… ist soeben bei uns gelandet, das wir uns heute und morgen unter die Nase klemmen. Kaschmir hört sich fein an, wenn ich so aus dem Fenster sehe – Regen, Regen, Regen, heute Nacht zumindest bei mir auf dem Land Temperaturen von circa drei Grad, da kommt Wärmendes gerade recht, gerne auch in duftender Form 🙂
Von duftenden Tagträumen und Alltagsfluchten – Collection Cachemire
„Collection CACHEMIRE draws its inspiration from a misty, encircling and captivating imagination that provides a beautiful escape. The fragrances of this collection are a gateway to a world where everything is reverie. Make room for mysticism, dreaminess and the sweetness of life.“
Die Inspiration – eine geheimnisvolle, spannenden und fesselnde Phantasie, die eine wunderschöne Flucht beschert – in Tagträume, einen Tagtraum. Das muss ab und an mal sein, wir wissen es alle – kleine Alltagsfluchten braucht jeder. Das Versprechen liest sich für mich demgemäß so: Inseln werden uns versprochen, duftende Fluchtpunkte und Sehnsuchtsorte, die … einhüllen, beschützen, positiv stimmen. Seelenschmeichler. Schauen wir mal, ob und wie Evody diese Ankündigung einlösen mit ihrem neuen Collection Cachemire-Trio!
Für diejenigen, die Evody noch nicht kennen, kurz zusammengefasst noch die Hard Facts: Der Name Evody leitet sich von Evodia ab, dem Baum der hunderttausend Blüten – und hinter dieser schönen Assoziation steckt eine nette kleine Familiengeschichte in Form eines Frauenduos. Régine Droin und ihre Tochter Cérine Vasseur führen ein kleines, aber feines Geschäft im Herzen von Paris, welches neben auserlesenen Parfums auch Duftworkshops für diejenigen anbietet, die einmal unter fachkundiger Anleitung in die Geschichte der Parfums eintauchen wollen. Mit ihrem 2006 eröffneten Laden im trendigen Stadtteil Saint Germain des Prés gehörten die beiden wohl zu den ersten, die Nischendüfte anboten, was von der Kundschaft honoriert wurde – genauso wie die eigene Duftkollektion, ein langgehegter Traum, den sie sich 2008 erfüllten und streng genommen immer noch erfüllen.
Ich musste in der Tat nachzählen, wie viele Düfte Evody mittlerweile im Sortiment haben: vier Kollektionen sind es. Die Collection Première, sie umfasst die ersten acht Düfte. Dann die Collection D’Ailleurs, die eher orientalisch-harzig-holzig angehaucht ist. Darauf folgte die Collection Galerie mit drei Düften sowie jetzt das Cachemire-Trio.
Evody Cité Onirique
„Cité Onirique opens the doors to a chimeric universe. Become immersed completely into mystical wonder; bathe in the seductive fog that shrouds the city, with shimmering lights peering through and flourishing flora emerging from the shadows.
Time stops with only the bright yet mellow notes of perfume escaping. The pink pepper betrays elements of cassis and raspberry. Notes of jasmin and rose resonate on the strings of the warm oud, revealing a velvety elegance that elicits the final and profound note of blond suede echoed on ancient Papyrus.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Schwarze Johannisbeere, Rosa Pfeffer, Himbeere
Herznote: Jasmin, Rose, Adlerholz (Oud)
Basisnote: Safran, Wildleder, Papyrus
Cité Onirique – die traumhafte Stadt im Sinne von Traumstadt, erträumte Stadt. Davon ist in der Beschreibung die Rede, von dem Eintauchen in eine Stadt, die mysteriös im Nebel liegt mit ihren schimmernden Lichtern, eine unbekannte Vegetation offenbarend …
Meine Ideen dazu? Eine ganze Menge. In meinem Kopf habe ich sofort den Fotografen Christophe Jacrot, dessen Werk zugegebenermaßen recht gefällig, aber nicht minder beeindruckend und schön ist. Vor allem seine Großstadtserien, unter anderem die im Regen, kennt Ihr sie? Die einzelnen Menschen in der großen Stadt, gerne mal von hinten fotografiert, also einzelne Rücken inmitten langer Straßen und Häuserreihen, mitunter auch nur Füße, beschuhte gerne einmal …
Das wiederum lässt mich umgehend an den „Flaneur“ denken, jenen Großstadtdurchstreifenden, der sinnierend und reflektierend in der Masse schwimmt oder vielmehr untertaucht, denn er schwimmt nicht wirklich mit ihr, nur in ihr. Das erste Mal findet man ihn bei Edgar Allan Poe in seiner Erzählung Der Mann in der Menge, Baudelaire lässt ebenfalls flanieren und selbstredend taucht er auch bei Proust auf in seinem monumentalen Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit:
„So nun, völlig außerhalb von jeder literarischen Absicht und ohne einen Gedanken daran, fühlte ich manchmal meine Aufmerksamkeit plötzlich gefangen von einem Dach, einem Sonnenreflex auf einem Stein, dem Geruch eines Weges, und zwar gewährten sie mir dabei ein spezielles Vergnügen, das wohl daher kam, daß sie aussahen, als hielten sie hinter dem, was ich sah, noch anderes verborgen, das sie mich zu suchen aufforderten und das ich trotz aller Bemühungen nicht zu entdecken vermochte. Da ich genau fühlte, daß es in ihnen war, blieb ich unbeweglich stehen, um sie anzuschauen, einzuatmen, um den Versuch zu machen, mit meinem Denken über das Bild oder den Duft noch hinauszugelangen.“ (Band 1, Unterwegs zu Swann)
Der Einzelne in der Anonymität der, im eigentlichen Wortsinne: reizvollen Stadt – das erinnert selbstredend auch an Edward Hoppers berühmtes Gemälde Nighthawks und somit an die Einsamkeit, die mitunter aus dem Stadt(er)leben resultiert. Eigentlich eine Paradoxie, dürfte das aber einigen, vielleicht auch vielen von Euch sehr wahrscheinlich bekannt vorkommt – am einsamsten fühlt man sich oft unter Menschen und nicht dann, wenn man alleine ist. Zumindest mir geht es teils so, obschon ich Menschen mag und, wie Harmen, Julia und unser Team hier bestätigen können, nun wirklich kein introvertiertes Persönchen bin 😉
Und doch wirft man sich in die Menschenmengen, in die Masse – wenn es einem gut geht oder wenn es einem schlecht geht. Eine nur halbwegs gelungene Überleitung auf diesen grandiosen Song der in Schweden geborenen Wahlberlinerin Molly Nilsson, der für mich die perfekte Betonung der Nighthawks darstellt, eine Szenerie im übrigen, die man perfekt zu fortgeschrittener Stunde in dementsprechenden Etablissements beobachten und/oder erleben kann:
Großstadtfluchten – Cité Onirique
Ihr seht, bei mir bricht einmal mehr der Melancholiker durch. Fast hätte ich Großstadtmelancholiker gesagt, das ist mittlerweile aber nicht mehr zutreffend, dennoch … 😉 Zurück zu Cité Onirique, der Traumstadt, die mit ihren Reizen erst einmal lockt … tut sie oder vielmehr er, der Duft, mich in jedem Fall.
Obst und Oud, schöne Mischung. Ambivalent, wie das ganze Thema oder zumindest meine Perspektive darauf. Frische, fruchtige Frische, herb-säuerliche Johannisbeeren, die immer noch und immer wieder gut funktionieren. Himbeeren vermag ich ebenfalls zu entdecken, samtig-saftige, sich allerdings etwas schüchtern zurückhaltend. Pfeffer kontrastiert, sorgt für Spannung, macht neugierig und „bitzelt“, prickelt, zwickt sanft in die Nase. Passt perfekt, das tut nämlich der nicht allzu viel später die Bühne betretende Safran ebenfalls mit seinem ihm eigenen Naturell, das wie so oft ledern tönt und somit eine Dreamteam-Paarung mit dem Oud eingeht. Das zeigt sich hier verhalten rauchig, ledrig-würzig und leise medizinisch, keinesfalls aber animalisch und alles in allem ohnehin züchtig für seine Verhältnisse. Wer also Angst vor der Ingredienz hat, den wird Cité Onirique nicht in die Flucht treiben. Rose untermalt die Fruchtigkeit des Duftes, die eine Kühle atmet, welche exakt zum Thema passt – Nacht, Nächte. Gleichwohl besitzt Cité Onirique genügend Wärme, um auf die unendlichen Möglichkeiten hinzudeuten, die sich in der Tiefe der Nacht (scheinbar?) auftun …
Ledrig, johannisbeerig und harzig ist Cité Onirique in erster Linie – und trifft bei mir damit voll ins Schwarze. Ich bin nach wie vor Cassis- und selbstredend auch Oud-Fan, obschon letzteres hier eher holzig-rauchigen Charakters ist. Für mich ein moderner und auf eine Weise sehr stylisher mit einer Prise Erotik, der fast ganzjährig und eigentlich auch anlassunabhängig getragen werden kann von beiden Geschlechtern.
Der Auftakt macht Lust auf den Rest der Collection Cachemire – morgen geht es weiter, meine Lieben!
Einen schönen (Rest)Sonntag noch und viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
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