Dieser Artikel beginnt mit einem großen, langen „Puuuh“ meinerseits … 2018 war, zumindest für mich, ein extrem anstrengendes Jahr. Nicht jobtechnisch, sondern privat, weshalb es an dieser Stelle auch einige persönliche Einlassungen gibt …
Das Ei und ich – Von einer, die auszog, das Land für sich zu entdecken …
Der eine oder andere Leser wird es bereits von mir wissen, zumindest in groben Zügen: von Geburt an Schwabe, habe ich den Großteil meines bisherigen Lebens in und um Stuttgart verbracht, mit einer kleinen studienbedingten Unterbrechung in Köln, die insgesamt ein Flop war. Nach dem Abitur hatte ich das Bedürfnis, das Schwabenland zu verlassen – zu eng war es mir in jeglicher Hinsicht. Überzeugt davon, eigentlich eine Großstadtpflanze zu sein, verließ ich damals die Kleinstadt nahe Stuttgart und somit auch den elterlichen Hafen und machte mich auf ins Rheinland – um nicht allzu lange später festzustellen, dass nicht nur der gewählte Studiengang nichts für mich ist. Köln als Stadt ist sicherlich wundervoll für einen Kurztrip und den Rheinländer mag ich bis heute – nur ist er nicht allzu häufig anzutreffen in dieser Großstadt, die mir dann wider Erwarten eben doch viel zu groß war. Man mag es sich heute kaum mehr vorzustellen: es gab keine Navigationsgeräte, so war ich mehr als einmal mit Stadtplan auf der Suche nach meiner Wohnung, strandete allzu oft kurz vor Bonn oder sonstwo, um einen erneuten Anlauf zu wagen … Und mit dem Kontakte knüpfen war es trotz neuem Lebensabschnitt, Studienbeginn etc. dann doch auch nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte. Vielleicht sollte ich auch sagen – Freundschaften anbahnen. Denn Kontakte hat man sofort in einer solchen Stadt, in der es nicht an Möglichkeiten mangelt und die Mentalität, sowohl die der Einheimischen als auch der Zugezogenen ganz allgemein als „zugewandt“ beschrieben werden kann. Das genaue Gegenteil des immer wieder gerne als mürrisch etikettierten Schwaben – ein solcher bin ich zwar auch qua Geburt, konnte mich allerdings nie mit den damit assoziierten Eigenschaften identifizieren, was der Hauptgrund für meinen Aufbruch war.
Von einer, die auszog … zu lernen, dass sie doch keine Großstadtpflanze ist. So lässt sich diese postpubertäre Episode wohl beschreiben, denn ich weiß noch sehr genau, wie einsam ich mich in Köln gefühlt habe. In dieser Stadt, die vermutlich damals vor über fünfzehn Jahren so verheißungsvoll wirkte und irgendetwas in Richtung „große Freiheit“ versprach. Ein neues Leben, ein neues Lebensgefühl, neue Freunde und so weiter und so fort – das war der Plan, der nicht unbedingt aufgegangen ist. Im Skat hätte man es einen glatten Durchmarsch genannt – kein einziger „Stich“: der Studiengang zeigte sich als unpassend gewählt, die Stadt war beängstigend groß und uferlos und das mit dem Kontakte knüpfen war zwar kein Problem, aber wirkliche, nachhaltige Freundschaften aufzubauen erwies sich als sehr viel schwieriger, als ich mir das vorgestellt hatte. Mag sein, dass die freundschaftlichen Bande in die Heimat zu präsent und zu stark waren, dass die eine oder andere unglückliche Liebschaft, an die ich mich nebulös erinnern kann, ihr übriges dazu beitrug – ich hatte Heimweh. Heimweh nach den meckernden Schwaben, den behäbigen, die zwar nicht einfach kennenzulernen sind, aber wenn man sie „hat“, dann „hat“ man sie auch …
Mein Kölner Gastspiel währte nicht lange, circa ein Jahr, und ich fand mich wieder – im Schwabenland, diesmal in dessen Hauptstadt, in Stuttgart. Stuttgart, das als Großstadt gilt und eben doch sehr provinziell ist. Und überschaubar. Das ein nettes kulturelles Angebot hat, indem man allerdings längst nicht soviel florierende Subkultur findet wie in anderen Großstädten. Wo habe ich es neulich gelesen? „Berlin kann jeder, Stuttgart muss man wollen“ – das ist wohl wahr. Meine Entscheidung, zurück in die Schwabenmetropole zu ziehen, war sicherlich keine Herzensentscheidung für die Stadt, vielmehr war es meinem Umfeld geschuldet, den Freunden und Eltern, die ich in Köln so sehr vermisst hatte. Und nach mehr als fünfzehn Jahren vor Ort war es letztes Jahr irgendwann genug, zumindest für mich. Zu wenig Leben für eine Stadt, zu viel Stau, zu teuer, zu … Stuttgart und ich, habe ich festgestellt, das hat sich abgenutzt und wird in diesem Leben einfach nichts mehr.
Was tun? Raus ins Grüne. Angemerkt hatte ich es an der einen oder anderen Stelle bereits, unter anderem in meinen Artikeln zum Thema Gartenglück, seht hier und hier, in meinem Frühjahrsputz-Artikel zum Thema duftende Putzmittel sowie hier, meinem Special zum Thema Lagerfeuer- beziehungsweise Kaminofendüfte. Ich wohne seit neuestem auf dem Land. Punkt. Irgendwo im Fast-Nirgendwo an der baden-württembergischen Grenze zu Bayern, dort, wo die Luft noch gut ist, die Wiesen grün und es keinen Stau gibt. Und wo ich dennoch in fünf Minuten auf der Autobahn bin. Zum Werkeln im Grünen bin ich selbstredend noch nicht gekommen, denn das Projekt „Altes Haus“ hat mich sehr gefordert letztes Jahr, die Niedrigzinsphase samt Bauboom, Handwerkermangel und -pfusch haben ihr Übriges dazu getan. Das neue Jahr bringt noch so einige Baustellen mit sich, die beackert werden müssen, nicht nur der Garten … Aber – die „Bude“ steht noch, die Düfte sind schon ausgepackt und auch sonst bewegt sich langsam, aber sicher alles in die richtige Richtung.
Das Duftjahr 2018
Keine Messen 2018 für mich – ich hatte einfach keine Zeit, obschon mir ein paar Tage unter der italienischen Sonne ganz gut gefallen hätten. Insofern scharre ich schon mit den Hufen, bis wieder April ist und ich nach Mailand „darf“. Man merkt es schon, die beiden Messen sind immer der beste Ort, um sich zwecks Neuheiten wirklich auf dem Laufenden zu halten. Und selbst wenn ich ansonsten sehr rege bin, … es war 2018 einfach nicht das Gleiche, ich habe nicht alles mitbekommen, was ich gerne mitbekommen hätte. 2019 kann ich dafür wieder loslegen 😉
Trotzdem habe ich genügend Düfte getestet und rezensiert, getragen, mich verliebt …
Meine Lieblingsdüfte, alphabetisch sortiert:
- Atelier Oblique Closer – Melancholischer Oudduft, der genauso toll ist wie der Song, nach dem er sehr sicher benannt wurde …
- Hiram Green Hyde – Leder. Und was für eines!
- Houbigant Bois Mystique – Kostbare Hölzer … und noch so vieles mehr!
- Houbigant Essence Rare – Ellena back to his roots … Perfekt!
- Memo Morrocan Leather – Nochmal ein Leder. Und ebenfalls … was für eines!
- Mona di Orio Santal Nabataea – Ein ganz besonderes Sandelhölzchen
- Neela Vermeire Niral – Meisterwerk, wie soll es auch anders sein?!
- Parfum d’Empire Acqua di Scandola – Salz auf unserer oder vielmehr meiner sonnengewärmten Haut
- Parfums Dusita Erawan – Ein weiteres Meisterwerk, testen!
- Parle Moi de Parfum Chypre Mojo / 45 – Ein Mango-Chypre. Muss ich noch mehr sagen?
- Robert Piguet L’Entier – Maritimer Oud mit Solarakkord – ein Unikat.
Größte Enttäuschung: Kein Parfum, dafür ein herber Verlust – Vero Kern, die Frau hinter vero.profumo, verstorben am 18. Dezember. R.I.P., Vero 🙁
Wiederentdeckt: BOIS 1920 Classic 1920
Neue alte Liebe – früher für „hübsch“ befunden, heute das ganz große Gefühl: Oud de Robert Piguet
Totgesagte leben länger – die Rückkehr eines Klassikers, über die ich sehr froh bin:
- Guerlain Iris Ganache
- Gravel A Man’s Cologne
Neugierig geworden – Test-Muss: The Tycoon für St. Giles von Bertrand Duchaufour
Noch schlimmeres Test-Muss – die Wiederauflage von Jacques Faths Iris …
Bester Mainstreamer: Chloé Nomade
Beste Werbung – Jean Paul Gaultiers neuer Clip für Classique, und zwar mit Rossy de Palma, der spanischen Filmikone (Almodovar!), der État Libre d’Orange bereits einen Duft widmeten:
Bemerkenswert: Johnny Depp für Diors Sauvage. Ich habe keine Ahnung, wie das ging, aber … Depp sieht fast so aus wie früher, als er noch ein junger Gott war …
Gebunkert: Man mag es kaum glauben – JOOP! Nightflight. Der (ich gebe zu: mittlerweile überholte und etwas abgeschmackte) Sound meiner Jugend sowie einiger Schwärmereien … Nicht, dass ich ihn tatsächlich tragen würde, aber der Gedanke daran, dass ich ihn nie wieder schnuppern könnte … geht gar nicht. Elie Saab, der Signature (Le Parfum) – Kurkdjians Schönling geht wohl aus dem Sortiment, sehr schade.
Gefunden: Ok, auch gesucht, und zwar – Vintage-Klassiker. Diverse Oldies von d’Orsay wie beispielsweise der wundervolle Divine. Dann eine alte Variante von Weils Antilope. Und, ganz traumhaft – Fête von Molyneux. Ebenfalls eine Perle, die eigentlich in die Bunker-Kategorie gehört – eine alte Flasche Poivre von Caron; ich gebe zu, ich habe noch Vorräte, Plural. Aber ich liebe ihn so sehr und er scheint nicht mehr wirklich erhältlich zu sein.
Wer noch weiter lesen möchte und stöbern, was „die Anderen“ so sagen über das vergangene Jahr:
- Basenotes – The Best Perfumes of 2018, according to our contributors
- Bois de Jasmin – Best of 2018 – Perfumes to Bring into the New Year
- Ça Fleure Bon – Best Fragrances and worst 2018 by Michelyn Camen & Ermano Picco
- Ça Fleure Bon – Best Fragrances of 2018 Top 20 Plus 1
- Ça Fleure Bon – Top 10 Fragrances 2018 by Ida Meister & Robert Herrmann
- Ça Fleure Bon – Best Perfumes 2018 Part 4 by Gail Gross & Lauryn Beer
- Ça Fleure Bon – Best Perfumes 2018 Part 5 by Despina Veneti & Danu Seith-Fyr
- Chemist in the Bottle – Yearly Review – My Favorite Fragrances of 2018
- Colognoisseur – Best of 2018 – Part 1, Part 2 und Part 3
- Fragrantica – Notable Perfumes of 2018 from our Editors
- Grain de Musc – My Top Fragrances of 2018, dedicated to Vero Kern
- Persolaise – The Best Perfumes of 2018 – Nostalgic Defiance
Und, meine Lieben, wie sieht es bei Euch so aus?
Welche Begebenheiten und vor allem auch Düfte haben Euch letztes Jahr umgetrieben, was habt Ihr gekauft, neu entdeckt für Euch? Wie seid Ihr ins neue Jahr gerutscht, gibt es Vorsätze?
Ich bin gespannt!
Viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keinen deiner Lieblingsdüfte kenne. Aber leder, Holz, Chypre, Oud – das ist einfach nicht meine Duftrichtung.
Trotzdem habe ich letztes Jahr endlich mal „The House of Oud“ – Düfte probiert – und habe so zufällig zwei meiner Jahresfavoriten entdeckt, die zu meiner Überraschung (zumindest für meine Nase) nicht nach Oud riechen: Almond harmony und Golden Powder . Dann habe ich noch die Marke „The merchant of Venice“ entdeckt – allen voran den wunderbaren Duft Arabesque.Ganz ähnlich und wunderschön auch der Délectation Splendide/by Terry. Weitere Lieblingsdüfte sind Rosendo Mateu 5, Guimauve de noel und Changing Constance/Penhaligons.
Ganz begeistert bin ich auch von Maskée/Ciro und Totally white. Und natürlich auch von meinem Weihnachtsgeschenk Allende/Xerjoff.
Lieblinge seit Ewigkeiten – Düfte, von denen ich sogar „Bunkerflakons“ habe – sind Laguna/Dali, Ghost/Ghost, Joop! le bain, Dolcelisir/L´ Erbolario, Laura/Laura Biagiotti.
Enttäuscht bin ich von vielen „Mainstreamern“. Ich mag Black Opium und La vie est belle, aber nicht in der gefühlt 10. Variante. Und Düfte wie Chanels Gabrielle oder den neuen Duft von Tiffany (den „normalen“, nicht den in der Intense-Version), auf die ich so gepannt war, rieche ich nach 5 Minuten einfach nicht mehr.
Schmerzlich vermisst werden immer noch : By Dolce und Gabbana, Theorema/Fendi und Gloria/Chacharel.