… ist der vorletzte Kandidat des Trios der White Collection. Letzte Woche hatte ich mit der Rezension derselben begonnen und ausgiebig über die Hintergründe erzählt – seht hier. Das Thema ist das Streben nach Glück – und als Vorbild nahmen sich Jean-Philippe Clermont, der Eigentümer der Marke, und seine Parfümeurin Marie Salamagne Schillers Gedicht An die Freude, das von Beethoven in seiner 9. Symphonie vertont und dann wiederum von Gustav Klimt als Tribut an Beethoven mit seinem Bilderzyklus des Beethovenfries‚ aufgegriffen wurde.
Crépuscule Des Âmes
Die Dämmerung der Seelen … Das erinnert an Wagner, Richard Wagner. Wiederum ein großes, gewichtiges Thema, die Dualität, so kann man dem Video entnehmen, das ich im letzten Artikel gepostet hatte. Wünsche, Sehnsüchte und Verlangen also und die ganzen Emotionen und Ängste sowie Einflüsse, die einen ausbremsen. Der Duft bezieht sich auf das zweite Bild des Beethovenfries‘. Dort sieht man die feindlichen Gewalten, den Giganten Typhon (die affenartige Kreatur unten im Bild) samt seiner Töchter Sphinx, Chimära und Hydra. Man ahnt es schon – diese Familie bringt nur Unbill … Sphinx galt als Dämonin der Zerstörung und des Unheils, Chimära hatte ein ähnlich freundliches Hobby: Sie lebte an dem Kultort Chimaira nahe Olympos und bedrohte dort sowohl Mensch als auch Tier. Und Hydra steht ihren Schwestern laut Wiki in nichts nach:
„Sie wuchs im Süden Griechenlands, in den schwer zugänglichen Sümpfen von Lerna in der Argolis auf, weshalb sie auch die Lernäische Schlange genannt wurde. Sie pflegte aufs Land herauszukommen, Viehherden zu zerreißen und Felder zu verwüsten.
Die ‚Hydra‘ gilt aus benannten Gründen als sprichwörtliches Gleichnis für Situationen, wo jeder Versuch einer Eindämmung oder Unterdrückung nur zur Ausweitung einer Eskalation führt. Die Hydra steht also für das, was man nur ‚kleinhalten‘ kann, indem man es unberührt lässt.“
Eine ganz und gar nicht freundliche Familie, die sicherlich in unserem Kontext, dem menschlichen Streben nach Glück, nach Glückseligkeit, vollkommen fehl am Platze ist. Und doch, wir sprechen ja nur vom Mittelteil des Beethovenfries. Es geht ja noch weiter. Darüber hinaus: Das Leben ist kein Ponyhof, niemand hat gesagt, dass es einfach wäre, das mit dem Lebensglück 😉
Die Ingredienzen: Mandarine, Kardamom, Muskatellersalbei, Ysop, Weihrauch, Hyrazeum, Piment, Weihrauch. Zwecks Hyrazeum hatte ich schon mal ein paar Zeilen im Blog geschrieben, seht hier:
Hyrazeum oder auch Hyraceum – was ist das, fragt sich jetzt sicher der eine oder andere von Euch? Wollt Ihr es wissen? Ok, Freunde – Hyraceum stammt von einem überaus possierlichen kleinen Tierchen namens Klippschliefer, auch Klippdachs genannt. Und zwar wird es aus dessen Exkrementen hergestellt, ja – Gott sei Dank aber den ewig alten. Hier bei Fragrantica könnt Ihr etwas darüber lesen, auch das, was für uns wichtig ist:
„In der Parfümerie wird jahrhundertealtes, trockenes, schweres und steinhartes Hyraceum verwendet. Der Duft ist animalisch und sinnlich und erinnert an eine Mischung aus Moschus, Zibetöl, Bibergeil, Tabak, und Agarholz. Aufgrund der charakteristischen Struktur wird Castoreum auch Afrikastein genannt. Das insgesamt erdige, reichhaltige und harzige Hyraceum wird dadurch gewonnen, in dem man die „Steine“ pulverisiert und mit reinem organischen und nicht denaturierten Alkohol mischt. Das Wichtigste zum Schluss: Keinem Tier wird weh getan!“
Darüber hinaus habe ich auch diesen, schön illustrierten Artikel im Netz gefunden, schaut mal rein.
Crépuscule Des Âmes entspricht seinen Motiv: Wir haben es mit einem sehr ambivalenten Duft zu tun. Entfernt erinnert er mich etwas an Erik Kormanns September und den nachfolgenden Borobudur, die Kooperation mit Dr. Philip Kraft, Rezension siehe hier. Thema dort war Orange, erfrischend, und Javanol, ein synthetisches Sandelholz, balsamisch-würzig und ein wenig „dreckig“.
Dieser Charakter zeichnet auch Crépuscule Des Âmes aus: Auf der einen Seite haben wir da eine unschuldige, erfrischend saftige und dynamische Mandarine, die von lieblich-floralem Muskatellersalbei gesüßt wird. Dunkelgrün umrankt zeigt sie sich, offenbart aber schon sehr bald ihren Gegenpol – harzige und animalische Anklänge, erdig, warm, komplex und vielfältig. So oszilliert diese Dämmerung der Seelen zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Polen, einmal mehr und einmal weniger intensiv nach einer „Ecke“ duftend.
Eine äußerst spannende Angelegenheit auf der Haut. Ich könnte mir vorstellen, dass beispielsweise auch Fans von Kurkdjians Cologne Pour Le Soir an Crépuscule Des Âmes Gefallen finden, der in meinen Augen für beide Geschlechter tauglich ist.
Morgen folgt der letzte im Bunde – Chœur Des Anges.
Bis dahin alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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