schwung Düfte hatte ich bereits rezensiert, war erneut schwer angefixt – wie schön ist doch dieses Gefühl, diese Erkenntnis, vor längerer Zeit für einen Duft oder mehrere geschwärmt und sie in bester Erinnerung behalten zu haben, um sie dann ein weiteres Mal zu testen und exakt denselben Eindruck zu gewinnen, die alte Meinung, das alte „Urteil“ bestätigt zu bekommen.
Umso mehr freut es mich, dass sich nun endlich, endlich wieder etwas tut und ich gleich zwei Neuheiten in den Händen halte, die es zu rezensieren gilt. Nachdem mich Corticchiato, der Mann hinter Parfum d’Empire, noch nie enttäuscht hat – ich empfinde alle Düfte als überdurchschnittlich gut bis überragend – bin ich mir sehr sicher, dass meine Erwartungen auch heute erfüllt werden. Und vielleicht ist ja auch eine neue duftende Liebe für mich dabei? Das gedenke ich umgehend zu entdecken … Vorhang auf also für Immortelle Corse und Salute!, die ich Euch heute und morgen vorstellen werde.
Eine Ode an die Strohblume & eine Hommage an Korsika – Immortelle Corse
Die Unsterbliche wird sie von den Franzosen genannt – Immortelle, auch Heliychrysum italicum, Italienische Strohblume oder Currykraut, ein Korbblütler, der vor allem im Mittelmeerraum beheimatet ist. In leuchtendem Gelb erstrahlen die Blüten dieses Halbstrauchs, der Sonne gleich, was ihm auch seinen Namen eingebracht hat, „sonnenfarben“ aus dem Griechischen. Die annäherungsweise Unsterblichkeit hat dem Gewächs seine Robust- als auch Anspruchslosigkeit eingebracht, es wächst nämlich auf nahezu jedem Boden: Felsen, Steine, Berge, Trockenheit und Küstennähe, die Immortelle fühlt sich fast überall wohl und wurde somit zum Symbol der korsischen Macchie, deren sommerliche Luft von ihrem Duft geschwängert ist.
Die Immortelle findet seit jeher Anwendung als Würz- und Heilpflanze, darüber hinaus ist sie eine Art Nationalpflanze Korsikas. Das wiederum ließ bei Marc-Antoine Corticchiato den Wunsch entstehen, ihr einen Duft zu widmen. Corticchiato wurde zwar in Marokko geboren, seine Familie hat ihren angestammten Sitz allerdings auf Korsika, so pendelte Corticchiato jahrelang zwischen den beiden Ländern.
Mit Immortelle Corse ist sein Traum nun wahr geworden – ein Duft, der gleichermaßen eine Ode an die Strohblume als auch eine Hommage an die Heimatinsel seiner Familie darstellt (im übrigen die zweite, Corsica Furiosa war die erste).
Das mit den Strohblumen ist, nebenbei bemerkt, immer so eine Sache … Parfumistas werden es wissen, das liebliche Blümelein ist ein olfaktorischer Spalter: würzig, gewürzig, trocken-balsamisch zeigt sie sich, nach Curry und somit immer auch ein wenig „schweißelnd“ duftend ist sie nicht jedermanns Fall, vor allem nicht, wenn man ihr dominant und naturgetreu duftend huldigt. Entweder man mag sie oder man hasst sie, viel dazwischen gibt es bei derlei Düften nicht. Und selbst in homöopathischen Dosen ist sie für viele Parfumliebhaber ein rotes Tuch, während wieder anderen das Herz zu hüpfen anfängt, wenn es ihren Duft vernimmt.
Immortelle-Düfte gibt es einige (Corticchiato hatte die Immortelle ebenfalls bereits in Tabac Tabou untergebracht), unter anderem hat sich letztes Jahr ein anderer Marc-Antoine daran versucht – der mit Nachnamen Barrois, und zwar mit Ganymede, einem meiner absoluten Lieblingsdüfte aus 2019 (nebenbei bemerkt: ich bin Euch ohnehin noch eine Best-Of-Liste schuldig …). Darüber hinaus war da noch was bei Histoires de Parfums, ein Klassiker … stimmt, 1740, der herrliche Marquis de Sade. Sylvaine Delacourte hat Immortelle mit ihrem Duft Helicriss thematisiert, Atelier des Ors lancierten Musc Immortel und Atelier Cologne Blanche Immortelle, Goutal schenkte Sables und Nuit Etoilée eine prominente Strohblumennote genauso wie Pierre Guillaume Paris Fareb sowie Corps et Ames und Serge Lutens seinem El Attarine als auch Etat Libre d’Orange ihrem Afternoon of a Faun. YS Uzac warteten mit Immortal Beloved auf und die Franzosen von L’Occitane widmeten der Strohblume bereits (mindestens?) eine Kollektion. Die Liste lässt sich noch ein wenig weiterführen – seht zum Beispiel hier bei Fragrantica.
„Die Immortelle fasziniert mich. In der korsischen Macchie verbringe ich so viel Zeit wie möglich. Ich wollte ihr Leuchten während der Sommensonnenwende wiedergeben, wenn sie von der Sonne erfüllt ist. Ein befreundeter Koch gab mir unabsichtlich den Schlüssel zur Komposition: Ich stellte Ingredienzen zusammen, die dieselbe Farbe haben. „Das funktioniert immer“, behauptete er. Als ich meinen Safran-Aprikosen-Zitronen-Akkord gefunden hatte, wusste ich, dass ich den Ausgangspunkt meiner Geschichte hatte. Da ich eine samtige Textur erreichen wollte, wählte ich eine natürliche, saftige Aprikose, die auch ein weiches oranges Licht in sich trägt. Eine meiner kürzesten Formeln. Ich wollte, dass sie eindrucksvoll und klar ist und zugleich elegant bleibt. – Marc-Antoine Corticchiato
Der Ansatz von Corticchiato ist in der Tat ein neuer, zumindest habe ich das so noch von keinem Parfumeur gehört, in keiner Duftbeschreibung gelesen – die Auswahl der Ingredienzen nach Farbe. Liest sich schlüssig und geht auch auf, dieses Konzept: saftige Aprikose, süß, reif und sonnenverwöhnt, trifft auf die sonnengelbe Strohblume, die Corticchiato in all ihren duftenden Facetten eingefangen hat. Will sagen – man sollte sie schon mögen, denn Immortelle Corse ist eine Vollblutstrohblumenadaption, die in ihrer würzig-balsamischen Trockenheit an den guten alten Marquis erinnert. Ein Trio aus flammenden Farben, strahlendem Gelb, dem eine herb-säuerliche Zitrone Hesperidenfrische einhaucht. Wo Histoires de Parfums 1740 in die Düsterecke abdriftet, beschreitet Immortelle Corse andere Wege und erinnert an die alten Klassiker von Serge Lutens, an deren Hitze, deren Opulenz – denkt an Arabie: Trockenfrüchte satt, abgelagertes, verwittertes und staubtrockenes Holz, die obligatorische Prise Curry sowie likörige Anklänge und die Salzigkeit der Erde.
Schön und selten – Immortelle Corse erfüllt Corticchiatos Versprechen und wird all jene erfreuen, die … ja, Strohblumen lieben, das ist die Grundvoraussetzung. Wer ansonsten einem guten Chypre nicht abgeneigt ist, wird sich mit diesem Duft ebenfalls anfreunden können, da er in seiner eigenwilligen Strahlkraft an diverse Vintagekracher erinnert.
Morgen geht es weiter mit Salute! –
bis dahin einen schönen Tag meine Lieben und viele Grüße
Eure Ulrike
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