Sana Jardin Paris: Die heilenden Kräfte von Moschus, Orangenblüten und Ylang-Ylang …

… sind heute unser Sujet, vielmehr die Düfte, die ihnen gewidmet sind. Denn jeder Duft von Sana Jardin Paris hat eine solche Zutat in petto, der eine gewisse Heilkraft nachgesagt wird. Das ist nicht das einzig spannende an der neuen Marke aus Frankreich – diese verknüpft Luxus und Nachhaltigkeit mit einem Hilfsprojekt, dass in Marokko ansässige Frauen unterstützt, ich hatte gestern in meinem Einstiegsartikel bereits davon berichtet, lest hier.

Geklaut auf Instagram – Copyright by Sana Jardin Paris.

Die von Carlos Benaïm geschaffene Kollektion umfasst bisher sieben Düfte. Den Anfang machte Tiger by her Side No. 2, den ich mir als Fellpfotennärrin selbstredend sofort herausgepickt habe. Weiter geht es heute mit drei ebenfalls vollkommen subjektiv – genauer: anhand der Namen – ausgewählten Düften, mit Nubian Musk No. 6, Berber Blonde No. 1 und Révolution de la Fleur No. 7.

Nubian Musk No. 6

„Eine verführerische Dufterinnerung … eine körperliche Begegnung, eine chemische Anziehungskraft, Körper ineinander verschlungen, Seelen hingegeben an die reine körperliche Begierde. Benetzt mit diesem berauschenden, rauen Duft nach Haut, verstärkt durch die Hitze der Leidenschaft. Eingefangen durch eine sinnliche, einladende Mischung aus Moschus und Vanille, Rose und Jasmin, marokkanische Grapefruitblüte, haitianisches Vetiver und australisches Sandelholz mit einer innewohnenden Anziehungskraft für Männer und Frauen. Ergeben Sie sich dem Verlangen am Tag oder in der Nacht.

Heilkräfte des Moschus: Ein jahrhundertealtes Aphrodisiakum, erregt die Leidenschaft und den Mut. Meditative Wirkung auf den Geist und die Gefühle. Aktiviert die sieben Chakren der Wirbelsäule, erhöht das Selbstbewusstsein.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Grapefruit
Herznote: Jasmin, Rose, Sandelholz
Basisnote: Nagarmotha, Patchouli, Vetiver, Vanille, Moschus

Nubian Musk No. 6 ist, ganz unschwer zu erkennen, benannt nach den Nubiern, jenem Volk, das heute vorwiegend in Teilen des Sudans als auch im südlichen Ägypten beheimatet ist. Wiki weiß ein paar eindrucksvolle Fakten: Nubische Kulturen lassen sich schon in der Vorgeschichte nachweisen, steht dort geschrieben. Und weiter:

„Schon in der Vorgeschichte lassen sich nubische Kulturen nachweisen. Unterschieden werden die A- und C-Gruppe. […] Nubien war für Ägypten eine wichtige Quelle für Gold, Elfenbein, Felle und Sklaven und daher stets ein Ziel der pharaonischen Expansion. Die Entwicklung der A-Gruppen-Kultur überflügelte phasenweise sogar die des vorgeschichtlichen Ägypten. Die Expansion der ägyptischen Naqada-Kultur setzte schließlich der A-Gruppen-Kultur ein gewaltsames Ende. Die 25. Dynastie wird als Kuschiten (= Nubierdynastie) bezeichnet. Taharqa war der 5. Pharao der nubischen Dynastie und regierte von 690 bis 664 v. Chr. Er führte Ägypten zu wirtschaftlicher und kultureller Blüte. Im Jahr 669 v. Chr. unterlag er dem assyrischen König Assurbanipal. Nachfolger wurde sein Sohn Tanotamun, der bis 663 v. Chr. herrschte. Er war der letzte „Schwarze Pharao“.

Im Heer und im Polizeidienst spielten die Nubier zu allen Zeiten eine große Rolle. Besonders gefürchtet waren ihre Bogenschützen, die auch bei der Eroberung Ägyptens eine wichtige Rolle spielten. Die Nubische Sprache gehört zu den nilo-saharanischen Sprachen.

Nubier im engeren Sinne (Nubia) wurden zum ersten Mal um Christi Geburt von Strabon, der Eratosthenes als Gewährsmann nennt, erwähnt und als am Nil nordwestlich von Meroe lebend beschrieben.“

Hugo Charlemont (1850-1939) [Public domain], via Wikimedia Commons
Nubian woman, Anglo-Egyptian Sudan (between 1890 and 1923); by Frank and Frances Carpenter Collection [Public domain], via Wikimedia Commons
Im Rahmen meiner einen und einzigen Ägyptenrundreise, die schon einige Jährchen zurückliegt, kann ich mich auch noch ganz gut an die dortigen Nubier entsinnen. Viele davon besaßen eine tiefdunkle Hautfarbe, die man oder vielleicht auch ich hier in meiner Wohnregion in Deutschland selten zu Gesicht bekomme und die mich faszinierte. Ihr seht schon, ich eiere herum, um nicht in irgendwelche Fettnäpfchen zu tapsen oder die Political Correctness zu verletzen. Was ich sagen möchte: Ich habe vorher noch nie so schwarze Schwarze gesehen. Und, ohne das es von Belang wäre – die Hautfarbe war wunderschön. Vielleicht lag es auch daran, dass ich enorm viele ohnehin sehr attraktive Menschen dort gesehen habe, so zumindest in meiner Erinnerung – extrem fein geschnittene Gesichtszüge und deshalb markante Gesichter, so sind sie mir im Gedächtnis geblieben. Und weckten weitere Erinnerungen: an ein Buch über Pharaonen, das ich als Kind einmal besaß, mit wahnsinnig tollen Illustrationen von unglaublich hübschen Herrscher/innen. Ist ja nicht Standard, wenn man sich mal die einen oder anderen Politiker heute so ansieht – aber: die werden auch nicht für’s Aussehen bezahlt, schon klar 😉

Zurück zum Thema: Nubian Musk No. 6. Das Thema ist – Sex, ich denke darauf können wir uns einigen, auch wenn es oben ein wenig poetischer und nebulöser formuliert wird oder vielmehr angedeutet. Lodernde Leidenschaft unter vermutlich ebenso heißer Sonne – oder in Nächten, die noch genügend warm sind von der brütenden Hitze des Tages. Hier passt Moschus als Ingredienz selbstverständlich perfekt, denn der kann nicht nur sauber, sondern auch sexy, man denke nur an … Malles Musc Ravageur. Oder Serge Lutens Muscs Koublaï Khän, die ersten beiden Gesellen, die mir spontan dazu einfallen.

Zuallererst denke ich, ich habe mich im Pröbchen vergriffen – Hoonig, verführerisch süß. Der schwindet sogleich zugunsten einer leuchtenden, eher „dumpfen“ im Sinne von matten Grapefruit, nicht strahlend-blinkend, sondern leuchtend, vermutlich von Nagarmotha noch unterstützt in ihrer Intensität. Grapefruit, die das Gleichgewicht hält, die Balance, denn darunter geht es ganz schön animalisch zu: Ich hätte auf ein Quentchen Oud getippt, das ist aber wohl nicht enthalten, Hölzer, nicht greifbar, warm-würzig bisweilen, dann wieder kühl, balsamisch in jedem Fall. Ein wenig Grün findet sich hier, florales Grün, Grün, das man normalerweise oft als „végétal“, irgendwie pflanzlich bezeichnen würde – es verbleibt genauso im Indifferenten, wirkt bisweilen grasig, dann wieder blattartig-milchig, wie frisch angeschnittene Stängel. Patschuli pudert hintergründig, trägt das diffuse Duftgemälde.

Nubian Musk No. 6 ist einer jener raren Düfte, dem es gut tut, dass er sich nicht festlegt. Dass er andeutet, oszilliert, ohne jemals direkt greifbar zu sein, sich zu verorten. Ein hautnaher und dennoch sehr prägnanter Dufthauch mit viel Ausstrahlung, der schwer zu fassen ist – und dadurch bezirzt und betört. Ich bin schwer angetan.

Berber Blonde No. 1

„Nehmen Sie die Kappe dieses glitzernden Blütendufts ab und duftende goldene Sonnenstrahlen werden herausströmen.

Licht, Liebe und Glück strahlen aus dieser reinen, von der Natur inspirierten Orangenblütenessenz, die Sie in exotische sonnenverwöhnte Gefilde hinfortzaubert. Reine Wärme und Sonnenschein in einer Flasche. Die besonderen schimmernden Noten der Orangenblüten, die an einem marokkanischen Baum erblühen, wurden in diesem Orangenblütenwasser eingefangen sowie marokkanisches Neroliöl und Moschus hinzugegeben. Atmen Sie ein und spüren Sie, wie Ihre Lebensgeister aufsteigen und eine Spur glitzernder Magie hinterlassen.

Heilkräfte der Orangenblüte: Ordnen den Geist, fördern die Achtsamkeit und bewusste Anwesenheit, erwecken die Schwingungsaura.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Bergamotte, Orangenblüte, Petitgrain
Herznote: Neroli, Orangenblüte
Basisnote: Moschus

Berber Blonde No. 1 wird vermutlich der erste Duft sein – und bezieht sich, ich mutmaße einmal gar nicht so mutig, wohl auf das Orangenblütenprojekt, das am Anfang von Sana Jardin Paris stand und in jener Berberregion Marokkos gestartet wurde, in der unter anderem eben jene Orangenblüten angebaut werden.

Josep Tapiró (1836 – 1913); Museu Nacional d’Art de Catalunya [Public domain], via Wikimedia Commons
Berber woman from Tafraoute, South-Marocco; Tropenmuseum, part of the National Museum of World Cultures [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Wie die Zutaten unschwer verraten – ein Zitrusfrüchteblüten-Duft. Die sollte man schon mögen – oder besser: Frau. Denn Berber Blonde No. 1 ist ein Damenduft, keine Frage. Wie so oft erweisen sich diese Blümchen als wahre Seelenschmeichler, sie lassen, das ist ganz treffend in der Beschreibung angesprochen, die Sonne aufgehen. Sonnenverwöhnt, sonnengetränkt fast zeigen sie sich nektarsüß und honigartig, betören mit ihrem weißblühenden Charme, cremig und verhalten pudrig. Vor allem deuten sie auch an: wir sind viele. Ihre Opulenz, ihre opulente Wirkung beziehen sie aus ihrer Vielzahl, ihrer angedeuteten Masse. Ein Blumenmeer, Tausende und Abertausende klitzekleine weiße Blümelein mit golden leuchtenden Stempeln, hier und da blitzt ein dunkelgrünes Blättlein hervor, das aber kaum ins Gewicht fällt im Reinweiß der Blütenpracht.

Geklaut bei Sana Jardin Paris auf Instagram – Orangenblütenernte, fotografiert von Peter Schiazza

Viel mehr braucht es nicht, um glücklich zu sein. Um sich an Urlaub erinnert zu fühlen. Und wenn das Ganze dann noch von einer solch wahrnehmbaren Qualität ist, kann man als Freund von derlei Düften gar nicht anders, als Berber Blonde No. 1 lieben. Testen sollte man ihn in jedem Fall – es sei denn, man hat schon zig andere Orangenblütendüfte zu Hause stehen. Wer mag es? Beispielsweise Freunde von Houbigants Orangers en Fleurs oder Robert Piguets Blossom.

Révolution de la Fleur No.7

„Wo sie hingeht, folgt man ihr. Ihr strahlendes Lächeln, ihre goldene Aura, ihre sinnliche Präsenz, ihre sanfte Kraft. Eine weibliche Muse für Revolution de la Fleur, verdichtet in tropische Blüten – madagassischer Ylang-Ylang, marokkanischer Jasmin, Frangipani und Rose, gewürzt mit Vanille und Sandelholz. Finden Sie diese exotische Schönheit, die zu Hause an den Stränden von Bali ist, von Tulum, Mustique, die sich in den letzten Strahlen der goldenen Sonne zurücklehnt, die Füße im Sand, eine Blüte elegant hinter das Ohr gesteckt.

Heilkräfte von Ylang-Ylang: Verbunden mit dem Herzchakra bietet es körperlichen wie auch emotionale Unterstützung. Beruhigt, löst Euphorie aus, löst Spannungen, regt die weibliche Yin-Energie an.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Rose, Frangipani
Herznote: Neroli, Ylang-Ylang, Jasmin
Basisnote: Vanille, Sandelholz

Révolution de la Fleur No. 7 beschreibt eine mysteriöse Schöne – gab es sie wirklich, gibt es sie wirklich? Oder ist es vielleicht nur eine Ode an die selbstbewusste Weiblichkeit? Woran dachte man bei der Kreation von Révolution de la Fleur, woran dachte Christiansen Si-Ahmed, die Frau hinter der Marke Sana Jardin Paris, woran dachte Carlos Benaïm, der Parfumeur?

Ich für meinen Teil dachte zuerst an Frida Kahlo, warum auch immer. Sie ist nicht an den Stränden von Bali zu finden, dafür war sie als Mexikanerin vielleicht in Tulum. Und der Rest kommt auch hin. Mein zweiter Gedanke – Paul Gauguin. Tahiti, nicht Mustique. Dort waren und sind die Schönen aber in der Tat unbekannte, nicht so wie auf Mustique. Wer dort wandelt, ist bekannt – vielleicht flaniert Prinzessin Margaret dort über die Insel, Kate Moss oder Claudia Schiffer. Vielleicht auch die Frau, Freundin, Geliebte oder wer auch immer von … Tommy Hilfiger, Mick Jagger, Calvin Klein, David Geffen und wie sie alle, die wenigen, so heißen. Denn Otto Normalverbraucher kann sich Mustique nicht leisten, noch nicht einmal Heinz Gutverdiener. Dieser kleine Seitenkommentar bestärkt mich im übrigen in meiner Vermutung, dass Christiansen Si-Ahmed aus relativ privilegierten Verhältnissen stammt, finanziell, und sich vermutlich auch weiterhin in ebensolchen Kreisen bewegt. Wer bitte kennt bzw. nennt Mustique, wenn es um exotischen Südseeflair geht? Mustique ist wenigen, sehr wenigen vorbehalten, diese kleine private Insel im karibischen Meer, lest hier oder hier.

Paul Gauguin (1848-1903): Quand te maries-tu? (1892)
Paul Gauguin (1848-1903): Trois Tahitiens – 1899

Sei es drum, ich halte mich aufgrund mangelnder persönlicher Mustique-Kenntnisse und -erlebnisse deshalb weiterhin an Kahlo und Gauguin. Révolution de la Fleur No. 7 ist eine exotische Wuchtbrumme, um es einmal so auszudrücken: eine Weißblüher-Femme Fatale, wie sie im Buche steht. Tropisch, fremdartig, exotisch – ja. Verführerisch, narkotisierend, umgarnend und erotisch – ja. Und – sie macht keine Gefangenen. Mit Sicherheit gibt es „kriminellere“ Weißblüherdüfte auf dem Markt, Männerfresser-Tuberosen und -Gardenien, die direkter, unausweichlicher sind, wenn man so möchte. Dennoch – Révolution de la Fleur No. 7 weiß auch, was er will – betören. Das schafft der Duft ziemlich gut, denn er fährt nicht nur eine ansehnliche Riege besagter Weißblüher auf, die um die Wette cremen und nektarsüßen, sondern untermalt das kokette Geschehen noch milde mit sacht-süßer Weichzeichner-Vanillecreme. Diese wiederum entwickelt im Zusammenspiel mit Frangipani Anklänge von Sonnenmilch, erinnert somit an endlose Strände, warmen Sand unter den Füßen und … hach ja.

Ein tropisch-floraler Geselle ist Révolution de la Fleur No. 7 – ganz untrüglich ein Damenduft, keine Frage. Eine sanfte, aber bestimmte Verführerin. Und eine, die beispielsweise Freundinnen von Keiko Mecheris Isles Lointaines oder Ylang Ylang Nosy Be von Perris Monte Carlo gefällt.

Übermorgen geht es weiter mit Sana Jardin Paris – bis dahin alles Liebe und viele Grüße

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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