… zielen auf unsere niedersten Instinkte und Triebe, genauer gesagt auf einen: URLAUB! Der Sommer lässt, genauso wie der Frühling, in unseren Gefilden gepflegt auf sich warten. Auch 2019 frage oder besser: fragte ich mich, wo denn mein lauer Frühling bleibt, für den ich nicht nur unzählige Übergangsklamotten horte, die ich gerne einmal wieder ausführen würde, sondern eine genauso ansehnliche Duftgarderobe im Regälchen stehen habe – diese zumindest ist in den allermeisten Fällen nicht nur auf diese eine, annähernd ausgestorbene Jahreszeit reduziert. Nun, die Hoffnung auf Frühling habe ich alleine bei einem Blick auf’s Datum für dieses Jahr einmal mehr aufgegeben, dafür könnte es jetzt aber dann schon mal Sommer werden. 35 Grad oder mehr müssten es für mich nicht sein, aber Kopfwehwetter wie dieser Tage mit einer ordentlichen Schwüle in der Luft und alle paar Minuten ein paar Regentropfen, die sich dennoch nicht dazu entscheiden können, wenigstens einmal ordentlich und in staatlicher Summe vom Himmel zu fallen – das braucht kein Mensch, genauso wenig wie Hagel und Co., die ich durch meinen Tschechien-Urlaub letzte Woche wenigstens „verpasst“ habe. Urlaub, genau. Da sind wir wieder beim Stichwort – URLAUB.
Sommerurlaub, oder wenigstens Urlaub im Sommer, an einem Ort, wo Sommer ist und/oder sommerliche Temperaturen herrschen – das wäre fein. Und nicht nur jetzt, einen eben solchen sehnt man sich eigentlich ganzjährig herbei, oder nicht? Exakt jene Sehnsucht haben sich Beso Beach auf die olfaktorischen Fahnen geschrieben:
„Wellen, Sonnenuntergänge und wundervolle Menschen – so fühlt sich Urlaub am Meer an. Musik, Nichtstun und Good Vibes in authentisch mediterranem Stil. Das möchtest du auf keinen Fall verpassen. Tanze, fühle und genieße es! Es gibt keinen Sommer ohne Beso.“
Vollmundige Versprechen meine Lieben – genauso wie die von exklusiven Rohstoffen lokaler Lieferanten, die sich in den durchaus ansehnlichen Flakons wiederfinden sollen, deren duftender Inhalt wohl von „den besten Parfümeuren der Welt“ kreiert wurde. Zugegeben, das behauptet fast jede Nischenduftfirma von sich selbst – im Falle von Beso Beach hat man allerdings in der Tat ein paar klangvolle Namen versammelt für das Duftrio, mit denen die Marke an den Start geht: Bendito Beso wurde von Olivier Cresp kreiert, Beso Negro von Christophe Raynaud und Beso Canalla von Annick Menardo.
Bevor wir aber zu den Parfümeuren und deren Werken kommen – wer steckt denn hinter Beso Beach, woher kommt der Name?
Welcome to Paradise – das Beso Beach-Universum
„There is no magic recipe, but there are ingredients that never fail“
Kein magisches Rezept, aber Zutaten, die niemals enttäuschen – das ist wohl wahr, so breit gefasst diese Aussage auf der Webseite von Beso Beach auch sein mag, man möchte ihr alleine deshalb schon zustimmen. Mit ein paar bestimmten Dingen und besonderen Menschen an einem speziellen Ort – das ist sicherlich für jeden Einzelnen mitunter etwas unterschiedlich, aber dennoch oder gerade deswegen sind das vermutlich die Parameter, die die meisten Menschen glücklich machen können. Wer ist die Beso Group, die hinter den Düften von Beso Beach steckt, und was macht sie noch?
„Imagine yourself in a place called paradise, where hearts and friends join to enjoy the essence of the purest flavors, surrounded by an entertaining atmosphere in front of the sunset. At Beso we are proud to be able to offer, from the island of Formentera and the Mexican Caribean, the best of the Mediterranean and Basque gastronomy based on a kitchen with heart, with the best raw materials available, without additives, without extravagant names, and without sweeteners. At Beso the palate is the protagonist, raw materials in their purest essence and the experience of enjoying the authentic flavor in an environment of unparalleled relaxation. Eating at Beso is an experience that everyone should try.“
Aaah, mit einem Restaurant haben wir es zu tun, genauer – mit mehreren. Und die drei A’s in meiner verständigen Lautäußerung sind Programm, denn Beso Beach setzen auf A wie Ambiente, A wie Atmosphäre und A wie „Art“, Kunst. Ein Paradies, das Paradies sollte, so konstatieren sie, nicht nur so aussehen und sich so anfühlen, es sollte auch wirklich eines sein, weswegen man sich für Örtlichkeiten entschieden hat, die einen ganz besonderen Charme als auch eine einzigartige Energie besitzen. Doch damit nicht genug:
„We don’t know if it is the light of the sunset or the smell of the sea that inspires our finely selected team to make the impossible possible. At Beso entertainment and discretion reign supreme. A tribe that pays tribute to the sun and the sea with a rhythm that sets us apart from the rest. At Beso, we expect the unexpected.“
Das besondere Licht oder der Geruch der nahen See könnten Teil des Geheimnisses von Beso Beach sein, mutmaßen die Betreiber schmunzelnd – und verweisen auf ihren motivierten Service, der „Body and Soul“ füttert, Körper und Seele also, die sich an Speisen der traditionell baskischen und mediterranen Küche laben dürfen.
Sieht nett aus, oder? Ich würde jetzt gerne den kleinen Muck spielen (war es nicht er?) und mich mit drei mal Hacken aneinanderklatschen dorthin beamen … Sitges in der Nähe von Barcelona, Formentera, Ibiza und Tulum kämen dafür in Frage … Moment, Tulum? Stimmt, Mexiko. Beso Beach scheint also zu expandieren, ähnlich wie Café del Mar (heute nicht mehr, waren aber immerhin auch schon in Singapur vertreten) und die Buddha Bar. Musik gibt es wohl noch nicht passend zum Beso Beach-Konzept, wohl aber jetzt Düfte – und die sehen wir uns heute und morgen genauer an.
Sommer, Sonne, Strand & Sexyness – Bendito Beso
„Formentera, the aroma of the sea, the green of the Savina forests and the wild bushes. The blinding sun, reflecting on the water, the traces on the sand left as the water disappears and the heat of the sun on the skin. Tanned, a warm body comes out of the water, a refreshing kiss, which becomes sweeter when the bergamot vanishes to reveal its jasmine heart. And it is placed in the shade under the wooden notes of the cedar and the elegance of the musk.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Hedion, Neroli, Bergamotte, Aquatische Noten
Herznote: Orangenblüte, Florale Noten
Basisnote: Moschus, Zedernholz, Heliotrop, Tannenbalsam
Olivier Cresp ist an den Phiolen gewesen für Bendito Beso – wir kennen ihn unter anderem von und für: Thierry Muglers Duftikone Angel (in Zusammenarbeit mit Yves de Chiris), Yves Saint Laurents Opium inklusive diverser Flanker (auch hier in Zusammenarbeit mit einigen Parfumeuren), Dune Pour Homme von Dior (in Zusammenarbeit mit Jean-Pierre Béthouart), Guerlains Champs-Élysées, Rochas‘ Femme, Olfactive Studios Flash Back, Penhaligon’s Equinox Bloom und Juniper Sling, darüber hinaus finden sich noch etliche Kooperationen in seinem Duftportfolio als auch eigene Werke, allesamt für die großen Namen wie Kenzo, Diesel, Jean Paul Gaultier, Nina Ricci, Paco Rabanne, Boucheron und so weiter und so fort. Cresp ist ein „alter Hase“, er ist seit 1975 Parfumeur und einer der Großen seiner Zunft, keine Frage.
Formentera ist der Duft gewidmet – da musste ich gleich mal schauen, wie es auf der Baleareninsel denn so aussieht, wenn in der Duftbeschreibung schon von wilden Büschen als auch von Wäldern die Rede ist. Mediterran selbstredend ist die Flora, und äußerst vielfältig, ich habe dazu eine hübsche private Seite gefunden, die unfassbar viele Pflanzen listet, unter anderem auch mehr als ein Dutzend Orchideenarten, seht hier. Darüber hinaus ist von Pinien, Sadebäumen und Brachen die Rede, was Bäume angeht. Cresp hat es allerdings wohl eher in direkte Nähe zum Meer gezogen, wenn man der Duftbeschreibung folgen möchte: es ist von gleißender Sonne die Rede, die sich in der See widerspiegelt, von warmer, gebräunter Haut und von Küssen … da kommen mir umgehend die Hippies in den Sinn, die Formentera in den Sechzigerjahren für sich entdeckten und von denen man bis heute noch Spuren auf der Insel findet, und sei es auch „nur“ Keramik, selbstgemachte.
Bevor wir zum Duft kommen, ein paar Worte zu Hedion: Methyldihydrojasmonat, 1958 von Edouard Demole synthetisiert, und zwar als dieser für Firmenich, Cresps Heimat, Jasmin oder vielmehr dessen olfaktorische Zusammensetzung genauer unter die Lupe nahm. Wer es erfunden hat, hätten wir somit geklärt, was Hedion sonst noch so kann, folgt sogleich. Zuallererst – es ist Basis für einige Klassiker, in denen es in hochdosierter Form vorkam, allen voran Edmond Roudnitskas Eau Sauvage für Dior sowie Paco Rabannes Calandre. In Chanel No. 19 als auch in First von Van Cleef & Arpels sowie Beautiful von Estée Lauder findet es sich ebenfalls in stark konzentrierter Form. Und dann, spannend: die Ergebnisse von Hans Hatts Forschung an der Ruhr-Uni Bochum in Kooperation mit Dresdener Wissenschaftlern, lest hier. Die Studie zitiere ich gerne:
„Zellphysiologen der Ruhr-Universität Bochum haben nachgewiesen, dass der Duftstoff Hedion den Pheromonrezeptor VN1R1 aktiviert, welcher in der menschlichen Riechschleimhaut vorkommt. Gemeinsam mit Kollegen aus Dresden zeigten die Bochumer, dass der Geruch von Hedion geschlechtsspezifische Aktivierungsmuster im Gehirn erzeugt, die bei klassischen Riechstoffen nicht entstehen. „Die Ergebnisse liefern einen starken Hinweis, dass es auch bei Menschen eine Pheromonwirkung gibt, die sich vom Riechen unterscheidet“, sagt Duftforscher Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt. […] Hedion – nach dem griechischen Wort „hedone“ für Vergnügen, Genuss, Lust benannt […] Es wird auch als Duft des Erfolgs bezeichnet. […] Was im Gehirn passiert, wenn Menschen Hedion riechen, untersuchte die Bochumer Gruppe gemeinsam mit dem Team um Prof. Dr. med Thomas Hummel vom Universitätsklinikum Dresden. Sie verglichen die Ergebnisse mit den Effekten, die Phenylethylalkohol auslöst, ein klassischer floraler Geruchsstoff. Hedion aktivierte Hirnareale im limbischen System signifikant stärker als Phenylethylalkohol. Das limbische System wird mit Emotionen, Gedächtnis und Antrieb in Verbindung gebracht. Zusätzlich aktivierte Hedion einen speziellen Bereich des Hypothalamus, bei Frauen stärker als bei Männern. Dieses Aktivierungsmuster ist typisch für eine Regulation der Sexualhormonausschüttung.“
… schmunzelt noch jemand von Euch? 😉 Ich trage, wie vor zwei, drei Jahren berichtet, Eau Sauvage im übrigen immer noch und immer wieder gerne, und zwar als neue und alte Version 🙂
Und wie duftet nun Bendito Beso? Ozonig-aquatisch im Auftakt, frisch, sauber und luzide, strahlend hell und heiter. Nach Wasser, nach einem klitzekleinen Quentchen Sand und einem Hauch Sonnencreme, allerdings ohne Kokos oder Ylang, einfach nur nach Sonnenmilch. Auf eine unbeschwerte Weise warm erscheint er mir – wie sonnengetrocknet nach dem Bad im Meer, wohlig warm ins kuschelweiche Handtusch gepackt. Im weiteren Verlauf präsentiert er sein Hedion, das in diesem Fall eher nach Magnolie denn nach Jasmin duftet (wobei, ok: cremig-moschusgetragener Jasmin, ja, der ist da aber eben in Form der genuinen Cremigkeit, nicht unbedingt als wahrnehmbares Blühwesen), zart-grün umrankt und von ausgebleichtem, von Wind und Wetter glatt geschliffenem, sauber-säuberndem Treibholz eingerahmt. Zitrusnoten sind auf meiner Haut nur sehr dezent im Hintergrund zu vernehmen, als Verstärkung der Frische – sämtliche Zitrusfrüchteblümelein sind zu Hause geblieben, von denen nehme ich gar nichts wahr.
Für wenn eignet sich Bendito Beso? Am ehesten für die Damenwelt, obschon er v-i-e-l-l-e-i-c-h-t auch an dem einen oder anderen Mann funktionieren könnte, vielleicht. Ansonsten als sommerliche Cologne-Alternative, und zwar für Freunde von Düften wie beispielsweise Zoltys Lily Beach oder eventuell auch Putmans Préparation Parfumée (Obacht, der ist kein Meerduft, sondern erzählt von einem stehenden Gewässer und ist deutlich unisex mit einem Ticken ins Maskuline gehend – ein Meisterwerk im übrigen, Chapeau, Madame Giacobetti).
Ich bin gespannt, wie es morgen weitergeht – zumindest bin ich jetzt schon mal eingestimmt auf Meer und mehr 😉
Herzlichst
Eure Ulrike
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