Nach einer kleinen Pause geht es nun weiter im fröhlichen Duftreigen von Frédéric Malles Editions de Parfum mit den dem Duft Carnal Flower, den der uns bereits vom letzten Artikel bekannte Dominique Ropion kreierte.
Tuberose – Sinnlich und sexy
Tja, die Tuberose und ich, das ist so ein Thema wie der langjährige Dufttagebuchleser sicherlich weiß. Dem weißen und betörend duftenden Nachtblüher, der zur Familie der Agavengewächse gehört, stehe ich primär immer etwas skeptisch gegenüber, obwohl ich in meinen bisherigen Duftrezensionen immer positiv überrascht wurde. Nein, auch nach längerem Nachdenken fällt mir kein Tuberosenduft ein, der mich nicht überzeugt hätte. Und dennoch bleibt da diese gewisse Skepsis, Vorurteil oder wie man es auch immer nennen mag, dem Weißblüher gegenüber, dessen geballte Duftkraft von den kreativen Köpfen der hohen Parfümeurskunst jedoch meistens (oder immer?) so gekonnt eingesetzt wird, dass es einen nicht umhaut.
Ich erinnere nur an die vielfältigen Ausprägungen der Vanille, die gerade im Mainstreambereich inflationär auftreten und hier nicht unbedingt im positiven Sinne den Atem rauben. Mein persönliches Schreckgespenst ist hier das in den 90ern beliebte Deo, welches vanillige Küsse verspricht. Und dabei, auch das wird der geneigte Dufttagebuchleser wissen, mag ich gerade in der kalten Jahreszeit Gourmanddüfte sehr. Sie müssen nur gut gemacht sein. 😉 Aber ich schweife ab. Solche Erfahrungen wird man mit der Tuberose kaum machen (oder doch? Wer seinen persönlichen Tuberose-oder-sonstigen-Duftendgegner bereits getroffen hat, darf mir gerne davon berichten), aber das Potential zur Duftbombe hat der Weißblüher definitiv. Bleibt die spannende Frage, wie die Ropions Tuberose wohl ausfallen wird …
Unter allen Blumen, die wie Haut riechen, ist Tuberose zweifellos das markanteste Beispiel. Die heiße und sinnliche Tuberose vereint Frische wie im Blumenladen mit einer würzigen, tierischen und von Eukalyptus durchdrungenen Gewalt mit milchiger Weichheit. Zugang zu den branchenweit neuesten technologischen Innovationen und Frédéric Malles Beharren auf der vollständigen Freiheit seiner Parfümeure brachten Dominique Ropion dazu, diesen Everest unter den Gerüchen zu erklimmen. Nach zwei Jahren Entwicklungsarbeit betritt sein „Carnal Flower“ Neuland in dieser legendären Parfümkategorie. Carnal Flower ist zweifellos das einzige Parfüm mit einem derart großen natürlichen Tuberose-Absolue-Gehalt.
Carnal Flower – Dominique Ropion
Dominique Ropion zähmt die weiße Nachtblüte Tuberose durch die Kombination mit Bergamotte, Melone, Eukalyptus, Ylang-Ylang, Jasmin, Orangenblüte, Kokosnuss und weißen Moschus. Hier sind für wahr auch einige Duftkracherkandidaten mit am Start. Mal sehen, wer da wem die Show stiehlt oder zu stehlen versucht. 😉
Und in der Tat, nach dem Aufsprühen schillert Carnal Flower wie ein duftgewordenes Chamäleon. Zitrische Noten blitzen leuchtend hell und säuerlich-herb hervor, umschmeichelt von den fruchtigen Wassernoten der Melone. Eukalyptus bahnt sich mit seiner mentholig-kampferigen grünen Kühle den Weg, verschwindet aber ebenso schnell wieder wie er aufgetaucht ist, um im nächsten Moment wieder präsent zu sein. Diesmal hat Koalas Lieblingsspeise die Protagonistin mit im Schlepptau: Die Tuberose verleiht Carnal Flower eine seeeehr dezente Wärme und grünlich-florale Hautnoten. Heißblütig wird der Duft trotz der Tuberose nicht. Die Grundnote bleibt eher kühl und sehr, sehr hell.
Spontan schießt mir Rodins berühmte Marmorskultur „Der Kuss“ in den Sinn, blütenweiß, von inniger Vertrautheit und Intimität geprägt. Ylang-Ylang, Jasmin und Orangenblüte unterstreichen die erotische Präsenz der Tuberose und bleiben insgesamt eher im Hintergrund. Mit ihnen wird Carnal Flower lieblicher, weicher. Milchige Noten von Kokosnuss gesellen sich hinzu, gänzlich unsüß und dezent tropisch. Diese Milchigkeit macht den Duft milder, hautnäher und noch intimer. Und als wäre es nicht schon genug der wohlriechenden Vertrautheit, taucht nun auch noch der weiße Moschus auf. Mit seinen nicht zu trockenen, nicht zu pudrigen Wattewölkchennoten klingt das tuberosige Duftkunstwerk von Dominique Ropion ganz entspannt aus.
Eine weitere Tuberose, die mich überzeugt und meine Paranoia ihr gegenüber schrumpfen lässt. Sehr schön, hautnah und präsent zugleich. Für Freund von gaaaanz zarten Frühlingsdüftlein könnte Carnal Flower schon zu viel sein, denn die Tuberose hat schon Wumms in dieser Kreation. Heiß und sinnlich ist die Tuberose in Carnal Blend für mich nur bedingt, was ich gar nicht negativ meine. Dafür beschränkt sich die Tragbarkeit dieser Tuberose nicht nur auf den Abend, sondern kann m. E. auch gut tagsüber getragen werden, man muss sich ihrer Präsenz aber im Klaren sein. 😉
Damit verabschiede ich mich für heute von Euch und wünsche Euch noch eine schöne Restwoche!
Liebe Grüße,
Steffi
Liebe Steffi,
in Sachen Tuberose sprichst Du mir aus dem Herzen! Ich gehöre zu den -vor Jahren grundsätzlich Ablehnern – inzwischen taste ich mich über den einen oder anderen Test an dieses Blümelein heran 🙂
Ja, definitiv, Carnal Flower ist tragbar – ich teste ihn momentan auf Tagestauglichkeit 🙂
Es gibt jedoch noch einen, den Du Dir vielleicht zu Herzen nehmen solltest. Das ist von Perris Montecarlo die Tuberose. Das EdP überzeugt mich dabei weniger, das Absolue Extrait ist definitiv ein Traum! Wummsig, betörend, ohne zu ersticken …. aber halt für ganz besondere Anlässe. Annäherung braucht halt seine Zeit.
In diesem Sinne, ein schönes Wochenende euch allen!
LG, Margot
Liebe Margot,
die Tuberose von Perris Monte Carlo habe ich mir als EdP tatsächlich im Februar bereits unter das Näschen gehalten und darüber referiert. Ein sehr schöner Duft wie ich finde. Das Absolue Extrait habe ich immer noch nicht getestet. Das muss ich echt bald mal ändern.
Eine weitere tolle Tuberose ist Nuit de Bakélite von Naomi Goodsir. Vielleicht auch ein Testkandidat für Dich, falls Du ihn noch nicht kennen solltest. 🙂
Dir auch ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße,
Steffi