… sind neu bei uns im Sortiment – und machen mich extrem neugierig: die Marke verfügt über ein schönes, minimalistisches Packaging, wie man auf den ersten Blick sehen kann. Sie kommt aus dem schönen Skandinavien – endlich einmal wieder eine derartige Duftmarke, soo viele gibt es ja nicht davon. Die, die es gibt, können aber was, siehe Agonist, Andrea Maack, Byredo, Zarkoperfume, um nur einige Beispiele zu nennen. Und dann scheinen 19-69 ein interessantes Konzept zu haben – gegründet vom Künstler und Produktentwickler Johan Bergelin, der die Düfte in Zusammenarbeit mit Künstlern aus Skandinavien, Frankreich und Italien umsetzte und schlussendlich 2017 lancierte, im übrigen erstmalig im legendären Kaufhaus Colette.
19-69 – ein Name, ein Statement
Eigentlich ahnt man es schon, auf was sich 1969 beziehen könnte außer einem Geburtstjahr – in diesem Falle auf beides, ich zitiere Bergelin von der Markenwebseite:
„ART AND PUSHING GENDER BOUNDARIES – I grew up strongly influenced by the fashion trends that ruled during the 80’s. It was a new era and included men when it came to experimenting with looks and images. Gender boundaries were pushed and even male rock stars wore make up. I was mesmerized by the possibility of affecting and changing a person’s appearance. Then as now, it was clear to me that beauty is a form of art.
STANDING UP – I have always surrounded myself with creative people, personal friends as well as professional. What has always inspired me is how these artists very often stand up for their values. They want to make a difference. This can be made in endless ways: a mural painting, a sculpture, photos or music lyrics. You may or may not personally agree, but it takes guts to stand up for your beliefs and who you are, and I do respect that. I think this is what planted a seed in me and was the beginning of 19-69.
MAKING A STATEMENT – The name of the brand 19-69 is a very powerful statement. The year of 1969 represents an era of freedom, tolerance and counterculture. It is also the year I was born and my way of putting my heart on the sleeve and say – This is real. This is who I am.
BEAUTY UNITES PEOPLE – As a photographer I have had the privilege to travel the world and capture the beauty of different cultures. On a personal level that has been a journey of education and an eye opener. Yes, there are a lot of crazy things going on in this world, but I also discovered what unites people. A lot of times that is beauty, may it be in the form of music, art or scents. With 19-69 I want to invite people to explore beauty across the borders and see what we can discover about each other.“
Ich mag diese Markenvorstellung. Warum? Kunststück, im wahrsten Sinne des Wortes 😉 Schönheit als Form der Kunst, yes. Darüber hinaus liegt mir die Lebenseinstellung, die Perspektive auf Menschen, Welt, Leben.
Verschiedene Orte und Augenblicke inspirierten Bergelin zu seinen acht Kreationen, die allesamt als Unisex-Düfte konzipiert wurden. Die Glasflakons erhalten ihre Lackierung und ihren Siebdruck in Italien in Handarbeit, weshalb es zu kleinen Unterschiedlichkeiten und Abweichungen kommen kann, die Teil des Charakters sind. Als Parfumeure waren für 19-69 Amélie Bourgeois, Anne-Sophie Behaghel und Dario Volpones tätig.
Bourgeois hat schon viele Düfte geschaffen, so unter anderem für ÆTHER, Evody, Jovoy, Les Liquides Imaginaires, Mendittorosa, Olibere, Parfumerie Particulière, Room 1015, Volnay und viele mehr. Behaghel arbeitete unter anderem ebenfalls für ÆTHER, Evody, Mendittorosa, Les Liquides Imaginaires, Room 1015 sowie Parfumerie Particulière – ich habe die Düfte nur überflogen, vermute aber sehr stark, dass die beiden an einigen der Schöpfungen zusammen gearbeitet haben, was nicht unüblich ist. Ansonsten finden sich für Behaghel noch Düfte für Frapin, La Manufacture und Le Galion sowie eine ganze Menge für Alexandre J.. Für Volpones, dessen Name ich ehrlicherweise noch nicht kenne, finden sich noch nicht viele Kreationen – es scheint ein junger Parfumeur zu sein.
Bergelin scheint im übrigen kein Neuling in der Branche zu sein – er ist wohl auch preisgekrönter Hairstylist und hat(te?) eine Marke für Haircare namens Amae.
Stürzen wir uns doch umgehend ins duftende Getümmel, ich bin gespannt!
Olfaktorische Legendenbildung – Purple Haze
„Die Hippiebewegung und Protestkultur – ganz wie John und Yokos Bett in Amsterdam und Montreal, genauso wie die Woodstock Music and Art Fair 1969. Purple Haze erschafft das Ambiente für 19-69. Tiefgründig, kraftvoll, schräg und faszinierend. Die Duftnoten umfassen einen Cannabisakkord, Veilchenblätter und Patschuli.
Johan Bergelin: „Der Duft Purple Haze handelt vom legendären Keenak, den ich in Bahama Village auf Key West traf. Eine Gitarre auf dem Rücken, Schlangenlederstiefel, enge Jeans und lange Haare. Ein Hauch von Woodstock. Eine Hommage an die Kreativität, Freiheit und den Genuss.“
Die Duftreise von Purple Haze: Keenak und ich
Key West ist einer der duftendsten und inspirierendsten Orte, die ich kenne. Er verleiht Kraft und spielt mit allen Sinnen und Gefühlen. Wehende Palmen, Orchideen, wunderschöne Bougainvillea und an der südlichsten Spitze der USA gelegen, nur 90 Meilen entfernt von Kuba. Das Motto dieses Schmelztiegels ist „die Menschheit ist eine Familie“.Hier begann auch die Geschichte von Keenak und mir. Ich war schon ein paar Mal auf Key West gewesen und lernte die Einheimischen kennen. Nur ein paar Meter von mir entfernt ging diese exzentrische Persönlichkeit vorbei, vor meinem Lieblingscafé in Bahama Village. Eine Gitarre auf dem Rücken, Schlangenlederstiefel, enge Jeans, ein schwarzes Seidenhemd, offen bis zum Bauchnabel. Dazu: massenweise Halsketten, Armbänder und ein Stirnband unter seinem Markenzeichen, einem Hut mit schwarzer Feder. Wer war dieser Mann? War er ein alter Hippie, ein Woodstock-Relikt? Oder vielleicht ein Rockstar? Ich war fasziniert und wusste, dass ich ihn wiedertreffen wollte. Ich fragte herum in der Stadt und suchte nach Hinweisen. Man erzählte mir, dass er ein Straßenmusiker sei, der auf einem Boot lebte. Andere sagten, dass er ein talentierter Musiker sei mit einer Schwäche für Schnaps und psychedelische Substanzen, der unter einer Brücke schlief. Eines Tages traf ich wieder auf ihn. Ich war gerade dabei, mit meiner dreijährigen Tochter Lebensmittel bei Fausto‘s einzukaufen, als ich ihn auf dem Gehweg sitzen sah, wie er ein wenig auf seiner Gitarre spielte. Da war er, dieser geheimnisvolle Mann aus einer anderen Zeit und von einem anderen Ort.
Wir verstanden uns gleich gut und Keenak lud mich ein, am nächsten Tag zu einem flüssigen Mittagessen zu ihm zu kommen (oder einigen Uppern, wenn ich das lieber hätte). Seine Wohnwagensiedlung befand sich in den zwielichtigen Badlands von Stock Island, eine winzige Parzelle hinter Cow Key Channel. Wir redeten über das Leben, Musik und Literatur. Über meine europäische Herkunft und sein Leben als vagabundierender Künstler. Ich war von dem eigentümlichen Duft fasziniert, den sein Heim umgab. Ich erkannte Patschuli, Tabak und holzige Düfte, gemischt mit Leder und Vanille. Als ich ihn erwähnte, erzählte er mir von einem speziellen Patschuliöl, das er verwendete, seit er ein junger Mann in Vietnam war. Die Frauen mochten es, warum also ein Erfolgsrezept verändern, sagte er und lachte. Aber er beugte sich herüber zu mir und flüsterte: „Mann, wenn du mein wirklich geheimes Gewürz kennen willst, es ist Gras. Das beste ist Purple Haze, aber verdammt schwer zu finden heutzutage.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Bergamotte, Zypresse, Cannabis, Ravensara, Labdanum (Zistrose)
Herznote: Zitronengras, Thymian, Gurjunbalsam, Veilchenblätter
Basisnote: Vanille, Patchouli, Schwarzer Pfeffer, Weißer Moschus, Hölzer
Parfümeur: Amélie Bourgeois
Coole Geschichte von einem vermutlich ebenfalls coolen Typen. Wer sich einmal, sei es nun theoretisch oder auch praktisch, mit Cannabis beschäftigt hat, wird es wissen – Purple Haze ist Kult. Eine bestimmte Sorte, die schon 1967 von Jimi Hendrix besungen wurde – der Song heißt wie die Pflanze, logisch. Purple Haze ist eine der wenigen Hanfpflanzen mit violetten Blüten, daher stammt der Name. Und – sie knallt wohl ganz ordentlich, daher kommt der Mythos.
Wir haben es hier also mit einem weiteren Cannabis-Duft zu tun – es gibt bereits eine ganze Reihe, allerdings weniger, als man vielleicht denken sollte. Nasomattos Black Afghano ist sicherlich der bekannteste und meistverkaufteste unter ihnen, weswegen er einem gedanklich bei diesem Thema immer sofort in den Sinn kommt. Wie sich wohl Purple Haze dufttechnisch verhält? Ich muss es umgehend testen …
Purple Haze ist kein reiner Cannabis- oder Haschischduft, sehr zu meiner Freude. Bergelin kündigte es oben ja bereits an – es ging darum, die Aura Keenaks einzufangen, die greifbar duftende von ihm selbst als auch seines Wohn- und Lebensraums. Krautig-dunkelgrün, herb-würzig und gleichermaßen kühl wie balsamisch-warm zeigt sich Purple Haze, der durchaus irgendwo im Duftgespinst eine Hanfpflanze erahnen lässt. Es raucht auch, aber weit weniger metallisch-kantig wie in Black Afghano, sondern eher … steinofenmäßig, ein bisschen rußig, gleichermaßen aber eben auch leise süß und vor allem balsamisch-holzig-würzig. Zypresse krautet und holzt, im Hintergrund grast es verhalten salzig und subtil metallisch-grün, Veilchenblätter sind gut wahrnehmbar und Patschuli pudert, kakaopudert, erdet und vertieft.
Purple Haze macht Spaß – und ist definitiv unisex. Er ist markant, charakteristisch, aber dennoch nicht zu edgy und somit auch alltags- und tageslichttauglich. Für mich ein überaus gelungener Auftakt – ich freu mich schon auf morgen, wenn es weitergeht mit 19-69!
Alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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