Eigentlich hat er noch nicht einmal angefangen, der Sommer – kalendarisch beginnt er nämlich erst in einer Woche, am 21. Juni. Ich könnte jetzt lamentieren und auf die Schränke voller Übergangskleidung verweisen, die seit geraumer Zeit nicht mehr entmottet werden, weil es keine Übergange mehr gibt. Aber der Klimawandel, lieber Herr Trump, liebe Teile der AfD, der ist ja Nonsens, gelle?
Politisch Lied, garstig Lied, insofern wollen wir das gar nicht weiter vertiefen, das leidige Thema, und uns einem anderen, ebenfalls mitunter leidigen Thema widmen – der schwülen und schweißtreibenden Hitze, die uns dieses Jahr schon sehr früh ins Haus stand. Bei derlei Temperaturen um die 30 Grad, vielleicht gar mehr (kommt noch, kommt noch …) ist es gar nicht so einfach, den richtigen Duft zu finden. Deshalb heute und die nächsten Tage eine Auswahl an Sommerempfehlungen, kurz und knackig auf den Punkt gebracht – und fast vollkommen subjektiv, denn die Auswahl sind meine ganz persönlichen Lieblinge, sowohl alte als auch neue 🙂 Ich hoffe, Ihr findet dabei ein paar Anregungen für Eure duftende Sommergarderobe!
Falls Ihr Lust zu stöbern habt – es ist selbstredend nicht der erste Artikel mit Sommertipps 😉 Siehe: Sommer 2016, Sommer 2010 Teil 1, Teil 2 und Teil 3, dazwischen gibt es sicherlich auch noch welche …
Die Traditionalisten
Im Sommer greift man sehr gerne auf eine Duftfamilie zurück, die auf eine lange Geschichte blicken kann – auf Colognes. Sauer macht lustig – und im Sommer erfrischt es auch, deshalb sind sämtliche Hesperidenfrüchtchen ein heißer Tipp für heiße Tage. Kombiniert mit Kräutern oder Gräsern, mit ein paar Hölzchen und hin und wieder mit ein paar anderen Früchten sind Colognes die perfekten Begleiter für warmes Wetter. Und weil sie eine solch langjährige Tradition haben, gibt es eine ganze Menge Colognes, die sich seit Jahren auf dem Markt halten. Darüber hinaus existieren natürlich noch ein paar mehr zitrische Gesellen, die sich ebenfalls anhaltender Beliebtheit erfreuen und die ich an dieser Stelle nicht unter den Tisch kehren möchte 🙂
Eine der ersten Marken, die mir zu diesem Thema einfällt, sind selbstverständlich Acqua di Parma, die es schon seit über 100 Jahren gibt. Ihr olfaktorischer Evergreen ist Colonia, der bis heute eine wundervolle Strahlkraft besitzt – ein Immergeher für beide Geschlechter, mit dem man garantiert nichts falsch machen kann. An Männern finde ich persönlich das Colonia Intensa toll, das mit seinen Ingwer-, Guajakholz- und Ledernoten modern und charismatisch ist, sich aber an nicht ganz so heißen Tagen besser macht. Mein persönlicher Liebling ist das Colonia Assoluta: Im Gegensatz zu Colonia hat Colonia Assoluta mehr Blüten im Herzen und kokette Pfeffer- und Kardamomnoten im Kopf, seine Basis ist harz- und holzlastiger, während Colonia hier eher auf Eichenmoos setzt. Ebenfalls unisex, empfinde ich Colonia Assoluta als etwas kantiger als das Original, was mir ausnehmend gut gefällt. Die Rezension zu Colonia Intensa findet Ihr hier, die anderen beiden sind noch gar nicht rezensiert, sapperlott – holen wir nach! Ganz nebenbei – die Blu Mediterraneo-Linie hat auch einige tolle Sommerdüfte zu bieten …
Annick Goutals Marke ist zwar nicht so alt wie das Haus Acqua di Parma, sie gehört aber zweifelsohne auch zu den alten Hasen der Nischenduftbranche. Und hat mit ihrer Hausparfumeurin Isabelle Doyen gleich eine ganze Reihe an Colognes kreiert, die allesamt Duftliebhaber weltweit begeistern – Eau d’Hadrien, Eau de Monsieur, Eau du Sud, um nur einige zu nennen. Alle drei sind toll, mein Favorite ist der letzte. Eau du Sud zeigt anschaulich, wie gut Doyen mit Hesperiden umgehen kann: ein Stillleben aus diversen Zitrusfrüchtchen, gebettet auf Eichenmoos und von krautig-kräuterigen Noten abgerundet. Die Rezensionen findet Ihr hier: Eau d’Hadrien, Eau de Monsieur & Eau du Sud.
Bei Floris hat man sich auch schon früh Gedanken über Hitzewellen gemacht, die einen selbst im sonst immer eher mit Regen brillierenden London mitunter das Leben schwer machen – Limes ist eine der ältesten Kompositionen des Hauses und bis heute ein rundum gelungenes „Gegenmittel“ für Sommerhitze. Cefiro, Anfang der Nuller Jahre kreiert, reiht sich ebenfalls ein. Limes punktet mit Lindenblüten in sanftem Blütenumfeld, gebettet auf Moschus und mit erfrischenden Zitrusfrüchten in der Kopfnote, während Cefiro die Auswahl an Hesperiden vergrößert, ergo ein ganzes „Tellerchen“ davon im Fokus hat, von einem Tupfer cremigen Jasmin veredelt und getragen von Hölzern.
Etro ist zwar eigentlich eine Modemarke, mischt aber schon seit langer Zeit mit auf dem Nischenduftmarkt – und das ziemlich erfolgreich. Zudem müsste es eine der ersten Linien sein, die auf das Layering-Konzept setzte, obschon man natürlich alle Düfte auch solo tragen kann. Die Sommerabhilfe der Italiener ist Lemon Sorbet: Ein herrlicher Zitrusfrüchtecocktail, der mitunter in seiner Authentizität und leisen Pudrigkeit in der Tat an ein mediterranes Sorbet erinnert, von Kräutern zart chypriert untermalt. Unsere Rezension zum Duft findet Ihr hier.
Carthusias Mediterraneo zählt unbestritten seit geraumer Zeit zu den Bestsellern der Sommerdüfte: Er ist bereits seit 2003 auf dem Markt, brilliert mit einer Vielzahl an Zitrusfrüchten, Kräutern und Noten von Tee, duftet meiner Meinung nach aber ziemlich genau nach einem, nach einem herrlichen gekühlten (und guten!) Eistee. Besser geht es nicht, wenn die Sonne „knallt“!
Eau Radieuse ist mein persönliches Allheilmittel für wirklich böse Hitze – eine moderne Cologne-Interpretation soll er sein sein und als solches eine Hommage an die Heimatstadt des (einen) Firmeninhabers, an Köln, die Geburtsstadt des Eau de Cologne.
Ich hatte ihn früher schon rezensiert, für mich ist und bleibt er ein unverzichtbarer Bestandteil meines Repertoires für die ganz große Hitze:
„Ein solches [Eau de Cologne] ist Eau Radieuse auch, aber ein ultramodernes, futuristisches, Konzeptkunst-angehauchtes, wie ich finde und auch bereits in unserer Artikelbeschreibung im Shop verlauten ließ. Der Meinung bin ich immer noch. Eau Radieuse springt einen sogleich an – mit einer mehr als kräftigen Portion mentholischer Pfefferminze, die einem sofort Kopf und Brust freibläst und alsbald den Blick oder vielmehr die Nase freigibt auf seltsam anmutende, aber sehr präsente, grün-schillernde Bananenblätter. Rhabarberfasern stiften bitter-fruchtige, heftige Herbheit und ein kleiner Bambusbursche wässert die Basis mit einem dezent aquatischen Hauch. Moderner geht nimmer – passender oder besser bei wirklich heißen Temperaturen auch nicht. Über 30 Grad lösen bei mir eben genau jenes Gefühl aus, für das Eau Radieuse steht: Die Sehnsucht, das Begehren, das Verlangen – nach ebenjenem Duft. I love it.“
Cologne 2.0 – hypermodern, extrem erfrischend, ich liebe ihn immer noch.
Zu guter Letzt – Schweizer Zitronenbäume. Andy Tauer kann auch „leicht“, er hat es mit seinem schönen L’Eau bewiesen. Stephanie hat ihn für uns rezensiert, seht hier. Inspiriert von einem Züricher Zitronenbaum kreierte Tauer eine Cologne-Interpretation, die zu begeistern vermag mit ihrer Natürlichkeit, ihrem zitrischen Strahlen.
Morgen geht es weiter mit den Sommertipps – bis dahin alles Liebe und einen schönen Tag Euch!
Herzlichst
Eure Ulrike
Schreibe den ersten Kommentar