Als wäre es geplant gewesen, lanciert meine liebste Familienschmiede Penhaligon‘s passend zu meiner Rückkehr ins Duft-Tagebuch zwei neuen Portraits-Düfte: Changing Constance und The Blazing Mister Sam. Ihr erinnert Euch sicher, dass ich mich bereits den vorherigen Charakterdüften mit den ansehnlichen Tierkopfflakons angenommen hatte: The Revenge of Lady Blanche, The Tragedy of Lord George, The Coveted Duchess Rose, Much Ado about The Duke, Roaring Radcliff, Clandestine Clara, Uncompromising Sohan, The Bewitching Yasemine, The Ruthless Countess Dorothea, Monsieur Beauregard.
Die letzten zwei Jahre war Penhaligon‘s Portrait-Kollektion immer wieder ein Rezensions-Highlight für mich: Eine fetzige Story, die tollen Flakons, die duften Düfte, hier passt einfach alles zusammen. So harre ich nach jedem Portraits-Artikel voller Spannung des nächsten Duftneulings des britischen Traditionshauses.
Penhaligon’s – Changing Constance
Für den 11. Tierkopfduft holte sich Penhaligon’s die unaussprechliche Juliette Karagueuzoglou, die die Duftnoten Kardamom, Piment, Karamell, Kaschmirholz, Tabak und Vanille für Changing Constance auswählte. Kardamom, Karamell, Vanille … Die gute Constance scheint ein Leckerschmeckerdüftchen ganz nach meinem Geschmack zu sein. Ich bin sehr gespannt und dufttechnisch guter Hoffnung. 😉
Die Schwester von Lady Blanche, Constance, könnte keine gegensätzlichere Vorstellung von sozialer Ordnung haben. Wenn es um die Themen Frau, Ehemänner, Kinder geht, scheint Constance ein wenig fortschrittlicher zu sein als ihre Schwester – und das ist milde ausgedrückt. Überzeugt davon, dass eine Frau eine wichtigere gesellschaftliche Rolle spielen kann, als nur einbt Beiwerk beim Spaziergang zu sein – so angenehm das auch sein mag –, verachtet sie den gemächlichen und unbeschwerten Lebensstil ihrer Schwester.
Sie strebt nach Arbeit, spielt eine aktive Rolle in der Gesellschaft, will Verantwortung übernehmen und trägt sogar Hosen. Trotz alledem liegen ihr die Männer zu Füßen, die Kinder lieben sie und sie wird vom Personal besonders behandelt. Es zählen Taten statt Worte.
Changing Constance ist die Suffragette unter den Portraits und startet wie erwartet (und erhofft) mit feinstem Kardamom, leuchtend grün und von einer aromatischen Frische durchzogen. Piment streut würzig-scharfe Akzente mit ins olfaktorische Spiel. Köstlichstes Karamell gesellt sich hinzu, verlockend-süß und buttrig-sanft, ein Hüftgoldgarant ersten Grades, ein Seelenschmeichler und Sorgentröster. Kaschmirholz verleiht dem Duftgeschehen einen hell-holzigen Rahmen, samtig-weich und gleichzeitig erfrischend-würzig. Eine warme Honigsüße betritt die olfaktorische Bühne: Hello, Tabak! Die gourmandige Basis von Changing Constance bildet die Vanille, lieblich und dunkelbourbonig, die im Duftverlauf bereits recht früh hier und da aufblitzt und den Duft auf deliziöse Art und Weise untermalt.
Changing Constance ist ein Gourmandduft par excellence. Süß und zum Hineinbeißen lecker, mag er manchem vielleicht zu viel des Guten sein, doch zu der kommenden kühleren Jahreszeit passt dieser Portraitsduft wie die Faust aufs Auge. Ich bin angetan und werde die rebellische Konstanze sicherlich das ein oder andere Mal auftragen. 🙂
Penhaligon’s – The Blazing Mister Sam
Der nächste Duft scheint ein kleiner (oder großer?) Hitzkopf zu sein, wenn ich den Stierkopf auf dem Flakon richtig deute. Christophe Raynaud, die Nase hinter The Blazing Mister Sam, kreierte das aktuell letzte Duftportrait mit den Ingredienzien Zimt, Safran, Vanille, Patchouli, Tabak und Zedernholz.
Er ist laut, breitet sich ungehemmt aus und führt ein Leben auf der Überholspur. Countess Dorothy schwört sogar, dass sie ihn das F-Wort hat sagen hören.
Die Familie muss einen großen Schwung Modernität verloren haben, denn alle außer Dorothy scheinen es zu genießen, mit diesem exotischen Gast zu lachen. Seine Gesellschaft ist fesselnd und das Gespräch mit ihm eine Freude. Nur Gräfin Dorothy bleibt ungehalten. Sie wird ziemlich blass im Angesicht dieser rüden Manieren, im Gegensatz zu ihrer Enkelin Rose, die gleich rot wird. Kann die raue Hand eines Neureichen zart genug sein, um eine englische Rose zu pflücken? Wie ein „Stier“ in einem Porzellan-Laden.
The Blazing Mister Sam startet wahrlich laut und mit viel Bling-Bling: Kostbarer Safran poltert im Auftakt zur Dufttür herein, medizinisch angehaucht, kalt und warm zugleich. Zimt sorgt mit seinen charakteristischen Noten für eine scharfe Würze, die ganz hervorragend mit den typischen Safrannuancen harmoniert. Zu dieser köstlich-frivolen Gewürzkombi gesellen sich die dunklen und feuchten Noten von Patchouli. Süßlicher Honigtabak unterstreicht das gewürzige Ensemble und verstärkt es. Im Hintergrund schillern Zedernholz und Vanille, die The Blazing Mister Sam eine liebliche Gourmandigkeit und warme Holzigkeit verleihen.
Der Amerikaner unter den feinen Briten ist eine Wuchtbrumme: Der 12. Portraitsduft ist präsent, beharrlich, laut und dabei wunderschön warm und gewürzig. The Blazing Mister Sam ist nicht nur namentlich und flakonmäßig ein glühender Stier: Eine Gewürzbombe vom Feinsten! Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber das will der draufgängerische Amerikaner The Blazing Mister Sam auch gar nicht sein.
To be continued …
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