… ist der erste Chypre-Duft der Franzosen, die man zu den alten „Hasen“ der Branche zählen kann. Seit ich denken kann oder besser: seitdem ich mich in der Nische tummle, ist das Haus dort präsent, noch viel länger sogar – Ende der Sechzigerjahre wurde Diptyque gegründet.
„diptyque widmet seiner Geburtsstadt Paris eine Hommage. Nur ein Chypre, dieser Kult-Akkord der Parfumkunst mit seinen tausend Facetten, kam in Frage, um Paris mit seinen tausend Gesichtern die Ehre zu erweisen – dieser Stadt der Kunst und Literatur, in der sich Kulturerbe und Modernität vereinen. Der Künstler Pierre Marie illustriert Eau Capitale mit einem Dekor im Jugendstil, jener für die Pariser Architektur so typischen Kunstepoche
Wie feiert man Paris?
Für diptyque konnte nur Chypre, dieser mythische Akkord mit seinen 1000 Facetten, in der Lage sein, der Stadt mit den 1000 Gesichtern Hommage zu zollen. Ein Rosenbukett am Rande des Übermaßes folgt auf die Frische von mit rosa Pfefferbeeren gewürzter Bergamotte. Der Freiheitsanspruch: kein Moos, sondern Patschuli. Ein Eiffelturm, Rosen, eine geschwungene Kalligrafie, ein radschlagender Pfau, Voluten, Verflechtungen … Um Eau Capitale zu illustrieren, haben diptyque und Pierre Marie Inspiration aus den architektonischen Codes von Paris und den legendären Monumenten des Jugendstils geschöpft.“
Die Ingredienzen: : Rosa Pfeffer, Pfeffer, Rose, Ylang-Ylang, Patchouli, Vetiver
Olivier Pescheux schuf auch diese Kreation für Diptyque – seine Intention: Eine Hommage an die Stadt Paris, mittels Eau Capitale die Duftfamilie der Chypre-Düfte in neuem Licht erstrahlen zu lassen, dem Licht des 21. Jahrhunderts. Ein rätselhaftes Parfum, das jene leicht distinguierte Eleganz widerspiegeln soll, die man mit der Stadt der Liebe, der Stadt der Lichter verbindet, mit Paris und seinem Flair.
Bei Paris muss ich immer sofort an zwei Filme denken, die ich bereits in einem älteren Artikel erwähnte, vielmehr einen Film und ein filmisches Trio, die den Geist der Stadt, ihren Zauber meines Erachtens nach perfekt einfangen – Woody Allens Midnight in Paris sowie die Before-Trilogie von Richard Linklater. Um letztere hatte ich lange einen Bogen gemacht, weil ich die Filme für Romantic Comedy hielt, für Frauenfilme, mit denen ich, mea culpa, in der Regel nicht besonders viel anfangen kann. Weit gefehlt, wer kann und mag, sollte sich die Filme in Originalsprache anhören, das Drehbuch ist absolut herausragend.
Before Sunrise, der erste Film der Trilogie, ist schon von 1995, die anderen beiden von 2004 und 2013 – wer sie noch nicht kennt, ansehen!
Vom Jugendstil ist überdies die Rede, der in Frankreich in Folge des Historismus seine Blütezeit hatte. Der unter dem Namen Pierre Marie tätige Pierre-Marie Agin, Designer des Packagings von Eau Capitale, ist kein Unbekannter – hier ein paar Artikel als Einführung in seine Arbeitswelten: AD-Magazin, Architectural Digest, Architectural Digest (Home Story), Elle Decoration, TL Magazine. Pierre Marie, dessen opulente Designsprache wesentliche Elemente des Jugendstil in sich trägt, verwendet in seinem Verpackungsdesign den Schwan, der lange als Symbol weiblicher Anmut galt und in der Markenikonografie von Diptyque seit jeher präsent ist (siehe auch L’Ombre dans l’Eau), genauso wie den Pfau, jenes Symboltier der Belle Époque, der sich bereits 1968 in der Illustration zu L’Eau finden ließ.
Die Duftbeschreibung von Eau Capitale ist seitens Diptyque recht ausführlich ausgefallen und vielsagender, als es die genannten „Zutaten“ erahnen lassen:
„Der Duft eröffnet mit dem „Grün der Bergamotte“, deren Frische die vorherrschende Sinnlichkeit abrundet: natürlich fruchtig, aber sehr lebhaft und spritzig, voller zitrischer Saftigkeit. Wurden rosa Beeren hineingemischt, um an die Pomander (mit Nelken gespickte Orangen) zu erinnern, die Desmond damals aus England mitbrachte? Oder um den so sehnsüchtig erwarteten „olfaktorischen Zufall“ zu orchestrieren? Zwischen der Blume und dem Gewürz steht ein Ausrufezeichen, kapital und würdig einer Hauptstadt.
Im Zentrum des Dreiecks befindet sich ein Blumenstrauß, exzessiv in seiner Üppigkeit. Die Blütenblätter weit geöffnet, kurz vor dem Verblühen, eine intensive, „kandierte“ Duftaura aus bulgarischer und türkischer Rose sowie Ylang-Ylang von den Komoren. Ohne Zweifel verwendete François Coty seinerzeit die Grasse-Variante der Zentifolia (auch Mairose genannt).
Sie ist heute leider fast verschwunden, doch den Botanikern gelang es, sie durch in Osteuropa gepflanzte, besonders zarte Kultursorten zu ersetzen. Selbst das Restwasser ihrer Destillation, welches auch in Eau Capitale verwendet wird, verströmt noch einen göttlichen Duft. Ylang-Ylang dagegen erinnert mit seiner sinnlichen Süße an englische Bonbons, von denen man nie genug bekommt. Ein lang anhaltender Duft, der sich als treuer Begleiter erweist. Für die anschließenden holzigen Noten sorgt eine Essenz aus Zimtrinde. Zum Abschluss nimmt sich der Parfümeur die Freiheit und verwendet weder Flechten, Moos noch Eiche oder Pinie, sondern Patschuli. Seine Blätter werden in Indonesien gewonnen und destilliert, unter Berücksichtigung aller ethischen Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung. Gewürzt mit einer Facette aus „Akigalawood“, die aus einer enzymatischen Reaktion der Pflanze durch den Kontakt mit Bakterien entsteht. Schließlich ein Hauch „Georgywood“, das die erdigen und dunklen Aspekte von Vetiver einbringt. Abgerundet von Ambrofix, mit Noten zwischen Moschus, Tabak und grauer Ambra …“
Viel Information, die Neugierde weckt – ran an den „Speck“ und rauf auf die Haut, würde ich sagen 😉
Ein Chypre, keine Frage – und der Spagat ist auch geglückt, jene Dufttradition, die klassische Familie der Chypredüfte modern und zeitgemäß zu interpretieren. Ein Bouquet von Rosen in vielerlei Rottönen leuchtend, ja, (er)strahlend. Seidig und samtig auf der Haut sich ausbreitend sehen sie sich durch Pfeffer gekonnt kontrastiert – diese Kombination hat auch schon in anderen Düften hervorragend funktioniert, so auch hier. In der Tat legt Eau Capitale eine gewisse Süße an den Tag, die sich Bann bricht, aus dem Rosenteppich heraufsteigend und leise an deliziöse Kostbarkeiten erinnernd. Kandierte Rosen, Rosenwasser, es geht stark in diese Richtung, obschon Eau Capitale nicht die Ambition besitzt, ausgeprägte Gourmandnoten zu präsentieren – was für ein Glück, es hätte, zumindest für mich, den Duft nennenswert geschmälert. Besagte Süße ist erwachsen, feminin, sinnlich – und zimtgeküßt mit einem klitzekleinen Quentchen balsamischer Töne, obschon zugleich eine gewisse herbe Reife heraufbeschwörend dank der kühlen, edel-eleganten Hölzer. Patschuli stiftet Tiefe und Körper, betont die Samtigkeit, spendet eine Art verhangene, verhalten anklingende Düsterkeit. Eau Capitale ist aber dennoch dem Charakter nach kein dunkler Duft, ich sehe ihn eher als hellere, aber nicht weniger „tiefe“ Schwester im Geiste zu einem meiner All-Time-Favoriten betreffs kontemporärer (Rosen)Chypres, meiner geliebten Lady Vengeance.
Wer diesen Duft genauso schätzt wie ich, kommt um einen Test von Eau Capitale nicht herum. Rosenliebhaberinnen und Chyprefreundinnen sollten ebenfalls einen Blick auf diese neue Schöne werfen. Für mich geht sie in jedem Fall in den Dauertest.
Einen schönen Tag Ihr Lieben und bis morgen –
Eure Ulrike
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