… ist dieser Tage bei uns im Shop gelandet – Grund genug, mir die drei Neulinge einmal näher anzusehen.
Zurück zu den Ursprüngen – die Collection Origine
„Wie sollte die Beziehung zwischen dem Menschen und der Natur aussehen?“ – diese Frage stellten sich Nabil Hayari und sein Partner Hugues Alard, und landeten im Rahmen ihres Sinnierens ganz schnell bei Fauna und Flora. Das lag nicht allzu fern, war doch die letzte Pariser Modenschau der Marke – nicht vergessen, Hayari produziert Kleidung, vor allem Roben, ergo Abendmode, als auch Brautkleider – der Schönheit französischer Gartenkunst gewidmet. Mit der Collection Origine sind sie noch einen Schritt weiter gegangen – und zwar in Richtung „Spirit Animal“, Krafttier, wenn man so möchte. So zumindest interpretiere ich ihr Ansinnen, das nicht einmal komplett esoterisch gemeint sein muss, sondern ebenfalls historisch, soziokulturell interpretiert werden kann (ich denke da generell an indigene Völker):
„Seit Menschengedenken haben Tiere die Spiritualität inspiriert und uns erlaubt, uns selbst zu übertreffen. Alexander der Große war ein Eroberer, der von Haar fasziniert war, das eine Löwenmähne nachahmt, denn er betrachtete den Löwen als ein gottähnliches Tier. Viele weibliche Stars und Ikonen wie Bette Davis, Greta Garbo, Ava Gardner, Rita Hayworth, Marlene Dietrich, Marilyn Monroe, Jane Russell und viele andere verströmten eine animalische Sinnlichkeit. Auch andere Schauspielerinnen und Schauspieler drückten eine rohe Animalität aus. James Dean in „… denn sie wissen nicht, was sie tun“, Marlon Brando, Alain Delon im Film „Le Guépard“ („Der Leopard“), Gérard Depardieu und Patrick Dewaere verhielten sich wie ungezähmte Tiere in „Les Valseuses“ („Die Ausgebufften“) von Blier, Leonardo DiCaprio war „Der Wolf der Wall Street“. Lara Croft wird von dem Panther Angelina Jolie gespielt, Grace Jones verkörpert nach wie vor den schwarzen Panther. Superhelden sind halb Mensch, halb Tier wie Spiderman, Batman oder Catwoman. Und schließlich wurde Mick Jagger als wahrlich katzenhaft betrachtet.
Tiere stehen für ein Bild, das unseren eigenen Charakter darstellen, unsere eigenen Gefühle und unsere geheimnisvollen Seiten hervorbringen soll. Diesen Gedanken in ein Parfum zu übersetzen, ist so, als würde man magische Alchemie betreiben, denn ein wahrhaft mythisches und fabelhaftes Experiment tritt zutage. Wenn man von den Ursprüngen weiter vorangeht, kommt man dann dem Tiger näher, dem Falken oder dem Wolf? Werden Sie Ihre animalische Kraft finden und diese in ein faszinierendes Selbst verwandeln?“
Ob hier nun die Rede ist von einem Kraft- oder Totemtier, einem spiritiuellen Weggefährten und Begleiter, was alles in allem esoterisch, neopaganisch, religiös geprägt wäre, oder von dem allgemeinen Sprachgebrauch, der immer wieder Tiere heranzieht als Metapher, Allegorie (Hobbes und sein Mensch, der dem Menschen ein Wolf ist – leider dieser Tage unrühmlich in Anlehnung an Joseph Goebbels wieder von einigen Politikern verwendet; Frauen, die mit Katzen verglichen werden – ein viel hübscherer Vergleich; Menschen, die mit Faultieren beschrieben werden oder Murmeltieren, wobei letzteres ganz gut zu mir passt, die Eule und der frühe Vogel und so weiter und so fort) – für eine Duftkollektion ist es eine adrette neue Idee, deshalb Vorhang auf für: Âme Fauve, Esprit Infini und Secret Mystique.
Vorab zur Einstimmung – das Video zur Lancierung der Kollektion:
Âme Fauve
„Die katzenhaften Bewegungen sind elegant und anmutig, der Blick des Tigers drückt sowohl Kraft als auch Entschlossenheit aus. Wie die Löwen in Afrika ist auch der Tiger König aller Tiere. Als Totem in der asiatischen Kultur ist er ein Symbol der Macht und des Königtums in Indien und China. Eine nette Erinnerung daran, dass das Sternzeichen von Nabil Hayari der Löwe ist … In Südostasien werden Tiger und Mensch als Nachkommen eines gemeinsamen Vorfahren betrachtet. „Der Tiger hat eine menschliche Seele“ gemäß der Tradition. So fragen wir: Wer ist das Tier und wer ist der Mensch? Muskatnuss aus Java in der Kopfnote – mit ihrem bittersüßen Geschmack mit einem Hauch Pfeffer – verstärkt den Effekt und die Aromen von Neroli, einem ätherischen Öl, das der Blüte des Bitterorangenbaums entzogen wird.
Die Duftreise setzt sich mit den Herznoten fort, die mit einer Mischung aus indischem Papyrus und Labdanumabsolue für Kraft und Macht stehen. Die erdige Basisnote wurde aus Amber und Moschus komponiert und wird Ihnen Selbstsicherheit und Entschlossenheit schenken. Mit ihrer Verbindung zu den Geistern ist die Katze ebenso auch listig und eigenständig und mit einer großen mentalen Stärke versehen, die Ihnen hilft, gute Entscheidungen zu treffen und schnell zu handeln. Denn die Katze landet immer auf ihren vier Pfoten. „Âme Fauve“ ist ein Parfum mit einer wahrhaft mutigen Einstellung, die Ihnen erlauben wird, alle Hindernisse zu überwinden.“
Kopfnote: Muskatnuss, Neroli; Herznote: Adlerholz (Oud), Weihrauch, Sandelholz, Safran; Basisnote: Moschus, Ambra, Zibet, Leder.
Parfumeur: Richard Ibanez
Richard Ibanez, der Parfumeur, ist nicht nur bekannt für die Düfte, die unter seinem Namen oben im Shop verlinkt sind, sondern darüber hinaus auch für einige Kreationen für Lalique, Grès, Jaguar und Azzaro, für Marine aus der mittlerweile vergriffenen Ursprungskollektion von Jovoy, den Signature von Sonia Rykiel als auch Into the Blue und Ibiza Hippie für Escada.
Ein Image-Filmchen zum Duft gibt es auch:
Die oben angesprochene Katze, die immer auf den Pfoten landet – Hauskatzenbesitzer wissen, dass das leider so nicht immer zutrifft, dennoch, lassen wir es mal so stehen …
Das Video zielt auf eine moderne Sportart ab, die des Parkour oder die des Freerunnings – Ihr mögt es mir nachsehen, dass ich mangels tiefergehender Kenntnisse die beiden nicht treffsicher auseinanderhalten kann. Wiki liefert, wie so oft, eine knackige Definition für beide:
„Parkour (abgekürzt PK) bezeichnet eine Fortbewegungsart, deren Ziel es ist, nur mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers möglichst effizient von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Der Parkourläufer (franz.: le traceur „der, der eine Linie zieht“) bestimmt seinen eigenen Weg durch den urbanen oder natürlichen Raum – auf eine andere Weise als von Architektur und Kultur vorgegeben. Es wird versucht, sich in den Weg stellende Hindernisse durch Kombination verschiedener Bewegungen so effizient wie möglich zu überwinden. Bewegungsfluss und ‑kontrolle stehen dabei im Vordergrund. Parkour wird deshalb auch als „Kunst der effizienten Fortbewegung“ bezeichnet.
Freerunning ist kein Synonym für Parkour, sondern eine eigene Disziplin, deren Techniken sich zum Teil mit denen von Parkour überschneiden. Freerunning bedeutet, sich zu bewegen, in jeder beliebigen Umgebung. Die Bewegung soll nicht Mittel zum Zweck sein, sondern Selbstzweck, das heißt, das Sich-Bewegen steht im Mittelpunkt. Man bewegt seinen Körper kreativ und kann sich dabei seine komplette Umgebung ohne Einschränkungen zunutze machen. Beim Freerunning sollte immer der ganze Körper in Bewegung sein. Der Grundsatz von Parkour, die Effizienz, steht hierbei nicht im Vordergrund.“
Ich für meinen Teil kam das erste Mal vor Jahren damit indirekt in Berührung – durch einen Film namens Banlieue 13 (2004), in dem man David Belle durch „turnen“ sieht. David Belle gilt zusammen mit seinem Vater Raymond als einer der Erfinder des Parkour. [Mittlerweile gibt es etliche mehr, die diesem Sport frönen – wenn Ihr Lust habt, schaut Euch doch mal die Videos von Damien Walters an …]
Ihr seht schon – es gibt gewisse Überschneidungen zu Martial Arts – für Filmnerds: Ich denke da vor allem an Tony Jaa, dessen grandiose Körperbeherrschung sowie seine unglaublich fließenden Bewegungen, hier schließt sich der Kreis, mich ebenfalls immer an Raubkatzen erinnern.
Hier eine Szene aus Ong Bak (dem ersten Teil), die man durchaus als Freerunning durchgehen lassen könnte:
Was seinen Kampfstil angeht – wen es interessiert, ich könnte ihm ewig zuschauen, ebenfalls aus Ong Bak (der durchaus humorig ist):
Tony Jaa ist leider (bisher?) aufgrund von einigen Komplikationen eine Hollywoodkarriere verwehrt geblieben, dabei ist er unumstritten einer der besten Martial Arts-Schauspieler. Betonung liegt auf Schauspieler – Fokus seiner sportlichen Ausübung liegt auf dem Showkampf, nicht einem realen Kampf. Aber – alles, was er zeigt, ist nicht getrickts. Keine Spezialeffekte. Sein Ursprung ist klassisches Thaiboxen (Muay Thai Boran), darüber hinaus beherrscht er Taekwondo, Krabi Kabong, Pencak Silat und Schwertkampf.
Kommen wir zurück zu Âme Fauve, nachdem ich Euch an meinen Assoziationen habe teilhaben lassen. Katzen, Raubkatzen stehen im Fokus des Duftes – und ich bin sehr gespannt, ob wir es hier mit einem animalischen Duft zu tun haben (siehe beispielsweise Mazzolaris Lui, hier rezensiert), beziehungsweise wie man das Naturell der Samtpfoten umgesetzt hat …
Oh, oh, oooh, unsere Katzenseele ist wunderschön, das erschließt sich mir bereits auf den ersten „Metern“: Wir haben – Neroli, Orangenblüten, honig- und nektarsüß, aber düster, denn sie zeigen sich umgehend eingehüllt in Rauchschwaden, gebettet auf harzig-balsamischem Untergrund. Das liest sich jetzt kantiger, als es ist, gegensätzlicher – derlei Düfte gibt es, Âme Fauve gehört nicht dazu. Er erinnert mich spontan in seiner femininen Eleganz, seiner Sinnlichkeit an den Signature von Elie Saab, den ich sehr sehr gerne mag, an eine ungezähmte, wilde, dunklere Schwester.
Die Orangenblüten zeigen sich nicht nur süß-floral und cremig, sondern ebenso fruchtig, auf eine Art und Weise an Trauben erinnernd, saftig und süß, aber nicht überreif, und sonnig, sonnengewärmt. Muskatnuss würzt, und ergänzt sich insofern perfekt mit den Harzen, die im Zusammenspiel mit Sandelholz ein balsamisch-warmes, pudrig-würziges Ganzes ergeben, das einfach nur köstlich duftet und in der Tat animalische Anklänge verströmt. Das Rauchmäntelchen bleibt – und funktioniert ganz hervorragend, wird darüber hinaus im weiteren Verlauf von subtilen Ledernoten begleitet. Wildleder, Glattleder, in jedem Fall – warm. Und dunkel – ich sehe die Katzenseele farblich irgendwo im Bereich eines schokoladigen Brauns angesiedelt, mit Facetten von Rot, Burgunderrot, Ochsenblutrot. Eine klar orientalische Farbpalette, und da würde ich Âme Fauve auch ansiedeln – ein moderner Florientale mit leisem Gourmandeinschlag. Und der Katzenvergleich passt meines Erachtens nach auch.
Für wenn ist er gemacht? Liebhaber von Düften wie beispielsweise: Robert Piguet V. Intense, L’Artisan Parfumeur Séville à l’Aube, Odin New York 09 Posala, Serge Lutens (Fleurs d’Oranger trifft auf Chergui), um nur einige zu nennen.
Ich finde ihn ganz außerordentlich schön und notiere ihn mir definitiv für einen ausgedehnten Herbsttest. Es wäre der erste Duft von Hayari, der bei mir einzieht – ich bin gespannt, ob mich ein weiterer Duft der Collection Origine genauso zu fesseln vermag. Dem gehen wir morgen nach – bis dahin alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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