… heißen die beiden Duftnovitäten, die uns dieser Tage ins Haus schneiten. Jetzt, da ich sie vor mir auf dem Schreibtisch liegen habe, fällt mir auf, dass es lange, lange Zeit ruhig war um das englische Traditionshaus. Wirklich? Ich muss nachsehen … Stimmt. Neroli Voyage kam dieses Jahr auf den Markt, davor 1927 im letzten Jahr, das war es. Im Gegensatz zu beispielsweise Penhaligon’s, auf die Julia mehr oder weniger abonniert ist mit ihrer Rezensionsreihe zu deren Portraits, ist es also fast schon unheimlich ruhig um Floris. Umso schöner, dass es nun Neuigkeiten gibt, beide Bestandteil der Private Collection.
Beide Düfte wurden von Edward Bodenham geschaffen. Für diejenigen, die dessen Namen nicht kennen – er ist direkter Nachkomme des Firmengründers, Juan Famenias Floris, und zwar nach eigenem Bekunden in neunter Generation. Ich habe Euch einige Interviews mit ihm herausgesucht für diejenigen, die neugierig sind – The London Musings, The Gentleman’s Journal, Scentertainer.
Marokkanische Rosenträume – A Rose for …
„Following a visit to the rose fields of Morocco in 2015, Edward Bodenham was intrigued by how the rose has the ability to interpret the identity of its natural origin and so sought to explore this classic Floris perfumer note in an altogether different environment of warmth, ardour and elegant beauty.
A Rose For… is unique to the possessor, signifying the personal attachment to scent. Defined by no one, it is truly for you. An oriental rose of striking beauty, inspired by the affiliation of intense fragility yet powerful scent within the flower. Contemporary and dark with a confident, complex character that places the rose with notes of spice, orris and woods, taking the wearer on an altogether diverse journey of romance. The main character of the fragrance is carried in the heart where the floral balance of red rose is delicately wrapped in incense, oud and orris. Characteristic warm woody notes of patchouli, sandalwood and amber in the base give the fragrance strength, refinement and depth. Named by you, a rose for you.“
Die Ingredienzen: Schwarztee, Weihrauch, Schwarze Johannisbeere, Rose, Iris, Adlerholz (Oud), Sandelholz, Patchouli, Vanille
A Rose for … sieht sich inspiriert von … einem Spaziergang Bodenhams durch die Rosenfelder Marokkos. Das nun ist keine Seltenheit, dass ein Parfumeur durch irgendwelche Anbaugebiete trabt und sich von der schieren Fülle der vorherrschenden Flora überwältigen lässt. Zumal blühende Rosenfelder, so weit das Auge reicht, mit Sicherheit auch optisch so einiges hermachen um nicht zu sagen von fast nicht zu toppender Schönheit sind. Interessant ist die weitere Bemerkung, die aus der Herstellerbeschreibung hervorgeht: der Rosenduft, der in der Luft lag, erschien Bodenham in der warmen Umgebung ganz anders als in seiner Heimat, dem kühlen England. Eigentlich ein vollkommen logischer Aspekt, dennoch denkt man darüber selten nach – dass Düfte, überhaupt olfaktorische Aromen in ihrer Wirkung abhängig sind von der Temperatur als auch der Luftfeuchtigkeit. Dieser Augenblick, diese Momenterfahrung war es, die Anstoß gab zu A Rose for …, der von Floris als „floral-orientalisch“ deklariert wird und für den, wen wundert es, marokkanisches Rosenabsolue und bulgarisches Rosenöl verwendet wurde nebst anderen duftenden Köstlichkeiten.
Bulgarien zählt im übrigen zu den Hauptanbaugebieten von Rosen für die Ölgewinnung, und das bereits seit Anfang des 18. Jahrhunderts. Genauso wie in Marokko und der Türkei werden dort hauptsächlich Damaszenerrosen angebaut – zehn bis fünfzehn Tausend Tonnen (!) beträgt die jährliche Ernte etwa. Zum Vergleich: die ebenfalls berühmte französische Provence-Rose, die um Grasse herum angebaut wird, kommt nur auf etwa 60 bis 80 Tonnen jährlich.
„Sie trägt deinen Namen, eine Rose für dich.“
A Rose for … – das liest sich wie ein Geschenk. So ist es wohl auch gedacht, denn man hat sich noch ein weiteres hübsches Detail für den Duft einfallen lassen: jedem Flakon liegt ein goldener Stift bei, mit dem sich der jeweilige Duft oder vielmehr dessen „Hülle“ personalisieren lässt. Ich bin zwar erklärtermaßen dufttechnisch der Mensch für die inneren Werte, den „juice“, und werde auch nicht auf Flakons herumkritzeln mit meiner „Sauklaue“, aber dennoch, diese Idee hat Charme, oder nicht?
A Rose for … bezirzt auf mindestens genauso charmante Weise, obschon ich ehrlicherweise vorab nicht über die Maßen gespannt war. Es gibt viele, viele Rosen da draußen, ich habe schon einige wirklich tolle in meinem Privatsortiment und die Latte hängt generell hoch, weil es schon diverse Benchmark-Rosendüfte gibt. Dennoch ist A Rose for … mehr als einen Schnupperer wert – ich hoffe, er geht nicht unter im Feld der Rosendüfte, weil es schade wäre um diesen vorzüglichen Duft.
A Rose for … zelebriert die Samtigkeit, jene herrliche, die Damaszenerrosen eigen ist, die sich wie ein luxuriöses Kleidungsstück aus feinstem Gewebe auf die Haut legt. Eine subtile Süße wohnt unserer Rose inne, die gekonnt und ebenfalls subtil kontrastiert wird von zart-rauchig angehauchten Anklängen schwarzen Tees sowie sacht-säuerlicher Johannisbeerfruchtigkeit, die zudem eine gewisse hintergründige Frische spendet. Iris zeichnet weich, sanft-cremige als auch pudrige Noten stiftend und von Patschuli vertieft. Vanille untermalt und bekräftigt sowohl die Iriscremigkeit als auch die Süße, welche wiederum von Sandelholz balsamisch-würzig-holzig aufgegriffen wird. Oud raucht und wärmt allenfalls im Hintergrund, drängt sich aber nicht auf die Bühne, wir haben es hier also nicht mit einer typischen Oudrose zu tun.
A Rose for … ist dezidiert weiblich, keine Frage. Eine erwachsene, gleichermaßen klassische wie zeitgemäße Rose voller Eleganz und Sinnlichkeit. Was sich ein wenig nach Worthülse anhört, kann ich nicht anders formulieren. A Rose for macht nichts komplett neu, dafür aber alles mehr als richtig. Die Qualität des Duftes ist überragend, er ist von einer bewundernswerten Harmonie und duftet kostbar. Was will man mehr? Eine außerordentlich schöne Rose, die sich Liebhaber dieses Blümeleins (und Düften wie beispielsweise Paestum Rose von Eau d’Italie, der aber weniger elegant ist und sein möchte, Van Cleef & Arpels Rose Velours, Frédéric Malles Portrait of a Lady, Amouage Lyric Woman) sowie überhaupt Freundinnen floraler Düfte nicht entgehen lassen sollten.
Nur eines vermag ich nicht zu entdecken – den orientalischen Einschlag. Das nun wiederum aber sehe ich an dieser Stelle als Gewinn, denn man hätte A Rose for … wirklich nicht schöner machen können.
Die Floris-DNA auf den Punkt gebracht – Vert Fougère
„Reflecting a journey embarked upon by the Floris perfumers in pursuit of reimagining the iconic fougère fragrance family, Edward Bodenham, Perfumery Director at Floris said; „Over the past 5 years at Floris, I’ve been focused on creating a perfumery team that embraces the artisanal heart of Floris’s perfumery heritage, but which finds new boundaries and ways of achieving the success of my ancestors. The fougère and its intrinsic connection to our perfumery background has been an area I feel I have had to wait a long time to revisit. I wanted to reflect the very soul of Floris in this fragrance and in my journey to do so, have worked closely with my perfumer Nicola Pozzani to come to the final version of Vert Fougère“. Nicola adds; „Revolutionary in its composition, fougère to me is a marriage made of opposites: crisp, smart freshness versus sensuous, indulgent warmth.“
Vert Fougère Eau de Parfum is a tenacious, multi-faceted unisex fragrance reflecting a journey embarked upon by the Floris perfumers to re-imagine the classic fougère fragrance; the archetype of bold perfumery. Vert Fougère is a moody fragrance, that embraces its green, mossy foundations and adds a sparkling modernity. A bittersweet blend of grapefruit, bergamot and neroli entwine with ginger and lavender for added freshness while earthy patchouli, cedarwood and smooth cashmere in the base ensure endurance and a lasting legacy. Conveying the delicate line between understated yet having individuality, the fragrance envelopes the wearer with its complex and distinctive character, defined by a juxtaposition between dark green notes and smoky, velvety, woody scent accords, both fresh and warm in equal measure. Vert Fougère is the essence of a cultural leader who values precision and seeks nuance and balance in life between the old and new, tradition and innovation, authenticity and modernity. Whatever your craft or passion find your expression.”
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Galbanum, Grapefruit, Bergamotte
Herznote: Neroli, Lavendel, Ingwer
Basisnote: Kaschmirholz, Zedernholz, Ambra, Patchouli, Rauchige Noten
Vert Fougère, der grüne Fougère – das ist ein wenig doppelt gemoppelt, wie man so schön sagt. Parfumistas werden es wissen, Fougère heißt übersetzt „Farn“ und ist der Name einer der ältesten Duftfamilien. Der Urahn derselben ist Paul Parquets Fougère Royale für Houbigant, geschaffen 1882, dessen Duftmotiv sich so großer Beliebtheit erfreute, das es viele Nachahmer fand und in Folge namensstiftend für eine ganze Gattung wurde. Fougère-Düfte zielen üblicherweise auf das männliche Publikum und verfügen klassischerweise über einen Duftakkord aus Lavendel, Bergamotte (mitunter auch andere Zitrusfrüchtchen) sowie grünen und vor allem auch moosigen Noten (Geranium, Galbanum, Eichenmoos und Konsorten), darüber hinaus süß duftende Heunoten (Cumarin). Wie beispielsweise auch bei Chypre-Düften ist dieser Akkord für die Zugehörigkeit zur Gattung heute nicht mehr unbedingt in Stein gemeißelt, viel wichtiger ist die, ich nenne es einmal „olfaktorische Aussage“. Ein Fougère ist grün-krautig-waldig, das Grün des (waldigen) Farns nachahmend.
Genug des historischen Exkurses, kommen wir zurück zu Vert Fougère: einen modernen Fougère wollte Bodenham erschaffen, einen, der gleichermaßen das Erbe und die Tradition seines Familienunternehmens aufgreift und charakterisiert als auch die Gegenwart. Bei modernen Fougère-Düften beziehungsweise -interpretationen bin ich immer dabei (genauso wie bei Chypres, ich erwähnte es vor einigen Tagen). Einer der besten der letzten Jahre ist für mich nach wie vor Opus II von Amouage. Invasion Barbare von Parfums MDCI ist genial, darüber hinaus selbstredend Penhaligon’s Sartorial und Fougère Bengale von Parfum d’Empire. Für weitere Beispiele müsste ich schärfer nachdenken 😉 .. aber ich weiß, dass es sie gibt. Dennoch – neuere Fougère-Düfte, die dem klassischen Muster oder besser Rezept folgen, sind rar gesät. Der Zusatz „klassisch“ steht da, weil beispielsweise auch Cool Water ein Fougère ist, ein aquatischer eben – und in dem Sinne nur noch entfernt etwas mit den Traditionalisten der Duftfamilie zu tun hat.
Wie steht es denn nun um Vert Fougère? Ziemlich gut, meine Lieben! Projekt geglückt, Anspruch erfüllt, und zwar in vollem Maße. Herb-metallisch grün zeigt sich der maskuline Schöngeist im Auftakt und unverkennbar als Fougère. Es krautet und kräutert schillernd in den schönsten Grüntönen vor sich hin, moosig und dämpfig waldig, von Hesperidenfrüchtchen zitrisch-frisch beleuchtet und angestrahlt. Irgendwo im mächtigen Unterholz raucht es markant, glüht, glimmt, darüber hinaus bietet Vert Fougère aber auch Blattgrün, aromatische Nadelhölzer (sowohl deren „Blattkleid“ als auch deren Holz) und jene charakteristischen Heunoten, die eigentlich in jedem „echten“ Fougère zu finden sind. Markant, maskulin und prägnant – so muss ein Vorzeige-Fougère sein. Und als ob das nicht schon genug wäre, zeigt sich im späteren Duftverlauf noch etwas, das mich ebenfalls begeistert – Anklänge von Stein, von dezent sonnengewärmtem Gestein, wie ich sie sonst nur von dem leider vergriffenen Cristiano Fissore for Men kenne.
Daumen nach oben, Herr Bodenham! Genauso wie A Rose for … ist auch Vert Fougère geglückt und findet hoffentlich seine Freunde!
Ein schönes Restwochenende meine Lieben und viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
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