… erzählt uns Josh Meyer mit seinen neuesten beiden olfaktorischen Werken, Sundrunk und A City on Fire, die beide seit einer Weile ihrer Rezension harren. Et voilà, dem möchte ich heute nachkommen und bin schon ganz gespannt, was der Autodidakt uns mit den beiden Düften zu sagen hat …
Imaginary Authors – Die duftende Erzählkunst des Josh Meyer
Die Marke Imaginary Authors ist das Kind von Josh Meyer, der in den USA, in Portland, Oregon, lebt. Auf der Seite des Art and Olfaction Institutes, bei dem Meyer ebenfalls „mitmischt“, findet sich eine kurze und prägnante Beschreibung zu ihm:
„Josh Meyer came to perfume via a love for all things exquisite – be it whiskey, literature, cuisine, cigars, or music – balanced with a strong aversion to pretentious over-extravagance.
A discovery of niche perfumery sparked an unexpected passion, and he began his career as a perfumer in 2010. With his strong love of esoteric beauty, his enthusiasm for the field led him to seek out the finest raw materials from around the world. In his new laboratory, he further spent countless hours researching, re-working, refining and perfecting his unique approach to the craft. He finally came up with seven formulations that were excellent, and launched his new fragrance house: Imaginary Authors.
Imaginary Authors is born from the concept of scent as art and art as provocation. Like a good book, the scents are meant to inspire you. The perfumes are intended as layered narratives, and each Imaginary Authors fragrance follows a compelling storyline peppered with intriguing twists.“
Ein Liebhaber von Whisk(e)y, Literatur, guter Küche bzw. gutem Essen, Zigarren und Musik, liest sich vielversprechend, oder nicht? Wir hatten schon einige seiner Düfte hier im Blog rezensiert sowie eine Vorstellung von ihm, siehe z.B. hier. Aus diesem Artikel zitiere ich auch die Links zu Interviews mit Josh Meyer, die ich dort bereits gesammelt hatte – er hat eine interessante Geschichte zu erzählen, denn sein Weg zum Duft, zur eigenen Duftmarke, war kein geradliniger und auch so nicht geplant. Für die Neugierigen:
- Olfactiv – Interview Teil I und Teil II
- Ça Fleure Bon – Kurzprofil von Josh Meyer
- Art & Hustle Magazine – Inside the Mind: Josh Meyer
- The Good Smellas Blog – Interview mit Josh Meyer
Fakt ist, das schicke ich noch vorweg, weil man es wissen sollte, falls man die Marke nicht kennt: deren Name triggert bereits die Vermutung, dass die Geschichten erfunden sind. Will sagen: die Artikelbeschreibungen zitieren fiktive Personen, Künstler und Autoren, sie sind samt und sonders fiktiv, entsprungen allesamt der sprühenden Fantasie von Josh Meyer.
Sommerlich-sonnentrunkene Glückseligkeit – Sundrunk
„“Woozy and warm from the sun, we shared an orange pop and watched the surfers’ last lines of the day.”
When Clementine Cope set foot in snow deeper than her knees, she knew it was for the last time. Leaving the rural Montana home she’d been raised in, with no plans other than to follow the setting sun, she’d wake up every morning and head towards the warmth; dreaming of Dennis Wilson, push pops in the sand, and convertibles.
Her journey covers thousands of miles and delivers her first-ever view of the ocean. By the time summer hits, Clem is consumed by an incomprehensible joy. She finally stops traveling when she settles into a ramshackle surf camp with newfound friends from the hills of Topanga, California. Now realizing for the first time her journey is only beginning.WHEN TO WEAR THIS FRAGRANCE: The obvious choice is to plunge into this scent at the peak of summer, allowing the cool citrus to wash your worries away. Less obvious is to douse yourself in the darker months, letting your skin soak up the sun and radiate it outward when it matters most.“
Eine Reise tun … Aufbrechen in ein neues Leben. Und wenn man dann ankommt, wird einem vielleicht klar, dass das nicht das Ende der Geschichte ist, sondern der Anfang einer neuen, die es noch zu schreiben gilt. Sundrunk erzählt die erfundene Geschichte von einer, die auszog. Nicht sich logischerweise – obgleich, am Ende beziehungsweise Anfang tut sie es ja dann doch, denn Clemetine Cope drängt es aus der verschneiten Enge eines Provinznestes dorthin, wo es warm ist, in diesem Falle die kalifornische Sonne. Und wenn man dann noch in einem der Erzählung nach hippiesk anmutenden Surfcamp landet, schreit das geradezu nach Laisser-faire und Dolce Vita.
Und, selbstredend: es erinnert an legendäre Surffilme und Surf-Dokus (mich zumindest, weil das eher mein Thema ist, Film, als Surfen an und für sich ;)) – Endless Summer natürlich, dann Maverick oder die genialen Dokus der letzten Jahre und Jahrzehnte, Bunker77, Under the Arctic Sky (zugegeben, hier kein kalifornischer Sommer im Hintergrund, dafür Nordlichter), Riding Giants und wie sie alle heißen …
Ein Kurzfilm ist mir aber besonders in den Sinn gekommen bei der Beschreibung von Sundrunk, der Kurzfilm Bruce Gold – The Last of the Great Surfing Hippies von Anders Melchior (2016). „Surf more, work less“ ist ein bekanntes Surfermotto – Bruce Gold die Personifikation dazu: mit Anfang 20 wanderte Gold nach Jeffreys Bay in Südafrika aus, wo er Pot rauchte und surfte. Das tut er bis heute noch, über fünfzig Jahre später. Schaut Euch das liebevolle Porträt an, der mehrfach preisgekrönte Film geht circa neun Minuten und ist wirklich sehenswert:
Bruce Gold – The Last of the Great Surfing Hippies from Anders Melchior on Vimeo.
Sundrunk ist ein Vergnügen: der Duft hat zweifelsohne Cologne-Charakter, ist aber kein typisches 0815 Cologne. Darüber hinaus besitzt er eine ordentliche Strahlkraft – er leuchtet, was seinen extrem hellen zitrischen Noten geschuldet ist. Zitrisch prickelnd, säuerlich und von einer leisen, bitteren Herbheit, die von einem Quentchen Rhabarber anmutig untermalt wird. Helle, freundliche Zitrusfrüchteblüten, wie so oft Nektarsüße verströmend, in diesem Falle aber nicht über die Maßen süß-floral, säumen den olfaktorischen Weg, von lieblichem Geißblatt tatkräftig unterstützt. Auf meiner Haut blitzen hin und wieder dunkelgrüne Akzente hervor, Blattwerk, darüber hinaus zeigt sich im weiteren Verlauf auch die angekündigte Rose, eine fruchtig-frische, jugendliche, die sich perfekt in das duftende Geschehen einfügt, das mittlerweile auch „cleane“ Facetten entwickelt hat.
Für die Sommermonate, die uns jetzt ins Haus stehen, eignet sich Sundrunk außerordentlich gut. Er ist ein erfrischender und kühler Hipster, modern, minimalistisch und unisex.
A City on Fire
„“When I saw you, all I saw was a swirl of smoke in the streetlight. Elusive. Sinister. Spectacular.” – Machus
A brilliantly dark graphic novel, A City On Fire, is the story of two match-makers. Rupert literally fabricates matches in a factory on the waterfront while Frances writes a dating column for the city’s newspaper. Both are recluses who haunt the night’s shadows observing clandestine activities from afar but never partaking. That changes one fortuitous evening when they are both witness to the same high-profile murder and are forced to come together as an unlikely vigilante pair in order to save their own names.
Imaginary Authors developed this fragrance exclusively for Machus, a modern menswear retailer focused on forward concepts and clean classics in Portland’s Lower East Burnside neighborhood.
WHEN TO WEAR THIS FRAGRANCE: The refined smoke accord makes this an austere and luxurious scent for evenings on the town, whether with a special someone or alone and looking for trouble.“
Jetzt musste ich erst recherchieren – gibt es Machus, das vermutlich hippe Kleidungsgeschäft für Herren, tatsächlich in Portland? Yep. Der Teil der Artikelbeschreibung ist demnach nicht pure Fiktion 😉
Die Beschreibung ist angelehnt an eine Graphic Novel – und da ich leider kein Comicleser bin, erinnert es mich demnach an eine der bekanntesten, die auch verfilmt wurde, an Frank Millers Sin City. Es ist die Rede von zwei Einzelgängern in der obigen Beschreibung, die ihre Jobs heimlich, still und leise verrichten, dabei kaum jemandem auffallen, aber selbst beobachten … bis sie eines Tages Zeuge eines Mordes werden und sich als Racheduo zusammenschließen, um ihre Namen wieder reinzuwaschen. Hört sich nach einem einigermaßen klassischen Krimiplot an – und könnte so auch in Sin City passieren … Falls Ihr ihn noch nicht kennt – anschauen, meine Lieben! [Es gibt mittlerweile mehrere Teile, der erste ist aber wie so oft der beste und Pflicht]
A City on Fire ist also ein rauchiger Duft für, siehe oben, Abende in der Stadt, entweder zusammen mit einem ganz speziellen Menschen oder eben alleine, „looking for trouble“. Die Frage ist – kann man „trouble“ auch positiv lesen im Sinne von Abenteuer, weiß das wer? Ich habe schon zwei Muttersprachler via Mail genervt und werde es nachreichen. Meines Wissens nach ist „trouble“ an und für sich kein positiv konnotiiertes Wort, insofern sollte es nicht zu dreist sein, A City on Fire hier eine gewisse Ambivalenz zu unterstellen. Ein Duft, der eine Stadt in Flammen sieht, angelehnt an zwei Menschen, die mit dem Rücken zur Wand stehen und nichts zu verlieren haben, deshalb ausziehen und Rache nehmen, visuell verziert mit Streichhölzern … Nett 😉
Und es raucht genauso, wie ich mir das erhofft hatte. Duftassoziation Nummer ein – Annick Menardos Patchouli 24 für Le Labo, der abgehangene Schinken im Rauchfang des uralten Schwarzwaldhofes. Zedernholz, Indische Narde bzw. Jatamansi, Kardamom, Waldfrüchte/Waldbeeren, Labdanum und rauchige Noten sind angegeben, wobei ich auf meiner Haut kaum Beerchen zu entdecken vermag. Vielmehr raucht, glimmt, quarzt und kokelt es holzig-teerig vor sich hin, dass es eine wahre Freude ist.
Wer Naomi Goodsirs Bois d’Ascèse liebt oder ähnliche Lagerfeuerdüfte, siehe auch meinen Artikel hier, der wird an A City on Fire seine wahre Freude haben – genauso wie ich 😉
In diesem Sinne meine Lieben – ein wundervolles Wochenende und viele herzliche Grüße
Eure Ulrike, deren Handgelenk wohlig duftlodert
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