Nachdem wir letzte Woche bereits das Vergnügen hatten mit dem ersten Neuling des soeben lancierten Trios von Parfums MDCI, folgen heute die beiden anderen Duftkollegen, die auf die Namen Cuir Cavalier und L’Homme aux Gants hören. Claude Marchal, der Mann hinter Parfums MDCI, hat sich als Inspirationsquelle für seine neue Masterpiece Collection berühmte Gemälde großer Meister herausgesucht, die er von (wie immer: bekannten) Parfumeuren mehr oder weniger in einen Flakon bannen ließ. Ein Kunstwerk als Vorbild für einen Duft -das gab es schon ein paar Mal, aber meines Erachtens noch nicht oft genug. Vielleicht kann es das auch für mich gar nicht oft genug geben, bin ich doch solch ein leidenschaftlicher Literatur-, Kunst-, Film- überhaupt: Vielzuviel-Liebhaber 😉
Wer neugierig geworden ist: Olfactive Studio baut auf dieses Konzept auf – eine Fotografie eines (mal mehr, mal weniger bekannten) Fotografs, die als Vorlage für den jeweiligen Duft dient. Oder Histoires de Parfums Opera Collection. Oder im weiteren Sinne auch Jardins d’Écrivains, die Marke, die sich bestimmten Schriftstellern widmet. La Folie à Plusieurs, jene Marke, die sich Filmen widmet, und was für welchen! Die Timothy Han / Edition, die wir vor nicht allzu langer Zeit hier rezensiert haben und die als Duftvorbilder literarische Werke hat. Je länger ich darüber nachdenke, fallen mir doch glücklicherweise noch ein paar mehr Marken und Düfte ein, wie ich zuerst dachte 😉
Aber kommen wir zurück zu unseren beiden Grazien von Parfums MDCI. Sie sind beide von derselben Parfumeurin, von Nathalie Feisthauer. Auf ihr Konto gehen unter anderem diverse Düfte für État Libre d’Orange, mein geliebter Gardénia Pétale für Van Cleef & Arpels‘ Collection Extraordinaire, Pélargonium für Aedes de Venustas, Amouages Honour Man, Hermès Eau des Merveilles, diverse Düfte für Comme des Garçons wie beispielsweise Wisteria Hysteria sowie Champaca aus der Series Luxe und viele weitere).
Auf die Pferde, ran ans Leder – Cuir Cavalier
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Mandarine, Safran
Herznote: Rose, Nagarmotha, Honig, Iris
Basisnote: Adlerholz (Oud), Leder, Zedernholz, Tonkabohne, Vanille, Moschus
„Kavallerieoffizier der kaiserlichen Garde zu Pferde“ wäre die Übersetzung des Titels jenes Gemäldes von Théodore Géricault, das 1812 entstand und sich heute im Besitz des Louvres in Paris befindet. Jean-Louis André Théodore Géricault, wie er mit vollem Namen hieß, lebte von 1791 bis 1824 und gilt als einer der bedeutendsten französischen Vertreter der Romantik in seinem Metier, das Malerei, aber auch Bildhauerei und Lithografie umfasste. „Wesentliche Motive seiner Bilder sind Pferde, Reitszenen, Landschaftsbilder und Porträts einfacher Leute“, kann man bei Wiki lesen, genauso wie den Grund des frühen Todes Géricaults, ein Reitunfall.
Das Gemälde war Géricaults erstes ausgestelltes Werk und ist ein herausragendes Beispiel für seine Arbeit, seine Art Bewegung und Strukturen darzustellen. Das Motiv ist sowohl angelehnt an Rubens Saint George als auch an Jacques-Louis Davids Bonaparte franchissant le Grand-Saint-Bernard. Der Soldat ist ein Kavallerieoffizier aus Napoleons Armee, bereit zum Angriff.
Cuir Cavalier setzt dieses Gemälde olfaktorisch in Szene – und ich bin ziemlich gespannt, wie Feisthauer das umgesetzt hat. Leder ist in jedem Fall goldrichtig, Sattel, Trense und gerne mit Patina – und hier dazu noch im Duett mit einer saftigen Mandarine als auch einer ordentlichen Portion Safran (der nicht zuletzt verantwortlich ist für einen guten Teil der Ledernote). Damit weckt der Lederkavallerist mein Interesse – und nimmt meine Nase weiter in Anspruch: Samtige Rose mit leise fruchtigen Anklängen, ich tippe auf eine Damaszenerrose in herrlichem Rotbraun-Ochsenblutrot. Keine Frage, die versteht sich mit dem Safran exzellent genauso wie mit dem dritten Protagonisten, der Cuir Cavalier ausmacht – Oud. Ein rauchiges, ledriges und auf subtile Art und Weise auch ein klitzekleines bisschen animalisches Oud. Dass Rose, Safran und Oud perfekt zusammenpassen, muss ich dem eingefleischten Parfumfan nicht erzählen – und was für eine Ledernote dabei herauskommt vermutlich auch nicht 😉 Feisthauer versteht es allerdings perfekt, einen Gegenpol zu setzen oder vielmehr viele kleine leuchtende Gegenpole in Form von Akzenten: Ein Tröpfchen Honig, das wollüstig durch den Rauch blitzt, Vanille und Tonka im Doppelpack, cremig-süß-würzig den Rauch durchbrechend, untermalend, mit ihm tanzend.
Eine Oudlederrose mit Safran. Ein Safranlederoud mit Rose. Damit hat Feisthauer das Rad nicht neu erfunden. Es gibt da draußen schon ziemlich viel Konkurrenz auf diesem Feld. Aber – der facettenreiche, komplexe und charakterstarke Cuir Cavalier ist gut, er ist richtig gut, und schafft es insofern spielend, sich in die erste Reihe zu drängeln – kein Wunder bei derlei Pferdestärke 😉
Süßer die Handschuhe nie dufteten – L’Homme aux Gants
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Muskatnuss
Herznote: Nagarmotha, Hedion
Basisnote: Adlerholz (Oud), Zedernholz, Patchouli, Guajakholz, Gurjunbalsam, Tonkabohne, Benzoeharz, Vanille, Moschus
Der Mann mit dem Handschuh – das ist der Titel desjenigen Gemäldes, auf den sich unser letzter Duftkandidat bezieht. Das Porträt eines Unbekannten stellt es dar, gemalt um 1523 von Tizian. Es hängt, genauso wie sein Vorgänger, heute im Louvre in Paris. Aber Momentchen, wenn mich mein Rest-Französisch nicht im Stich lässt, dann … stimmt hier etwas nicht: im Dufttitel sind die Handschuhe in der Mehrzahl, der Bildertitel gibt den Handschuh aber in der Einzahl an (L’Homme au gant). Das Bild schafft den Spagat – zwei Handschuhe, aber nur einer in angezogenem Zustand 😉 Wenn wir schon beim Bild angelangt sind … Entstanden ist es zwischen 1520 und 1523 und wird laut Wiki „häufig als ein Beispiel für die Entwicklung des individuellen Porträts zitiert“. Es handle sich beim dem Bild sehr sicher um eine Auftragsarbeit, obschon der „zur Seite schweifende Blick eine Beiläufigkeit“ suggeriere. Gemütsregungen sieht man nicht, die Kleidung, der schwarze Rock deutet auf einen Aristokraten oder einen Mann aus dem gehobenen Bürgertum hin, da er in oberitalienischen Städten zur damaligen Zeit wohl so üblich war. Die akurate Frisur und der teure Schmuck deuten ebenfalls auf Geld(adel) hin.
Nun aber die Handschuhe aus und auf die Haut mit dem Duft … L’Homme aux Gants gefällt mir am besten im Hinblick auf das Trio, das kann ich jetzt schon sagen. Allerdings, diese Kritik muss sein – alle drei Düfte, der Mann hier noch am wenigsten, sind im Vergleich mit ihren Vorgängern „blasser“, mainstreamiger und „trendiger“. Was mich hier vielleicht ein wenig enttäuscht, wird aber sicherlich den einen oder die andere freuen.
Unser Herr hier ist ein Gourmand-Oud, der in die Unisex-Nische zielt, vielleicht sogar eher auf die Männerwelt – das wird ihm gut gelingen. Zart-rauchiges Oud steht im Mittelpunkt, umschwärmt und getragen von sanft aufwallender Würzigkeit, Muskat, ich nehme eine Prise Zimt wahr als auch Harzwärme, viel, viel Harzwärme. Das cremig-würzige Duo aus Vanille untermalt schwelgerisch. Ich fühle mich erinnert an die Üppigkeit eines Tom Fordschen Tobacco Vanille, an Hermès‘ Ambre Narguile, ferner an die Schönheiten von Frapin als auch komischerweise an einen Duft, den ich sehr vermisse, und dem L’Homme aux Gants auf meiner Haut ähnelt – an den dunklen Herbsthonig oder besser Herbst-Met von Ginestet, an Botrytis. Das ist für mich ein Kaufargument, denn mein Botrytis ist fast leer und er ist leider discontinued …
Wie sieht es aus, meine Lieben? Habt Ihr schon getestet? Wenn ja, Eure Meinung? Wenn nicht – welcher Duft interessiert Euch am meisten?
Viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
Schreibe den ersten Kommentar