Alle Jahre wieder – Grittis White Collection

Mit Adèle und Dame de L’Île nehmen wir uns heute zwei weitere Vertreter aus der White Collection von Gritti vor. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr habe ich mir bereits die ersten drei Düfte dieser Kollektion rezensieren dürfen, die verschiedenen Spitzearten gewidmet sind und auf die bezaubernden Namen Rebrodè, Macramè und Chantilly hören. Hach, was waren das für wunderhübsche Düfte, frühlingshaft, fröhlich und voller Sonnenschein. Umso mehr freue ich mich auf Adèle und Dame de L’Île, die mich hoffentlich genauso überzeugen wie ihre drei Vorgänger.

Gritti – White Collection – Adèle

Adèle soll an Vermeers Barockgemälde „Die Spitzenklöpplerin“ erinnern und spannt somit den Bogen zu den drei Vorgängerdüften, die ja als Hommage an verschiedene Arten von Spitze angesehen werden können. Adèle ist nun also unser Mädelein, das die Spitze herstellt. Hochkonzentriert und mit geröteten Wangen sitzt sie über ihrer Arbeit, adrett gekleidet und überaus aufwändig frisiert.

Adèle strahlt im hellen Glanz frisch geschnittener Blumen.

Der Duft scheint eine olfaktorische Umsetzung von Vermeers Meisterwerk des Barock „Die Spitzenklöpplerin“ zu sein: ein fleißiges junges Mädchen, das sich der Kunst der Stickerei widmet, eine eindrucksvolle Figur, die die Leidenschaft für eine uralte und kostbare Kunst in sich trägt. Das Mädchen beugt sich behutsam über seine Arbeit; der umliegende Raum wird durch das strahlende Narzissengelb seines Kleides erhellt, das mit einem raffinierten gestärkten Spitzenkragen geschmückt ist.

Gritti – Adèle – Dame de L’Île
Jan Vermeer – Die Spitzenklöpplerin [Public domain]
Floral und feminin wird es, das zeigen die Duftnoten Jasmin, Osmanthus, Mai-Rose, Tuberose, Narzisse, Ambra und Zedernholz. Narzissen scheinen gerade en vogue zu sein, denn irgendwie stolpere ich in letzter Zeit Vermeert vermehrt über diese Ingredienz. Zuletzt erst in L’Artisan Parfumeurs Mont de Narcisse. Ich freue mich, denn die grün-herbe mit Wasserakzenten durchzogene Narzisse macht sich meistens ganz wunderhübsch in Düften.

Wunderhübsch, ein Wort, das zu Gritti passt wie die Faust aufs Auge. Lieblich, floral mit samtig-zarten Pfirsichnoten verzaubert mich Adèle bereits nach dem ersten Schnuppern. Diese fruchtige Süße, hell und leuchtend, erzeugt bei mir akuteste Frühlingsassoziationen: Sonnenschein über dem Blumenbeet. Krokusse und Narzissen, Tulpen und Hyazinthen vertreiben den letzten Rest des Winters mit ihrer kräftigen Farbenpracht. Der olfaktorische Tagtraum ist leider noch nicht Realität, aber bald, bald, bald …

Helle Holznoten und ein dezentes Röschen unterstreichen den Pfirsichduft, während die Narzisse mit ihren charakteristischen Noten für zartes Grün sorgt. Bilde ich es mir nur ein oder  kann der Pfirsich mit seinen roten Bäckchen und seiner samtigen Haut als Reminiszenz an die geröteten und jugendlich zarten Wangen der Spitzenklöpplerin gesehen werden?

Gritti – Adèle – Dame de L’Île – White Collection

Adèle ist ein junger, ein mädchenhafter Duft, lebendig, fröhlich, frühlingshaft. Ein Duft, der aber auch gut von Frauen jenseits des Mädchenalters getragen werden kann. Wer Pfirsiche nicht nur kulinarisch mag, sollte Adèle von Gritti unbedingt testen. Absolut köstlich!

Gritti – White Collection – Dame de L’Île

Die Dame der Insel, so die Übersetzung von Dame de L’Île, ist eine weitere Hommage an ein Gemälde und die kollektionscharakteristische Spitze. Der Spanier Federico de Madrazo porträtierte 1852 die junge Amerikanerin Elizabeth Wethered Barringer und schuf so ein Werk von atemberaubender Schönheit und Grazie.

Eine Hommage an zeitlosen, erhabenen Charme. Eine Hommage an die Weiblichkeit, die von der stolzen Eleganz der Seele erleuchtet wird. Die „Dame de l’Île“ (übersetzt „Dame der Insel“) verharrt in opulenter Schönheit. Der Duft steht für das perfekte Gefühl eines harmonischen Zusammenspiels – seine feinsinnigen und dezenten Noten ertönen in absolutem Einklang. Diese bezaubernde Dame beherrscht die Szene mit der Schönheit eines anmutigen Engels, der für Aufrichtigkeit, Vornehmheit und poetische Sinnlichkeit steht.

Bei der Entfaltung dieses Duftes erscheint uns die legendäre Figur Elizabeth Wethered Barringer, die von dem spanischen Maler Federico de Madrazo im 19. Jahrhundert porträtiert wurde: ihr freundlicher Blick, ihre reizvolle, strahlende Schönheit, die zarte Geste, mit der sie den rosafarbenen Satinschal hält, das stolz präsentierte makellose Dekolleté, das von feinen Spitzenvolants geziert wird.

Gritti – Adèle – Dame de L’Île
Federico de Madrazo – Elizabeth Wethered Barringer [Public Domain]

Bergamotte, Limette, Rose, Jasmin, Ambra, Vanille und Moschus sind die Zutaten des duftgewordenen Gemäldes. Mit ihnen erzeugt Gritti einmal mehr einen olfaktorischen Inbegriff von Zartheit und Weiblichkeit. Pudrig-florale Noten eröffnen Dame de L’Île, untermalt von einer sehr dezenten zitrischen Frische und gourmandigen Akzenten. Weich und samtig ist dieser Duft, sehr hautnah und stellenweise kaum greifbar. Wie ein ätherisches Wesen umschmeichelt Dame de L’Île meine Haut.

Allmählich wird der Duft intensiver, bleibt aber insgesamt auf der transparenten Schiene. Ambra unterstreicht mit seinen holzig-trockenen Nuancen die pudrig-gourmandigen Blütennoten der Dame de L’Île. Sinnlich, wam und bezaubernd klingt der Duft ganz langsam aus.

Gritti – Adèle – Dame de L’Île – White Collection

Dame de L’Île von Gritti ist wahrlich die Dame in diesem Duo der White Collection. Reifer, erwachsener als Adèle, aber dennoch ein ganz zartes Geschöpf. Keine walkürenhafte Wuchtbrumme, sondern eine fragile, zierliche Nymphe. Verführerisch ist Dame de L’Île allemal. Büro- und alltagstauglich auch. Daher: Unbedingt Testen! 🙂

Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch eine schöne Woche!

Liebe Grüße,
Steffi

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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